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Aichach-Friedberg: Winterdürre sorgt für Niedrigstand beim Grundwasser im Landkreis

Aichach-Friedberg

Winterdürre sorgt für Niedrigstand beim Grundwasser im Landkreis

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    Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und ein kostbares Gut. Die Grundwasserstände sind derzeit auf einem Niedrigstand bezogen auf eine Messung Mitte März.
    Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und ein kostbares Gut. Die Grundwasserstände sind derzeit auf einem Niedrigstand bezogen auf eine Messung Mitte März. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Ja, es hat durchaus mal geregnet in den vergangenen Tagen und Wochen. Aber das ist sozusagen der berühmte Tropfen auf den trockenen Stein. Denn in den Messbechern der Stationen des Wasserwirtschaftsamtes findet sich seit Monaten deutlich weniger kostbares Nass als im langjährigen Durchschnitt. In einem März - vor Beginn der Wachstumszeit - fällt uns diese Trockenheit noch nicht so auf. Doch nicht nur über, sondern auch unter der Erdoberfläche sind die fehlenden Niederschläge messbar - der Grundwasserstand war zu dieser Jahreszeit im Wittelsbacher Land, wie in ganz Bayern, noch nie so tief wie derzeit. Ein Alarmsignal genau in der Woche des Weltwassertags. Welche Folgen hat das für die Trinkwassergewinnung in der Region? 

    Vorab zur Einordnung: Der Landkreis Aichach-Friedberg ist im Vergleich zum Beispiel mit dem trockenen Franken, aber erst recht mit Mittelmeerländern und Dürregebieten auf der südlichen Erdhalbkugel, mit sehr viel Wasser gesegnet. Das liegt an den überdurchschnittlichen Niederschlägen am nördlichen Alpenrand und an der Geologie. Wasser kann hier relativ gut gespeichert als auch gefördert werden. Das kiesige Lechfeld sei einer der mächtigsten und ergiebigsten der sogenannten Porengrundwasserleiter,sagt Rüdiger Zischak. Der promovierte Geologe ist beim Wasserwirtschaftsamt in Donauwörth für den Fachbereich Wasserversorgung, Grundwasser- und Bodenschutz und Hydrogeologie zuständig. DasLech-begleitende Grundwasser strömt von Süd nach Nord in Richtung Donau durch das breite Schotterfeld, das der Gletscher aus der Würmeiszeit (die begann vor 115.000 Jahren) geformt hat.

    Pegel bei St. Stephan steht so tief wie noch nie in einem März seit 40 Jahren

    Am Pegel beim Rehlinger Ortsteil St. Stephan (ungefähr in der Mitte zwischen Lechleite und Fluss) steht das Grundwasser aktuell 3,40 Meter unter dem Lechfeldgelände - so tief wie noch nie in 40 Jahren Aufzeichnung bei einer Messung Mitte März. Im Mittelwert über vier Jahrzehnte ist das Wasser bei 2,85 Meter, und der Höchststand des oberen Grundwasserstocks zu diesem Zeitpunkt liegt bei 2,05 Meter unter Gelände. Ab November regenerieren sich die Grundwasserstände bis Ende März, um dann im Sommer und Herbst wieder kontinuierlich abzusinken. Doch es hat in diesem Winter nur sehr wenig geregnet und Schneeflocken verirren sich in der kalten Jahreszeit immer seltener in die Region. Das bedeutet, die Grundwasserneubildung war geringer als üblich.

    Eine Pegelkappe, eine Grundwassermessstelle des Wasserwirtschaftsamtes. Nicht nur die Luft und die Meere werden wärmer – auch unter der Erde macht sich der Klimawandel bemerkbar.
    Eine Pegelkappe, eine Grundwassermessstelle des Wasserwirtschaftsamtes. Nicht nur die Luft und die Meere werden wärmer – auch unter der Erde macht sich der Klimawandel bemerkbar. Foto: Hannes Hemmerle, dpa

    Der Pegel bei St. Stephan kommt - ähnlich wie der anderer Messstellen in der Region wie im Lechfeld in Mering Sankt Afra oder in tieferen Grundwasser-Stockwerken im tertiären Hügelland in Haslangkreit (Kühbach) und Obergriesbach - noch dazu von einem absoluten Tiefstand im vergangenen Sommer nach einer Dürreperiode. Die an der Lechleite verlaufende Friedberger Ach war im August nahezu ausgetrocknet. Die Fische retteten sich in Gumpen und mussten durch abgepumptes Wasser aus dem Kissinger Auensee gerettet werden. Der Grundwasserpegel bei Sankt Stephan stand zu diesem Zeitpunkt 3,65 Meter unter dem Lechfeld. Der absolut niedrigste Wert, der seit 1984 insgesamt erst dreimal gemessen wurde - alle drei Niedrigstände ereigneten sich innerhalb der vergangenen sieben Jahre.

    Wetterdienst meldet zwölften zu warmen Winter in Folge

    Die Skala der Pegelwerte des Grundwasserleiters im Lechfeld zeigen exemplarisch eine Entwicklung - seit der Jahrtausendwende sinkt dort das Grundwasser. Eine Folge des Klimawandels: Einmal mehr war die kalte Jahreszeit in Bayern zu trocken und zu warm. Beim Deutschen Wetterdienst in München hat man "den zwölften zu warmen Winter in Folge" registriert. Insgesamt lag die Temperatur im Freistaat 1,9 Grad höher als in den Jahren 1961 bis 1990 - das ist die international gültige Referenzperiode. In Schwaben fielen nur 60 bis 80 Prozent der Niederschlagsmengen, die sonst zwischen Dezember und Februar üblich sind. 

    Die ausbleibende Erholung des Grundwassers sei nicht der Normalfall, mache sich bei der Trinkwassergewinnung in der Region aber noch nicht bemerkbar, sagt Geologe Zischak: "Es besteht noch kein Engpass." Das ändere aber überhaupt nichts an der Tatsache, dass die Klimaerwärmung massive Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und die Reserven habe und alle dazu aufgerufen seien, den Verbrauch einzuschränken. In vielen Vorgärten würden mittlerweile Swimmingpools stehen, hat Zischak ein augenfälliges Beispiel für den verschwenderischen Umgang mit dem wichtigsten Lebensmittel. Sein Leitsatz: "Trinkwasser ist zum Trinken da." 

    Der Pegel im Kreiter Holz hat sich nahezu um einen Meter gesenkt

    Auch für Rupert Reitberger, Vorsitzender des Aichacher Wasserzweckverbands Magnusgruppe, ist ein Bewusstseinswandel überfällig: "Wasser ist auch in Deutschland nicht unbegrenzt vorhanden. Und es muss dringend vor Verschmutzung aller Art bewahrt werden." Reitberger und Wassermeister Hubert Haberl weisen seit Jahren auf sinkende Grundwasserstände hin. Auch die Pegelmessstelle im Kreiter Holz, hier steht einer der ergiebigsten Brunnen der Magnusgruppe, zeige das exemplarisch: "Nahezu um einen Meter hat sich der Grundwasserstand abgesenkt. Wir bräuchten Regen, Regen und noch mehr Regen." Notwendig seien aber auch mehr Versickerungsflächen. Die Magnusgruppe liefert Trinkwasser für 30.000 Menschen in der Region und investiert derzeit dreizehn Millionen Euro in ein neues Wasserwerk im Aichacher Stadtteil Oberbernbach. 

    Auf den Verbraucher kämen künftig höhere Kosten für das Trinkwasser zu, warnt Reitberger vor. Sein Kollege Erwin Osterhuber ist Verbandsvorsitzender der Adelburggruppe, die ihr Wasser im Eurasburger Forst fördert. Diese Gruppe mit Sitz in Landmannsdorf (Gemeinde Adelzhausen) versorgt insgesamt 40.000 Menschen im Wittelsbacher Land von Gallenbach (Aichach) bis Hofhegnenberg (Steindorf) und darüber hinaus auch in den Nachbarlandkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck. Aktuell könne der vergleichsweise günstige Wasserpreis gehalten werden, sagt Osterhuber. Mittelfristig müsse aber ins Leitungsnetz investiert werden, was höhere Gebühren nach sich ziehe. 

    Sinkende Grundwasserstände seien an den fünf Brunnen übrigens nicht zu beobachten, berichtet Geschäftsführer Marcus Bitzl: "Unsere Pegel sind seit Jahrzehnten konstant." Seine Erklärung: Die Adelburggruppe fördere oberflächennahes Wasser aus 80 bis 100 Metern Tiefe. In dieser Grundwasserschicht komme der Zustrom aus den Alpen, und dort gebe es sehr viel Schmelzwasser. Womit wir wieder beim Klimawandel wären. Wenn die Gletscher auf absehbare Zeit abgeschmolzen sind, dann habe das auch Einfluss auf das Grundwasser unter dem Eurasburger Forst, ist sich Bitzl bewusst. 

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