Ausmisten steht derzeit bei Pfarrer Winfried Stahl in Aichach an. Der 66-Jährige ist seit fast elf Jahren
Er habe gerne hier gearbeitet, sagt Stahl und ergänzt: "Vielleicht nicht gleich am Anfang." Denn da fielen "noch erstaunlich viele Schatten aus der konfliktreichen Vergangenheit meines Vorgängers auf die Arbeit". Zur Erinnerung: Die evangelische Gemeinde Aichach hatte damals eine schwere Zeit hinter sich. Nach Differenzen in der Gemeinde hatte der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Stahls Vorgänger, Markus Berndt, im Januar 2009 suspendiert. Der rechtliche Hickhack endete erst im April 2010 mit Berndts Versetzung in den Ruhestand – mit 45 Jahren. Begründung: Dienstunfähigkeit. Es war das Ende einer langen Reihe tiefgreifender Konflikte in Berndts Amtszeit.
Der evangelische Winfried Pfarrer Stahl kam 2010 nach Aichach
Im Dezember 2010 kam Stahl nach Aichach und musste am Anfang die Balance finden zwischen der Vergangenheit seiner neuen Gemeinde und der Zukunft. Für ihn war es nach seiner Zeit im Münchener Hasenbergl und in Amberg die dritte Pfarrstelle. Darüber ist der 66-Jährige rückblickend froh: "In den Herausforderungen einer so großen Diasporagemeinde hatte ich schon das Gefühl, alles gut gebrauchen zu können, was ich vorher gelernt hatte."
Heute sagt Stahl: "Aichach-Altomünster wurde ein wunderbarer Ort zu leben." Er schwärmt von den kurzen Wegen und meint das nicht nur in räumlicher Hinsicht. Ganz konkret spricht er von dem hervorragenden Verhältnis zu seinen katholischen Kollegen und dem sehr guten Miteinander mit der Kommune. Die produktive Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand und den Mitarbeitern im Pfarramt habe er sehr zu schätzen gelernt, sagt der Pfarrer. Besonders lobt er hier Pfarramtssekretärin Brigitte Alischer: "Ohne die fleißige und geschickte Frau Alischer wären viele meiner Ideen nicht umsetzbar gewesen."
Eine große Rolle spielte bei den Ideen des leidenschaftlichen Gitarren- und Keyboardspielers die Musik. Zusammen mit den Kinderchören der Gemeinde studierte er mehrere biblische Musicals ein, die er selbst geschrieben hatte. Er führte unter anderem den Brezengottesdienst ein, kochte zweimal im Jahr mit dem Männerkreis. Hinzu kamen die besonderen Aufgaben durch die Flüchtlingswellen und die Corona-Krise. Der 66-Jährige sagt: "Es ist schon erstaunlich, was man so alles neu erfinden und gemeinsam umsetzen konnte."
Im Juli wird Pfarrer Stahl von der Kirchengemeinde verabschiedet
Jetzt bereiten sich seine Frau Annette und er auf den Umzug vor. "Eine gefühlte Herkulesarbeit", sagt Stahl. Die beiden ziehen vom Pfarrhaus in eine Drei-Zimmer-Wohnung nach Augsburg, und der Hausstand muss entsprechend verkleinert werden. Besonders schwer fällt es ihm, sich von lieb gewordenen Büchern und schriftlichen Unterlagen, die er sich mit viel Aufwand erarbeitet hatte, zu trennen. Die fünf Kinder sind inzwischen groß und leben zwischen München und Hamburg. Zwei von ihnen haben denselben Beruf ergriffen wir ihr Vater: Tochter Hanna arbeitet in einer Kirchengemeinde bei Regensburg, Sohn Andreas im
Während der Pandemie hatte er begonnen, als Liedermacher nur mit Gitarre und Verstärker vor Altenheimen zu spielen. Bei seinen Aufräumarbeiten fand der 66-Jährige alte Liedersammlungen wieder, die er als Jugendlicher angelegt hatte. "Ich habe mein Repertoire erweitert", sagt Stahl und lächelt. Er kann sich vorstellen, auch in Augsburg Straßenmusik anzubieten.
Am Sonntag, 18. Juli, ist Gelegenheit, Pfarrer Winfried Stahl beim Schlossgottesdienst in Haslangkreit (Markt Kühbach) zu treffen. Am Sonntag, 25. Juli, wird Dekan Frank Kreiselmeier den Pfarrer im Gottesdienst auf der Wiese am Gemeindezentrum in Altomünster seines Dienstes entpflichten. Die Gottesdienste beginnen jeweils um 10.30 Uhr.