Der Solarboom treibt die Energiewende im Wittelsbacher Land voran. Die Zahl der Photovoltaikanlagen ist im Jahre 2023 um 2000 auf rund 12.000 gestiegen. Dazu kommen immer mehr Balkonkraftwerke. Seit der Jahrtausendwende dokumentiert unsere Redaktion die Entwicklung bei der erneuerbaren Stromerzeugung – die ist nahezu kontinuierlich gewachsen. Im Jahr 2023 hat der Landkreis Aichach-Friedberg einen Stromüberschuss von rund 175 Millionen Kilowattstunden sozusagen „exportiert“. Das reicht für etwa 50.000 durchschnittliche Haushalte mit rund 150.000 Menschen.
Strombilanz Die Stromwende hat das Wittelsbacher Land vor einem Jahrzehnt geschafft. Das heißt, die Menge an regenerativ erzeugter Stromenergie ist seither größer als der Verbrauch. In 18 von 24 Kommunen im Landkreis wurde 2023 mehr Strom produziert als verbraucht. Sogar die Stadt Aichach ist mit einer Quote von 90 Prozent nicht mehr weit davon entfernt und Steindorf liegt nach der Abschaltung eines Erzeugers nur knapp darunter. Deutlich unter dieser Schwelle sind nur doch die drei Siedlungsschwerpunkte im Süden des Landkreises Friedberg, Mering und Kissing.
Stromautark Das bedeutet nicht, dass die Gemeinden mit Stromplus sozusagen stromautark sind. Vor allem in der Nacht und in den Wintermonaten kommt ein Teil des Stroms aus dem Netz. Denn durch schwankende Erzeugung und fehlende Speichermöglichkeit kann der Verbrauch vor Ort nicht kontinuierlich gedeckt werden. Es gibt im Landkreis aber mittlerweile mehrere Kommunen, wie zum Beispiel Sielenbach oder Petersdorf, die ihren Eigenbedarf zumindest theoretisch komplett, also zu 100 Prozent über die ganze Zeit, durch die dezentrale Stromerzeugung vor Ort gesichert haben. Dort gibt es Batteriespeicher und größere Biomasseanlagen, die durchlaufen und die sogenannte Grundlast abdecken.
Der Eigenverbrauch steigt und taucht nicht in der Statistik auf
Eigenverbrauch Nicht berücksichtigt in den Einspeisezahlen ist der Eigenverbrauch von regenerativ erzeugtem Strom. Wenn etwa Sonnenstrom direkt vom Dach nahezu verlustlos in eine Elektroautobatterie fließt und dann auf der Straße verbraucht wird, ist das für die Energiewende optimal – in unserer Tabelle wird das aber nicht sichtbar. Denn dieser Strom wird nicht mehr ins Netz eingespeist, sondern direkt vor Ort verwendet und von den zuständigen Versorgungsunternehmen auch nicht erfasst. Der Eigenverbrauchsanteil taucht also in der Statistik nicht auf, spart aber fossile Energie ein. Unternehmen mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen erzeugen Strom und nutzen möglichst viel davon selbst, um Kosten zu senken, und speisen nur den Überschuss ein. Das gilt mittlerweile auch für das Biomasseheizkraftwerk der Firma Pfeifer im Kühbacher Ortsteil Unterbernbach. Der dort erzeugte Strom (rund 80 Millionen Kilowattstunden im Jahr) wird seit 2023 zum größten Teil im eigenen Werk verbraucht. Auch Photovoltaikanlagen, die auf Dächern von Eigenheimen und Firmengebäuden gebaut werden, sind in der Regel auf Eigenverbrauch ausgelegt – immer mehr Batteriespeicher helfen dabei.
Einspeisepunkte Aus den übermittelten Zahlen der Netzbetreiber lässt sich nicht immer die komplette Energieerzeugung in einer Kommune ableiten. Das liegt daran, dass Solarparks wie zum Beispiel die bei Obergriesbach und Taiting (Dasing) oder die Windräder bei Baar und im Blumenthaler Forst ihre Einspeisepunkte teils in einer anderen Gemeinde haben. Der Stromertrag wird dann dieser zugeschlagen. Wir haben mithilfe von Anlagenbetreibern und des Bayerischen Energieatlas diese Stromerträge den „richtigen“ Kommunen zugeordnet.
Eine Kilowattstunde . . .
. . . ist in 160 Gramm Vollmilchschokolade verpackt.
. . . hält einen Laserpointer 100 Jahre im Dauerbetrieb.
. . . strahlt die Sonne im Mittel in 45 Minuten auf jeden Quadratmeter der Erde.
. . . entspricht der Arbeitsleistung eines menschlichen Herzens pro Monat.
. . . steckt in 0,1 Liter Benzin und reicht für etwa 1,5 Kilometer Fahrt mit einem Kleinwagen.
. . . treibt ein kleines Elektroauto rund 10 Kilometer an.
. . . lässt eine moderne Armbanduhr mehrere 1000 Jahre ticken.
. . . verbraucht ein Radprofi in 2,5 Stunden auf einer Bergetappe der Tour de France. (cli)
Sonne Mit Abstand größter Wachstumsfaktor ist die Sonnenenergie. Zum einen, weil die Zahl der Anlagen in einem Jahr gleich um etwa zwanzig Prozent auf jetzt über 12.000 gestiegen ist: vor allem natürlich auf Hausdächern. Dazu sind nach einer Baupause von fast einer Dekade wieder größere Solarparks ans Netz gegangen. Hilfreich waren die vielen Sonnenstunden im vergangenen Jahr.
20 Prozent mehr Solarstromanlagen und mehr Sonnenstunden
Versorgungsspitzenreiter An der Spitze mit rechnerisch gleich vierzehnmal so viel erzeugtem Strom, wie vor Ort verbraucht wird, liegt, wie seit Beginn unserer Erhebung, wieder Sielenbach. Hauptgrund für den nächsten Quantensprung in der Sonnengemeinde im Ecknachtal sind zwei große Solarparks, die seit Mitte 2022 einspeisen.
Strom-Spitzenreiter Am meisten regenerativer Strom mit deutlich über 100 Millionen Kilowattstunden wird im Landkreis nach wie vor in der Marktgemeinde Kühbach erzeugt. Das Pfeifer-Holzwerk hat aber jetzt auf Eigenverbrauch umgestellt, deshalb wird das in der Auflistung nicht mehr sichtbar. Weil dafür aber auch der ausgewiesene Stromverbrauch in der Kommune signifikant gesunken ist, ist die Bilanz natürlich weiter positiv.
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