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Aichach: Kunst aus dem Gefängnis: Inhaftierte Frauen begeistern mit Kreativität

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Kunst aus dem Gefängnis: Inhaftierte Frauen begeistern mit Kreativität

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    Auf der Ausstellung  "kitchen stories – Geschichten aus dem Kittchen" sind im Sisi-Schloss viele Kunstwerke von inhaftierten Frauen in der JVA zu sehen.
    Auf der Ausstellung "kitchen stories – Geschichten aus dem Kittchen" sind im Sisi-Schloss viele Kunstwerke von inhaftierten Frauen in der JVA zu sehen. Foto: Roberta Cojocaru

    Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte: das ruhige Meer, eine grünbewachsene Klippe, blauer Himmel und ein verlassener Strand, in dessen Sand das Wort "Freiheit" wie mit dem Finger gezeichnet ist. Ein Paar, das seine Köpfe liebevoll aneinander hält - der Gesichtsausdruck der Frau voller Geborgenheit. Eine bunt leuchtende, mit Blümchen und einem Pferd dekorierte Leuchtaufschrift: "Aus Spas wird Ernst". Das sind drei der über 500 Kunstwerke, die Frauen während ihrer Haft in der Justizvollzugsanstalt (JVA)Aichach in den vergangenen vier Jahren angefertigt haben. Ermöglicht hat ihnen das der Verein Frauenhaft, der nun diese Kunstwerke auf drei Etagen in einer Ausstellung im Sisi-Schloss in Unterwittelsbach präsentiert.

    Die künstlerische Betätigung hilft bei der Resozialisierung

    Unter dem Motto "kitchen stories – Geschichten aus dem Kittchen" wurde am 17. November die fünfte Kunstausstellung dieser Art eröffnet. Das Wortspiel ist kein Zufall. Einige der Ausstellungsstücke sind Küchengeräte, die nach der Auflösung der JVA-Großküche übrig waren und in Kunstwerke umgewandelt wurden. Darüber hinaus entstanden zahlreiche Gemälde, Skulpturen und literarische Texte - die Geschichten aus dem Kittchen - die nun in der Ausstellung zu sehen und zu hören sind. "Die Künstlerinnen setzen sich aktiv und kreativ mit ihrer Situation auseinander", sagt Helmut Lenz, Vertreter des Landrates, bei seiner Eröffnungsrede. Der Aichacher Bürgermeister Klaus Habermann und der Ministerialdirigent Peter Holzner vom Bayerischen Justizministerium betonen dabei vor allem den Resozialisierungcharakter dieser künstlerischen Betätigung. Den inhaftierten Frauen werde eine sinnvolle Freizeitgestaltung geboten und sie würden auf ein soziales Leben ohne Straftaten vorbereitet.

    Das wäre ohne den 2013 gegründeten Verein Frauenhaft nicht möglich. Mithilfe von diversen Kunstangeboten unterstützt er den Resozialisierungsauftrag an inhaftierten Mädchen und Frauen der JVA Aichach. Vor allem während der strengen Corona-Regelungen seien "die gefangenen Frauen doppelt gefangen" gewesen, wie die erste Vorsitzende Kerstin Weger, die auch als Kunstlehrerin an der JVA arbeitet, erläutert. Um die Frauen nicht alleine zu lassen, wurden viele Kunst- und Schreibwettbewerbe organisiert, die meist von externen Referentinnen oder Referenten geleitet werden.

    Die freischaffende Künstlerin Monika Gebhardt aus Augsburg ist eine von ihnen. Da sie sich selbst hauptberuflich mit Tape-Art beschäftigt - eine Kunstform, bei der mithilfe von zusammengerollten Klebestreifen dreidimensionale Kunstwerke entstehen - hat sie in der Vergangenheit in der JVA Aichach Workshops für die inhaftierten Frauen dazu angeboten. "Das war eine wahnsinnig tolle Erfahrung. Die Frauen haben unglaublich mitgearbeitet und ihr Talent dabei entdeckt. Manche haben sogar ihre Freigänge hergegeben, um meinen Kurs zu besuchen", erzählt Gebhardt. Dieses Angebot sei sehr wichtig für die Resozialisierung. Von den Teilnehmerinnen bekommt sie nicht nur viel Motivation, sondern auch Dankbarkeit zu spüren: "Ich habe einmal eine ehemalige Kursteilnehmerin nach ihrer Freilassung zufällig in

    Durch die Ausstellung entsteht der Kontakt zur Gesellschaft

    Viele der inhaftierten Künstlerinnen nutzen das Angebot, um sich kreativ mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. So auch ein 16 Jahre altes Mädchen, das in ihren selbst gedichteten Rap-Songs davon redet, wie sehr sie sich wünschen würde, ihre Mutter wieder zum Lachen bringen zu können. Doch nicht nur die Abgeschiedenheit von Familie und Freunden macht den Inhaftierten zu schaffen, sondern auch von der Gesellschaft. Durch Ausstellungen wie die jetzige möchte der Verein Frauenhaft den Frauen "wie auch der Gesellschaft außerhalb der Gefängnismauern" ermöglichen, in Kontakt zu treten.

    Den inhaftierten Frauen liege das besonders am Herzen, verdeutlicht Weger. Dass Leute kommen, um ihre Kunstwerke anzuschauen, stärkt ihr Selbstwertgefühl. Darüber hinaus sind alle Kunstwerke auch zu erwerben. "Die Frauen fragen mich immer, ob ihr Kunstwerk gekauft wurde", erzählt die erste Vorsitzende, woran die Bedeutung solcher Ausstellungen für die Frauen erkennbar ist. Mit dem Erlös des Verkaufs finanziert der Verein Referentinnen und Referenten für zukünftige Kurse und Kunstmaterialien.

    Um die Künstlerinnen an ihrer eigenen Ausstellung teilhaben zu lassen, wurde der Eröffnungsabend für sie professionell mitgefilmt. Außerdem bestand für die Gäste die Möglichkeit, den inhaftierten Frauen Postkarten zu schreiben, um ihre Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen.

    Kerstin Weger (links) und Monika Gebhardt (rechts) auf der Ausstellung  "kitchen stories – Geschichten aus dem Kittchen".
    Kerstin Weger (links) und Monika Gebhardt (rechts) auf der Ausstellung "kitchen stories – Geschichten aus dem Kittchen". Foto: Roberta Cojocaru

    Die Ausstellung im Sisi-Schloss ist von Samstag, 19., bis Sonntag, 20. November und von Mittwoch, 23., bis Sonntag, 27. November, jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Am 20., 23. und 27. November finden außerdem von 16 bis 17 Uhr drei verschiedene Lesungen von Texten inhaftierter Frauen statt.

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