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Aichach: Projekt vereint Sport und Kunst hinter Gittern in der JVA Aichach

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Projekt vereint Sport und Kunst hinter Gittern in der JVA Aichach

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    Diese selbst gestalteten Hefte entstanden während der drei Projekttage in der JVA Aichach.
    Diese selbst gestalteten Hefte entstanden während der drei Projekttage in der JVA Aichach. Foto: Hannah Wastlhuber

    Zum Abschluss durften die Teilnehmerinnen einen Brief an sich selbst schreiben. Wenn sie aus der Haft entlassen werden, bekommen sie ihn wieder. Darin haben sie aufgeschrieben, was sie mitnehmen konnten aus der Projektwoche "Erlebnispädagogik hinter verschlossenen Türen". Die fand in der Justizvollzugsanstalt Aichach jetzt bereits zum 20. Mal statt. Drei Tage lang konnten die 18 Mädchen und jungen Frauen zwischen 14 und 22 Jahren, die dort in der Jugendabteilung inhaftiert sind, dabei Kunst und Sport machen. Ebenso auf dem Programm standen erlebnispädagogische Übungen, die auch Konfliktpotenzial bargen.

    Den Inhaftierten positive Erlebnisse ermöglichen

    Laut Projektleiterin Martina Müller sei lange unklar gewesen, ob das Projekt nach zwei Jahren Corona-Pause überhaupt wieder stattfinden könne. Auch wenn es letztendlich auf drei statt der gewohnten fünf Tage verkürzt wurde, ist Müllers Fazit positiv. Seit 2019 leitet sie das Projekt im Namen der Bayerischen Sportjugend, die sich auch um die Finanzierung kümmert. Ähnliche Projekte veranstaltet der Verband schon lange auch für junge Männer in Gefängnissen.

    Die Wirkung von Sport ist dabei nicht zu unterschätzen. "Sport ist zur Resozialisierung ein absolut wichtiger Punkt", weiß Martina Müller aus Erfahrung. Schul- und Erlebnispädagoge Elmar Straube, ebenfalls Teil des Teams, ergänzt: "Wir wollen den Teilnehmerinnen Ideen bieten, wie sie ihre Freizeit sinnvoll gestalten können." Bestärkung sollen die Mädchen und jungen Frauen zudem in Erfolgserlebnissen wie etwa beim Volleyball oder in Staffelläufen finden. Die gemeinsamen Übungen seien aber kein Wettkampf, sondern vielmehr die Erfahrung, Aufgaben und Konflikte in der Gruppe gemeinsam zu lösen.

    Das Programm gestalteten (von links) Kunstpädagogin Nicole Schober, Erlebnispädagoge Elmar Straube und Martina Müller, Projektleiterin der Bayerischen Sportjugend. Frau Stein (rechts) leitet die Jugendabteilung der JVA Aichach.
    Das Programm gestalteten (von links) Kunstpädagogin Nicole Schober, Erlebnispädagoge Elmar Straube und Martina Müller, Projektleiterin der Bayerischen Sportjugend. Frau Stein (rechts) leitet die Jugendabteilung der JVA Aichach. Foto: Hannah Wastlhuber

    Als Beispiel erzählt Straube von einer erlebnispädagogischen Übung: Die 18 Teilnehmerinnen hatten die Aufgabe, einen Ball, der auf einem von Schnüren gehaltenen Ring lag, zu einem bestimmten Punkt zu transportieren. Herunterfallen durfte der Ball nicht. Ein Teil der Gruppe hielt die Schnüre mit verbundenen Augen und wurde vom anderen, sehenden Teil zu dem Punkt dirigiert. "Und als sie fast da waren, ist der Ball dann doch heruntergefallen", erzählt Straube. Das habe die Teilnehmerinnen frustriert. "Ihre Toleranzgrenze ist unterschiedlich und teilweise sehr niedrig." Mit solchen Situationen umgehen, auch das lernen die Teilnehmerinnen während der Projekttage.

    Yoga und Kunst in der JVA Aichach

    Ruhe und Geduld zu erfahren, ist ebenso Ziel der "Erlebnispädagogik hinter verschlossenen Türen": Das war etwa beim Yoga oder in den Einheiten von Kunsttherapeutin und -pädagogin Nicole Schober möglich. In Einzelarbeit konnten die Teilnehmerinnen eigene Hefte gestalten und mit Farbe arbeiten. "Sie können ruhig arbeiten und merken, dass sie sich konzentrieren können", sagt Schober, die schon seit rund 15 Jahren an dem Projekt beteiligt ist.

    Bei den 18 Teilnehmerinnen kam das Programm gut an. "Sie hatten wirklich Lust und waren motiviert dabei", erzählt Elmar Straube. Eine Teilnehmerin habe gesagt, sie habe nach dem Sportprogramm so gut wie selten geschlafen. Auch die Leitung der Jugendabteilung der JVA Aichach zeigt sich zufrieden. Allein schon den Gefängnisinsassinnen gemeinsame positive Momente hier zu ermöglichen, sei ein Mehrwert. Und: "Die Vorfreude auf die Projektwoche ist jedes Mal groß."

    Bayerische Sportjugend zieht positives Fazit der Projektwoche

    Für Martina Müller von der Bayerischen Sportjugend macht dieses Projekt gleichzeitig deutlich, wie wichtig präventive Jugendarbeit von Ehrenamtlichen in Vereinen sei. Für das kommende Jahr hofft die Projektleiterin, die Erlebnispädagogik hinter verschlossenen Türen wieder eine ganze Woche lang anbieten zu können. Sie ergänzt: "Wir sind dann immer froh, wenn wir niemanden wiedererkennen." Im besten Fall sind viele der Teilnehmerinnen dann bereits aus der Haft entlassen – und konnten den Brief, den sie während dieser Projekttage an sich selbst geschrieben haben, schon öffnen.

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