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Aichach: Nach Unfall bei Kühbach: War der Schulbus nach Schrobenhausen zu voll?

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Nach Unfall bei Kühbach: War der Schulbus nach Schrobenhausen zu voll?

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    Dieser Bus war Ende Oktober in einen Auffahrunfall bei Kühbach verwickelt. Der Busunternehmer brachte die betroffenen Schüler anschließend in ihre Schulen nach Schrobenhausen.
    Dieser Bus war Ende Oktober in einen Auffahrunfall bei Kühbach verwickelt. Der Busunternehmer brachte die betroffenen Schüler anschließend in ihre Schulen nach Schrobenhausen. Foto: Reiner Wollinger

    Die bloßen Daten ließen Schreckliches erahnen: Verkehrsunfall mit einem Schulbus, 27 Schüler verletzt, vier davon im Krankenhaus, etliche Rettungskräfte im Einsatz. Hatte sich an jenem Donnerstag Ende Oktober nahe Kühbach eine Tragödie ereignet? Heute, rund drei Wochen danach, sind sich Schulbus-Unternehmer, Schüler, Eltern und Polizei in der Antwort einig: Nein. Doch hier hört es mit der Einigkeit auch schon auf.

    Zum Unfallhergang liegen die Karten auf dem Tisch: Auf der Kreisstraße am Ortsausgang von Kühbach in Richtung Gachenbach musste der 38-jährige Busfahrer verkehrsbedingt abbremsen und anhalten. Dies übersah der nachfolgende Autofahrer, 20 Jahre alt, und fuhr auf das Heck des Busses auf. Der Fahrer eines Kleinbusses, der die Unfallstelle zufällig passierte, rief die Polizei Schrobenhausen, meldete dabei aber einen falschen Unfallort.

    Busunfall bei Kühbach: Zahl der Verletzten gibt Rätsel auf

    So dauerte es fast eine halbe Stunde, bis die Rettungskräfte eintrafen - von den Kindern war da schon keine Spur mehr. Der Fahrer des Schulbusses hatte seinen Chef, Josef Schwaiger, Inhaber des zuständigen Busunternehmens, gerufen. Schwaiger war es, der die knapp 50 Schüler nach dem Unfall nach Schrobenhausen brachte. Dort traf kurz darauf ein Großangebot von Rettungskräften ein. Sie untersuchten die Schüler und stellten fest, dass einige von ihnen verletzt waren - wenn auch meist nur leicht.

    Die Zahl der gemeldeten Verletzten ist inzwischen auf 28 gestiegen, wie die Polizeiinspektion Aichach auf Nachfrage bestätigt. Warum wurden die Schüler in die Schule gebracht, wenn so viele von ihnen verletzt waren? Für Josef Schwaiger ist die Sache klar, wie er gegenüber unserer Redaktion sagt: "Da ist definitiv keinem was passiert, da lege ich mich fest. Die Schüler waren eher amüsiert, da hat noch nicht einmal einer erschrocken geschaut." Er sei deshalb auch "überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen", nach Verletzten zu fragen.

    Busunternehmer Schwaiger: "Schüler zu keinem Zeitpunkt in Gefahr"

    Der Aufprall war nach Schwaigers Ansicht "alles andere als wuchtig". Zudem spreche das Masseverhältnis zwischen Bus und Auto für sich: "Der volle Bus hat 16 Tonnen, das Auto eine. Bei solch einem Aufprall ist das im Bus, als würde er über ein Schlagloch fahren. Die Schüler waren zu keinem Zeitpunkt in Gefahr." Dass letztlich dennoch so viele Verletzte in der Statistik stehen, erklärt sich Schwaiger so: "Wenn man natürlich die Schüler aus dem Unterricht holt und sie noch mal befragt, ob sie nicht doch vielleicht irgendwie Schmerzen haben, dann muss man sich nicht wundern, wenn mit Aussicht auf einen schulfreien Tag sich doch plötzlich 'Schmerzen' einstellen."

    Dieses Bild zeigt die Stelle am Bus, an der das Auto aufgefahren ist.
    Dieses Bild zeigt die Stelle am Bus, an der das Auto aufgefahren ist. Foto: Reiner Wollinger

    Alles also halb so wild? Lena Koppold, 13 Jahre alt, sieht das anders. Die Kühbacherin war in dem Unfallbus und fiel durch den Aufprall auf eine Freundin, wie sie im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt. "Mein Knie tat sofort weh." Später sollte sich herausstellen, dass ihre Kniescheibe herausgesprungen war. "Uns hat aber niemand gefragt, ob uns etwas passiert ist. Es hieß nur, wir sollten gleich in den anderen Bus einsteigen." Also stieg die 13-Jährige ein, nach eigener Aussage von zwei Schülern gestützt. Nach der Ankunft an der Maria-Ward-Realschule in Schrobenhausen sei sie auf die Toilette gegangen, um das verletzte Knie in Augenschein zu nehmen. "Es war da schon ganz blau." Sie habe deshalb ihre Eltern angerufen, um sich abholen zu lassen. "Die Sanitäter sind in der zweiten Stunde gekommen. Da war ich schon lange im Krankenhaus in Aichach." Untersuchungen dort ergaben keine schwerwiegenderen Verletzungen, dennoch habe sie bis heute Knieprobleme, sagt die 13-Jährige.

    Eltern klagen: Schulbus nach Schrobenhausen regelmäßig zu voll

    Lena Koppolds Mutter Manuela beschäftigt bis heute, was damals passiert ist. Und zwar nicht nur der Unfall als solcher, "das ist ja noch halbwegs glimpflich ausgegangen. Aber was passiert, wenn ein Auto vorne aufprallt?" Ihrer Ansicht nach müssten "viel zu viele Kinder" im Bus Richtung Schrobenhausen stehen - eine Ansicht, mit der Koppold nicht alleine steht. Zahlreiche Mütter haben sich nach dem Unfall bei unserer Redaktion gemeldet und berichtet, der Bus sei regelmäßig zu voll. Die Mutter von zwei Kühbacher Schülern, die im Bus in der letzten Reihe saßen und anschließend im Krankenhaus Schrobenhausen behandelt wurden, sagt: „Der Bus ist jeden Tag vollgepfercht mit Schülern. Viele bekommen keinen Sitzplatz mehr und müssen im Gang stehen – und das auch, wenn der Bus mit hoher Geschwindigkeit auf der B300 unterwegs ist. Das ist verantwortungslos.“

    Das Busunternehmen Schwaiger bedient die Linie von Aichach Richtung Schrobenhausen im Auftrag der Regionalbus Augsburg GmbH. Das Landratsamt Aichach-Friedberg kauft für die Schüler Dauerkarten, grundsätzlich handelt es sich jedoch um eine öffentliche Linienbus-Verbindung. Und, wie für solche Verbindungen üblich, sind in der maximalen Personenzahl auch Stehplätze einkalkuliert. Der Unfallbus, so teilt es die Polizei auf Anfrage mit, war für 95 Personen ausgelegt - 40 Sitzplätze, 45 Stehplätze. Zum Unfallzeitpunkt waren offenbar knapp 50 Schüler im Bus. Rein rechtlich lief also alles sauber ab. Josef Schwaiger sagt: "Natürlich ist der Bus auch mal voll. Aber das war alles immer im legalen Bereich." Bisherige Polizeikontrollen hätten nie ergeben, dass ein Bus überfüllt gewesen sei. Außerdem gebe es strikte Geschwindigkeitsbegrenzungen: So darf ein Bus mit stehenden Fahrgästen nie schneller als 60 Stundenkilometer fahren. Sitzen alle Insassen, sind maximal 80 Stundenkilometer erlaubt.

    Schulbus-Unfall könnte juristische Konsequenzen für Verursacher haben

    Welche Konsequenzen der Unfall für den Verursacher hat, ist noch offen. Fest steht: Der Fall wird juristisch aufgearbeitet. Die Polizei ermittelt gegen den 20-Jährigen wegen fahrlässiger Körperverletzung, geht jedoch nicht davon aus, dass etwa rücksichtsloses Fahrverhalten zu dem Unfall geführt hat. Ein Alkoholtest nach dem Unfall fiel negativ aus.

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