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Aichach-Friedberg: Warum das Landratsamt in Aichach immer mehr Platz braucht

Aichach-Friedberg

Warum das Landratsamt in Aichach immer mehr Platz braucht

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    Über die Erweiterung des Landratsamtes in Aichach mit einem Anbau aus Holz soll im Juni im Kreistag endgültig abgestimmt werden.
    Über die Erweiterung des Landratsamtes in Aichach mit einem Anbau aus Holz soll im Juni im Kreistag endgültig abgestimmt werden. Foto: Visualisierung: Raum und Bau

    Die Geschichte über die Erweiterungspläne für das Blaue Palais ist nicht so schnell erzählt - sie hat viele Facetten, Wendungen, Neuanläufe und sie ist lang. Gebaut wurde der Betonskelettbau Ende der 70er-Jahre. Der Neubau und der Umzug vom Schlossplatz an die Münchener Straße war eine Zukunftslösung für den 1972 in der Gebietsreform neu entstandenen und mehr doppelt so großen Landkreis Aichach-Friedberg. Doch schon weit vor der Jahrtausendwende begannen die Diskussionen über Raumknappheit in der Behörde und mögliche Anbauten an das Landratsamt in Richtung Süden über dem Parkplatz. Aber warum braucht das Landratsamt eigentlich immer mehr Platz?

    Die einfache Antwort: Die Zahl der Mitarbeiter ist mit der Bevölkerung und zusätzlichen Aufgaben für die Verwaltung über die Jahrzehnte hinweg deutlich gestiegen. Was schneller wächst, ist ein alter Streitpunkt zwischen in dieser Hinsicht kritischen Kreisräten, die eher in der Minderheit sind, auf der einen Seite und den drei Landräten in dieser Zeit, der Kreistagsmehrheit und den jeweiligen Spitzen in der Verwaltungshierarchie auf der anderen Seite.

    Auch der aktuelle Anlauf mit dem geplanten Holzhybrid-Anbau, der vor allem wegen der Kostensteigerungen mittlerweile wieder heftig umstritten ist, hängt vor allem mit der stark gewachsenen Mitarbeiterzahl in den vergangenen Jahren zusammen. Noch zu Beginn des vergangenen Jahrzehnt galt das Raumproblem der Kreisverwaltung als gelöst. 2012 wurde das Kreisgut als Außenstelle des Landratsamtes offiziell eröffnet. Dort sind Kreisheimatbücherei, Bildstelle und Schulamt untergebracht. Vor allem nutzt aber die Abteilung Kommunales Bauwesen seither rund 700 Quadratmeter im Obergeschoss. Insgesamt 3,4 Millionen Euro kosteten energetische Sanierung, Aufstockung und Dacherneuerung, Ausbau des Dachgeschosses und Außenanlagen inklusive der Sanierung des denkmalgeschützten Kreuzgratgewölbes, das für Veranstaltungen genutzt wird. Aus dem Konjunkturprogramm floss damals ein Zuschuss von rund 800.000 Euro. Das Projekt war im Kreistag auch wegen der Kosten lange umstritten.

    Neuer Anbau: In etwa 60 Büros und 115 Arbeitsplätze

    Für die jetzt geplante Erweiterung des Landratsamtes liegt die Schätzung aktuell bei 21,5 Millionen Euro für den Anbau in Richtung Münchener Straße (14,9 Millionen für rund 4000 Quadratmeter Brutto-Grundfläche) und die anschließende Sanierung des Altgebäudes (6,6 Millionen). Dazu kommen in späteren Jahren nach aktueller Hochrechnung weitere rund sieben Millionen Euro für die energetische Sanierung der Außenhülle des über 40 Jahre alten Gebäudes. In Summe macht das dann voraussichtlich mit knapp 30 Millionen die größte Netto-Bauinvestition in der Geschichte des Landkreises. Im Querriegel sollen in etwa 60 zusätzliche Büros und Zimmer mit rund 115 Arbeitsplätzen und ein Wartebereich für Kunden entstehen. Zulassungsstelle und Verkehrsrecht sollen gut und schnell erreichbar im Erdgeschoss untergebracht werden. Rund 40 Mitarbeiter aus aufgelösten Außenstellen des Landratsamtes könnten nach Fertigstellung wieder im Haupthaus arbeiten. Neben dem Kreisgut bleiben dann noch das Gesundheitsamt am Krankenhaus und die Außenstelle am Schlossplatz.

    Mit dem Kreisgut-Ausbau konnten 2012 zwei Außenstellen des Landratsamtes in der Augsburger Straße und in der ehemaligen Berufsschule an der Steubstraße aufgelöst und bislang getrennte Abteilungen wieder zusammengelegt werden. Doch der Befreiungsschlag verpuffte schnell, spätestens mit der Flüchtlingskrise 2015 und dem Beschluss für deutlich mehr Personal waren die Platzreserven im Landratsamt aufgebraucht, und derzeit ist nahezu alles belegt, auch was früher als Sozial- oder Besprechungsraum genutzt wurde.

    Warum wurde eine beschlossenes Personalkonzept nicht in Auftrag gegeben

    Die Personalentwicklung war jetzt auch Thema in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses, der in einer ersten Runde die Hälfte von insgesamt noch rund 70 Fragen und Anträge zur Erweiterung abarbeitete. Nach einer weiteren Bauausschusssitzung am Montag, 17. Mai, soll die endgültige Entscheidung über das Projekt im Kreistag am Montag, 7. Juni, fallen. Die Freien Wähler, von denen einen Großteil der Fragen des umfangreichen Katalogs stammt, wollten wissen, was eigentlich aus den Konzepten geworden ist, die der Kreisausschuss Ende 2016 beschlossen hatte, um auf die Raumnot richtig zu reagieren. Der Kreistag stellte 2017 jedenfalls 100.000 Euro für Konzepte (Personal- und Raumbedarfsplanung) und Machbarkeitsstudien für den Erweiterungsbau in den Haushalt ein.

    Im Bauausschuss entwickelte sich bei dieser Frage die Diskussion, ob es dieses Personalkonzept überhaupt gebe. Nun, es wurde zumindest niemand damit extern beauftragt, wie Landrat Klaus Metzger einräumte. Dafür wurde ein internes Papier von der Personalabteilung erstellt und das Geld nicht abgerufen - was scharfe Kritik von Roland Eichmann (SPD) zur Folge hatte. Schließlich habe es einen Beschluss im Kreistag dazu gegeben, das Konzept erstellen zu lassen. Personalleiter Florian Asmussen teilte zur Entwicklung in der Sitzung mit, dass die Belegschaft mittelfristig in den nächsten zehn bis 20 Jahren um weitere 50 bis 100 Mitarbeiter steigen werde. Die Digitalisierung werde nicht zu weniger, sondern zu eher mehr Stellen führen, so Landrat Metzger wie auch der zuständige Sachgebietsleiter Bernd Burkhart. Sie relativierten auch, dass durch mehr Homeoffice wirklich Büro-Arbeitsplätze eingespart werden können - vielleicht fünf Plätze.

    Prüfungsverband: "Überproportionale Personalkostenzunahme"

    Auf die Stellenaufstockungen des Landkreises in den vergangenen Jahren, insbesondere mit der Flüchtlingskrise ab 2015, wird auch im Bericht des Kommunalen Prüfungungsverbands für den Fünf-Jahres-Zeitraum 2013 bis 2017 eingegangen. Demnach stieg der Personalstand (ohne Staatspersonal) in dieser Zeit um rechnerisch rund 57 Vollzeitstellen von knapp unter 218 auf knapp unter 275. Gleichzeitig stiegen die Gesamt-Personalkosten von 2012 bis 2017 um rund fünf Millionen Euro auf 17,1 Millionen. Dieser Anstieg um fast 40 Prozent liege "weit über der allgemeinen Personalkostensteigerung infolge linearer Besoldungs- und Entgeltanpassungen von 12,6 Prozent bei Beamten und 13,4 Prozent bei Beschäftigten", schreibt der Prüfungsverband in seinem Bericht, der später Thema in den Kreisgremien wurde. Die überproportionale Personalkostenzunahme sei neben Stellenhebungen, dienstaltersbedingten und leistungsbedingten Steigerungen vor allem auf die Stellenmehrungen zurückzuführen.

    Das sind die Mitglieder des aktuellen Kreistags in Aichach-Friedberg


    CSU (25 Sitze, 2014: 28) Stimmen

    Peter Tomaschko 53.093

    Manfred Losinger 41.694

    Richard Scharold 36.302

    Sissi Veit-Wiedemann 34.660

    Stephanie Kopold-Keis 33.348

    Tomas Zinnecker 33.049

    Josef Dußmann (neu) 32.407

    Florian Mayer 31.316

    Helmut Beck 30.467

    Erich Kerner (neu) 29.607

    Reinhard Gürtner 29.559

    Michaela Böck 29.472

    Erwin Gerstlacher 29.331

    CSU (25 Sitze, 2014: 28) Stimmen

    Thomas Kleist 29.026

    Leonhard Büchler 28.819

    Markus Winklhofer (neu) 28.376

    Reinhard Herb 26.366

    Gertrud Hitzler (neu) 26.208

    Hans Schweizer 25.671

    Josef Schreier 25.474

    Stefan Meitinger (neu) 25.030

    Gregor Pfundmeir 24.550

    Georg Resch (neu)\ 24.414

    Markus Waschka (neu) 24.160

    Josef Koppold (nachgerückt) 24.027

    Grüne (9 Sitze, 2014: 5) Stimmen

    Stefan Lindauer (neu) 18.078

    Katrin Müllegger-Steiger 17.465

    Petra von Thienen (neu) 13.776

    Marion Brülls 13.494

    Wolfhard von Thienen (neu) 13.155

    Magdalena Federlin 12.799

    Wolfgang Rainer Pfeiffer (neu) 12.649

    Alfred Seitz (neu) 11.641

    Monika Gebhard (nachgerückt) 11.599

    Freie Wähler (7 Sitze, 2014: 5) Stimmen

    Erich Nagl 13.230

    Marc Sturm 12.267

    Helmut Lenz 11.781

    Peter Erhard 11.737

    Johannes Ankner (neu) 11.659

    Johannes Hatzold 10.149

    Johann Finkenzeller (nachgerückt)

    SPD (7 Sitze, 2014: 11) Stimmen

    Klaus Habermann 21.370

    Roland Eichmann (neu) 17.658

    Silvia Rinderhagen 12.211

    Stefan Hummel (neu) 11.825

    Hans-Dieter Kandler 10.743

    Ulrike Sasse-Feile (neu) 10.090

    Brigitte Neumaier (nachgerückt) 9734

    AfD (4 Sitze, 2014: 0) Stimmen

    Josef Settele (neu) 19.090

    Willibald Mair (neu) 15.903

    Paul Traxl (neu) 15.352

    Simon Kuchlbauer (neu) 14.837

    Monika Luff (nachgerückt) 14.714

    ÖDP (3 Sitze, 2014: 2) Stimmen

    Berta Arzberger 7820

    Johannes Kreppold (neu) 7233

    Maria Posch (neu) 6745

    Nachrücker: Peter Schmid 6557

    Unabhängige (3 Sitze, 2014: 6) Stimmen

    Mathias Stößlein (neu) 11.135

    Franz Schindele 9378

    Martin Echter 8778

    Nachrücker: Manfred Graser 8405

    FDP (1 Sitz, 2014: 1) Stimmen

    Karlheinz Faller 7492

    Nachrücker: Birgit Geier 5928

    Im aktuellen Haushalt des Landkreises für 2021 werden die Personalkosten mit 21,7 Millionen Euro kalkuliert. Mit den 21,7 Millionen bezahlt der Kreis die knapp 390 Mitarbeiter der eigenen Verwaltung. Weitere rund 90 Beamte und Beschäftigte, die am Landratsamt hoheitliche Aufgaben übernehmen, finanziert der Freistaat Bayern. Fast 200 der aktuell insgesamt 480 Angestellten, Beamten und Arbeiter im Landratsamt, Außenstellen und Bauhof arbeiten in Teilzeit. Alle zusammen besetzen in etwa 370 Vollzeitstellen. Abzüglich der Staatsstellen (75) sind es damit 295 Vollzeitstellen beim Kreis, rund 80 oder 35 Prozent mehr als vor acht Jahren.

    Landrat Metzger: Kein Landkreis weit und breit ist so sparsam beim Personal

    Landrat Metzger legte bei der Beratung des Stellenplans im Rahmen der Etatberatungen 2021 besonderen Wert darauf, dass "es weit und breit keinen Landkreis gibt, der beim Personal so sparsam wirtschaftet wie das Wittelsbacher Land". Das Landratsamt übe "äußerste Zurückhaltung". Die sogenannte Personalquote, das Verhältnis zwischen Personalkosten und Gesamthaushalt, liegt 2021 bei 13,2 Prozent.

    Das bedeutet: In etwa jeder achte Euro des Etats wird für Mitarbeiter ausgegeben. Diese Quote stand für Aichach-Friedberg 1991 bei 18,5 Prozent, ging dann nahezu kontinuierlich zurück bis auf 11,2 Prozent im Jahr 2014 - auch weil heute ein Teil der Aufgaben an Unternehmen vergeben und nicht mehr mit eigenem Personal erledigt wird. Dass die Personalquote aktuell nicht deutlich höher ist, hängt maßgeblich mit den enormen Einnahmensteigerungen des Wittelsbacher Landes seit der Finanzkrise zusammen. Das Etatvolumen ist in zehn Jahren von 2011 bis 2021 um über 70 Prozent gewachsen. Die Personalkosten lagen 2008 bei 10,5 Millionen Euro. Dreizehn Jahre später sind sie laut Planansatz mehr als doppelt so hoch. Bei sinkenden Steuereinnahmen durch die Corona-Krise wird also die Personalquote steigen.

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