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Aichach: JVA-Chef: Keine menschenunwürdigen Bedingungen im Aichacher Gefängnis

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JVA-Chef: Keine menschenunwürdigen Bedingungen im Aichacher Gefängnis

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    Die Justizvollzugsanstalt Aichach ist derzeit nur zu zwei Dritteln belegt.
    Die Justizvollzugsanstalt Aichach ist derzeit nur zu zwei Dritteln belegt. Foto: Gerlinde Drexler (Archivfoto)

    Früher ging's schon mal eng zu in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Aichach, wie eigentlich in fast allen Gefängnissen in Deutschland: Zu viele Häftlinge für zu wenige Plätze. Ein Teil der Insassen musste in sogenannter Notbelegung einquartiert werden. Die gibt es aber schon seit mehreren Jahren nicht mehr, sagt JVA-Leiter Konrad Meier auf Anfrage unserer Redaktion. Die Klage eines ehemaligen Häftlings gegen die "menschenunwürdigen" Bedingungen in Aichach, bezieht sich, wie berichtet, auf die Situation im Jahr 2012.

    Doppelbelegungen von Einzelzimmern wie damals würden nicht mehr vorkommen, betont Meier. Beim Strafvollzug im Freistaat sei nach einer entsprechenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte reagiert worden. Ob der Häftling damals zu wenig Platz in seiner Zelle hatte, wird vor Gericht geklärt. Das Verhältnis von Zellengröße zu Belegung entspreche in Aichach jetzt auf alle Fälle den Standards, so Meier.

    Aichacher JVA-Chef Konrad Meier spricht von "entspannter Situation"

    Aktuell ist das Gefängnis von einer Überbelegung übrigens meilenweit entfernt. Meier spricht von einer "entspannten Situation: Wir sind bei Weitem nicht ausgelastet." Das hat zu tun mit einer generellen Veränderung und der aktuellen Situation. Der Freistaat hat seit einigen Jahren die Zahl der Haftplätze erweitert und neue Gefängnisse gebaut, wie zum Beispiel die JVA in Gablingen (Kreis Augsburg) gleich überm Lech.

    Der Freistaat hat seit einigen Jahren die Zahl der Haftplätze erweitert und neue Gefängnisse gebaut, wie zum Beispiel die JVA in Gablingen (Kreis Augsburg).
    Der Freistaat hat seit einigen Jahren die Zahl der Haftplätze erweitert und neue Gefängnisse gebaut, wie zum Beispiel die JVA in Gablingen (Kreis Augsburg). Foto: Marcus Merk (Archivfoto)

    Zum anderen sind die verhängten Haftstrafen zuletzt insgesamt zurückgegangen und Corona hat - wie derzeit in fast allen Lebenslagen - auch einen großen Einfluss. Die Belegung ist verringert worden, damit im Gefängnis selbst und in den Werkstätten die Hygiene-Vorschriften mit den Abständen eingehalten werden können. Neuzugänge müssen in eine dafür eingerichtete sogenannte Zugangs-Isolation und das verringert auch die Zahl der möglichen Haftplätze. Der JVA werden von den Vollstreckungsgerichten deutlich weniger Häftlinge zugewiesen. Die Strafen werden nicht aufgehoben, müssen aber erst später abgesessen werden.

    Konkret sind derzeit von 445 Haftplätzen für Frauen nur rund 300 belegt, also knapp zwei Drittel. In der Männerabteilung ist es noch "luftiger": von 140 Plätzen sind rund 80 besetzt. Grob zwei Drittel der vorhandenen Plätze sind übrigens Einzelzellen. Bei den Frauen sind das 300 Plätze, dazu kommen 61 Doppelzellen und acht Zellen für jeweils vier Personen. Bei den Männern gibt es 80 Einzelhaftplätze, zehn Doppelzellen und zehn Hafträume in den jeweils bis zu vier Insassen untergebracht werden können.

    Gefängnis in Aichach steht unter Denkmalschutz

    Das Aichacher Gefängnis ist Anfang des vergangenen Jahrhunderts gebaut worden und steht unter Denkmalschutz. Vor allem in den 70er- und 80er-Jahren wurde die JVA umfangreich umgebaut und neue Gebäude errichtet, um die Bausubstanz zu erhalten, aber auch um die Haftbedingungen zu verbessern. Der ehemalige Insasse in Aichach will gegen seine Unterbringung im Jahr 2012 juristisch vorgehen und hat nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zumindest einen Teilerfolg erreicht.

    Das Luftbild zeigt das Aichacher Gefängnis in den 1950er-Jahren.
    Das Luftbild zeigt das Aichacher Gefängnis in den 1950er-Jahren. Foto: Repro Archiv Wolfgang Brandner

    Nach Auskunft des Gerichts ist seiner Verfassungsbeschwerde teilweise stattgegeben worden. Der Fall wurde zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen. Die Behandlung sei damals menschenunwürdig gewesen, weil er mit einem weiteren Gefangenen in zu kleinen Hafträumen untergebracht gewesen sei, argumentiert der Kläger. Darin seien zudem die Toiletten baulich nicht abgetrennt und keine Abluftvorrichtung vorhanden wesen. Der Mann beantragte in einem ersten juristischen Schritt Prozesskostenhilfe über 600 Euro, um später gegen die Unterbringung in Aichach klagen zu können, und das wurde in erster Instanz vom Landgericht in Augsburg abgewiesen.

    Landgericht Augsburg lehnte Prozesskostenhilfe für Ex-Häftling ab

    Die Karlsruher Richter entschieden jetzt unter anderem, dass das Landgericht die Prozesskostenhilfe nicht ohne weitere Begründung hätte abweisen dürfen. Umstritten war dabei die Zellengröße in der JVA. Während der Freistaat in der Verhandlung von 8,98 Quadratmetern ausging, gab der Inhaftierte 7,41 an.

    RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt saß im Frauengefängnis in Aichach. Sie wurde 2007 aus der Haft entlassen.
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    Ob RAF-Terroristen Brigitte Mohnhaupt, "Al Capone vom Donaumoos" Theo Berger oder der Attentäter von Halle : In der Region saßen einige Prominente Häftlinge ein.

    Die Toilette sei nur mit einem „Schamvorhang“ versehen gewesen. Sollte der kleinere Wert stimmen, seien dem Mann damals (also 2012) anteilig weniger als vier Quadratmeter zugestanden – was nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Hinblick auf das Folter-Verbot und der unmenschlichen Behandlung genauestens geprüft werden müsse, so die Karlsruher Richter.

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