Die Haushaltskuh ist mit der hauchdünnen 14:13-Entscheidung für den Anbau an das Verwaltungsgebäude am Tandlmarkt für rund sieben Millionen Euro schon seit einer Woche vom Eis. Jetzt hat der Aichacher Stadtrat in der Verlängerung sozusagen auch noch das "Kalb" vom zugefrorenen See geholt und mit 22:8 für die Nachfolgeausstellung "Wiege der Wittelsbacher" ab dem Spätsommer im Feuerhaus an der Martinstraße gestimmt. Dafür sind zwar "nur" 60.000 Euro eingeplant, doch im Stadtrat war das fast so umstritten wie das über hundertmal teurere Bauprojekt. Damit war auch der Weg frei, den Haushalt 2022 endlich auf den Weg zu bringen. Aber nach dem Etat ist vor dem Etat. Das gilt für die Aichacher Kommunalpolitik in diesem Jahr im Besonderen.
Mit dem 21:9-Beschluss ist die haushaltslose Zeit am letzten Märztag beendet worden. Erst jetzt kann die Stadtverwaltung konkret an die Umsetzung von beschlossenen Projekten gehen. Nach der Ablehnung eines Einzelplans im Bereich Wissenschaft, Forschung und Kultur vor einer Woche musste der Stadtrat jetzt nachsitzen. Bürgermeister Klaus Habermann reiste extra von einer mehrtägigen Tagung am Tegernsee an und ging bei der Ablehnung in der vorherigen Sitzung "von einem Missverständnis" aus. Konkret ging es den "Neinsagern" dabei um die geplante Ausstellung. Im Großen und Ganzen stimmten dann aber auch neun Stadträte (FWG, BZA, CWG, FDP) gegen das Zahlenwerk. Der langwierige Prozess bis zum Haushaltsbeschluss führt jetzt zu einem Einschnitt. Eine Strukturkommission aus dem Stadtrat soll die Ausgaben und Einnahmen unter die Lupe nehmen, nach Einsparmöglichkeiten suchen und Veränderungen vorschlagen. Jede der fünf Fraktionen entsendet dazu zwei Vertreter.
Strukturkommission soll Ausgaben durchforsten und Vorschläge machen
Start soll schon bald sein, damit rechtzeitig vor Beginn der Beratungen für den Etat 2023 im Herbst ein Konzept auf dem Tisch liegt. Bürgermeister Habermann sagte schon mal viele abendfüllende Termine voraus und hat konkrete Vorstellungen für die Ergebnisse. Ziel einer Strukturkommission könne nicht nur das Herausstreichen und Kürzen einzelner Positionen sein: "Es muss schon um die Strukturen gehen." Initiiert hat diese Kommission CSU-Stadtrat Peter Meitinger, der im Februar die Mehrzahl der Aichacher Stadtratsmitglieder überraschte: Er beantragte einen Haushaltskonsolidierungsausschuss. Hintergrund: Der Schuldenstand der Stadt liegt derzeit nach einem Abbau über viele Jahre derzeit bei rund acht Millionen Euro. In den kommenden Jahren könnte er angesichts mehrerer Großprojekte allerdings wieder deutlich steigen. Der Stadtrat hat deshalb vor einer Woche einstimmig beschlossen, dass eine Kommission eingesetzt wird, die die Jahre ab 2023 betrachtet und durchforstet.
Noch in diesem Spätsommer soll eine Folgeausstellung im Feuerhaus starten, für die insbesondere Bürgermeister Habermann, Wasserschloss-Kastellanin und Stadträtin Brigitte Neumaier (SPD) und Kulturreferent Helmut Beck (CSU) intensiv warben. Für "Aichach - Wiege der Wittelsbacher" sind 60.000 Euro eingeplant. Diese Summe sei im Vergleich doch nur "Pillepalle", sagte Neumaier, und Beck ging sogar so weit, "dass niemand das Recht hat, dagegen zu sein". Das kam im Kollegenkreis aber überhaupt nicht gut an, und beide nahmen ihre Äußerungen in der Diskussion später wieder zurück.
Habermann wundert sich über Irritation im Aichacher Stadtrat
Habermann wunderte sich ein wenig, warum diese Schau offenbar für so viel Irritation sorgt, und verwies auf die vorteilhaften Rahmenbedingungen. Die Wittelsbacher seien ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt. Nach der Landesausstellung 2020 und der Schau "Stadt im Wandel - vom Mittelalter bis zur Smart City" im vergangenen Jahr könnte die Ausstattung durch das Haus der Bayerischen Geschichte im ehemaligen Feuerwehrhaus weiter kostenlos genutzt werden. Heuer würden der hergerichtete Burgplatz und auch die renovierte Burgkirche im Stadtteil Oberwittelsbach eingeweiht, und außerdem richte Aichach den sogenannten Schwabentag des Bezirks aus. Für Habermann setzt die Stadt in Altbayern damit ein besonderes Ausrufezeichen. Dazu soll auch die neue moderne Geschichtsausstellung beitragen. Habermann geht davon aus, dass die Ausstellung mindestens 2023, aber auch noch 2024 laufen könne. Wie es auf dem Areal des Feuerhauses weitergeht, will der Stadtrat noch in diesem Jahr entscheiden. Ein Bebauungsplan oder ein Verkauf komme voraussichtlich aber erst ab 2025 zum Tragen. Es wäre doch schade, bis dahin das Gebäude ungenutzt zu lassen, so Habermann.
Mit diesen Argumenten überzeugte der Rathauschef aber nicht alle im Gremium: Georg Robert Jung (FWG) erinnerte daran, dass die Stadt bei der Landesausstellung viel mehr draufzahlen habe müssen, als vorausgesagt. Aus seiner Fraktion wurde auch kritisiert, dass die Stadt zuerst mal ihren Pflichtaufgaben nachkommen müsse und der Marketingeffekt so einer Veranstaltung deutlich überschätzt werde.