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Hochwasser: Die Lage in Aichach spitzt sich zu

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Hochwasser: In Aichach wird ein Seniorenheim evakuiert

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    Der Aichacher Stadtgarten ist am Samstagnachmittag ein einziger See.
    Der Aichacher Stadtgarten ist am Samstagnachmittag ein einziger See. Foto: Carmen Jung

    Seit 19.45 Uhr macht der Pegel der Paar in Aichach zwar eine leichte Kurve nach unten, dennoch ist die Lage von Entspannung noch weit entfernt. Am Samstagabend wird an der Franz-Beck-Straße, die bereits seit dem Mittag gesperrt ist, ein Seniorenheim evakuiert. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses an der Paar werden aus Sicherheitsgründen in andere Einrichtungen gebracht. 

    Am Samstagmorgen um 9 Uhr fließen in Aichach 40 Kubikmeter Wasser pro Sekunde die Paar hinab. Gegen 14 Uhr sind es etwa dreimal so viel. Michael Neumeyer, Leiter des Stadtbauhofs, nennt diese Zahlen gegen 14.30 Uhr. Er steht am Eingang des Stadtgartens und blickt auf einen See. Mit jeder Stunde wird die Lage in Aichach kritischer, die Nerven liegen immer öfter blank. Das bekommen insbesondere diejenigen zu spüren, die helfen wollen: die Einsatzkräfte der Feuerwehren.

    Am frühen Nachmittag schwappt das Wasser der Paar auf das Gelände am San-Depot in Aichach.
    Am frühen Nachmittag schwappt das Wasser der Paar auf das Gelände am San-Depot in Aichach. Foto: Carmen Jung

    Die Pegelmessstelle der Paar unweit des Blauen Stegs beim Trainingsplatz des BC Aichach steht zu dem Zeitpunkt schon längst unter Wasser. Um 13 Uhr ist der gemütliche Spazierweg entlang der Paar zwischen San-Depot und Vogelherd überflutet. Kurz vor 14 Uhr drückt das Wasser auf das Gelände des San-Depots. Dort blickt Werner Plöckl, Vorsitzender des Kunstvereins, ruhig, aber mit Sorge auf den Fluss. Er hat beschlossen, die Halle zu räumen, in der der Kunstverein seit einer Woche die Ausstellung der unterfränkischen Künstlerin Simone Distler präsentiert. Die Kunstwerke seien sehr hochwertig, erklärt Plöckl. Zwar hängen die Bilder hoch, doch der Kunstverein will nichts riskieren. Erste freiwillige Helfer stellen sich ein.

    Am Bahngraben in Aichach läuft eine Tiefgarage voll Wasser

    In Blickweite stehen Menschen auf der Paarbrücke am Oberbernbacher Weg. Vom sicheren Geländer aus beobachten sie kopfschüttelnd, welch reißender Strom die gemächliche Paar geworden ist. Immer wieder stoppen Autos, Insassen steigen aus und fotografieren. Wenige hundert Meter weiter nördlich fließt die Paar zentimeterhoch über die Straße, die in den Fuß- und Radweg zum Blauen Steg mündet. Das Brückerl, das zum BCA-Trainingsplatz führt, ragt aber noch aus dem Wasser.

    Die ruhige Paar ist ein reißender Strom geworden. Das ist am Deutschen Eck gut zu beobachten. Passanten beobachten die Fluten kopfschüttelnd von der Paarbrücke am Oberbernbacher Weg aus.
    Die ruhige Paar ist ein reißender Strom geworden. Das ist am Deutschen Eck gut zu beobachten. Passanten beobachten die Fluten kopfschüttelnd von der Paarbrücke am Oberbernbacher Weg aus. Foto: Carmen Jung

    Nicht weit davon entfernt, pumpt die Aichacher Feuerwehr Wasser aus einer Tiefgarage. Eine Anwohnerin berichtet, dass sie ihr Auto gerade noch aus der Tiefgarage habe retten können. Sie deutet in den Bereich zwischen ihrer Wade und ihrem Knie. So hoch sei das Wasser gestanden. Es sei sehr schnell gekommen. Doch alle Autos seien draußen. Ein

    Am Bahngraben pumpt die Aichacher Feuerwehr Wasser aus einer Tiefgarage. Die Autos konnten rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden.
    Am Bahngraben pumpt die Aichacher Feuerwehr Wasser aus einer Tiefgarage. Die Autos konnten rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Foto: Carmen Jung

    Der Notkommandant der Aichacher Feuerwehr, Werner Mayer, hat soeben Am Bahngraben vorbeigeschaut. Er muss weiter zum nächsten Schauplatz. Zeit für ein Gespräch hat Mayer nicht. Auf die Frage, "wo brennt's noch?", sagt er nur: "Überall." Zum Beispiel am Aichacher Stadtgarten. Dieser ist gegen 14.20 Uhr ein einziger See. Nur noch ein Teil des charakteristischen Stahl-Kunstwerks ragt aus dem Wasser. Derweil schiebt ein Mini-Bagger Erde und Kies vor dem Neubau an der Bahnhofstraße auf. Bauherr Erol Duman sagt, die Lage "ist noch gut". Wasser, das über die Lichtschächte in die Tiefgarage eingetreten ist, habe man selbst ausgepumpt. Die Wohnanlage ist kurz vor der Fertigstellung. Im Obergeschoss sind erste Wohnungen bereits bezogen. Dumann ist froh, dass im Erdgeschoss noch niemand wohnt. Er sei dankbar, dass sie so schnell einen Baggerfahrer hätten organisieren können.

    Der Parkplatz an der Franz-Beck-Straße steht unter Wasser

    Bauhofleiter Michael Neumeyer macht sich am Stadtgarten gegen 14.25 Uhr selbst ein Bild von der Lage. Er berichtet, dass alle verfügbaren Kräfte des Bauhofs im Einsatz seien. Manche Mitarbeiter seien selbst betroffen, andere seien als Feuerwehrleute im Einsatz. Mit etwa zehn Mann unterstützt der Stadtbauhof die Feuerwehren nach Kräften. Sie sperren Straßen ab und helfen beim Befüllen von Sandsäcken. Denn das übliche Reservoir ist zu dem Zeitpunkt längst aufgebraucht. 

    Am Samstag gegen 14.20 Uhr sprudelt das Wasser durch die Tore des Aichacher Freibads Richtung Franz-Beck-Straße.
    Am Samstag gegen 14.20 Uhr sprudelt das Wasser durch die Tore des Aichacher Freibads Richtung Franz-Beck-Straße. Foto: Carmen Jung

    Bereits am frühen Nachmittag hat sich das Wasser der Paar seinen Weg über die Franz-Beck-Straße gesucht. Gegen 14.30 Uhr sprudelt die braune Brühe munter zwischen die Eisenstäbe des Freibad-Tores hindurch. Der Parkplatz jenseits der Straße steht in weiten Teilen unter Wasser. Vereinzelt parken dort noch Autos. Sie sind vorläufig nicht zu retten. Ein Mann beobachtet die Szenerie und stellt mit sarkastischem Unterton fest: Wer hätte denn gedacht, dass man einmal schon vor den Toren des Freibads schwimmen könne.

    Je brenzliger die Lage wird, umso mehr liegen die Nerven blank. Während sich die einen gänzlich unbeeindruckt von Straßensperren zeigten, schimpften andere über die Feuerwehr, weil sie nicht schnell genug Hilfe leiste, berichtet Neumeyer. Die Lage wird in den Nachmittagstunden immer kritischer. Angesichts der Wassermassen stellt der Bauhofleiter fest: "Wir können nur noch Schadensbegrenzung betreiben." 

    In Blumenthal und Ecknach ist die Lage dramatisch

    Bürgermeister Klaus Habermann zieht gegen 17.30 Uhr eine erste Zwischenbilanz. Angesichts der Lage in anderen Teilen Schwabens "geht's in Aichach noch einigermaßen". Zwar macht sich im Stadtgebiet selbst der Hochwasserschutz bezahlt. "Er hat lange stand gehalten", stellt Habermann fest. Trotzdem werden dessen Grenzen gesprengt. Die aktuelle Katastrophe übertrifft das Pfingsthochwasser von 1999 bei weitem. Damals sprudelten in der Paar 49 Kubikmeter pro Sekunde. Die Hochwasserfreilegung ist auf 70 Kubikmeter pro Sekunde ausgelegt – ein 100-jähriges

    Und es gibt nicht nur die Paar. Besonders große Sorgen macht die Ecknach. In Blumenthal ist die Lage dramatisch. Dort herrscht Land unter. Wie Martin Horack von der Gemeinschaft auf Schloss

    Land unter herrscht ebenfalls in Klingen im Bereich der Bachfeldstraße und in Ecknach, wo das Wasser bei der Schule einen Meter hoch auf der Straße steht. "Es schaut ziemlich wüst aus", sagt der Bürgermeister. Aber es seien glücklicherweise bislang keine Personenschäden zu beklagen. Habermann hegt am späten Nachmittag die Hoffnung, dass der Scheitel inzwischen erreicht sei, denn in Mering sinke das Wasser. Von einer Entspannung ist Aichach allerdings noch weit entfernt. Da müsse zuerst endlich einmal der Regen nachlassen, so Habermann.

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