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Aichach-Friedberg: So wappnet sich Aichach-Friedberg für einen Blackout

Aichach-Friedberg

So wappnet sich Aichach-Friedberg für einen Blackout

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    Bei einem Stromausfall muss man nicht nur beim Kochen improvisieren. Auch auf andere Lebensbereiche würde sich ein flächendeckender, lang anhaltender Stromausfall massiv auswirken.
    Bei einem Stromausfall muss man nicht nur beim Kochen improvisieren. Auch auf andere Lebensbereiche würde sich ein flächendeckender, lang anhaltender Stromausfall massiv auswirken. Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild)

    Wie wichtig Strom in unserem Alltag ist, merken wir meist erst, wenn er fehlt. Welche Folgen ein flächendeckender, lang anhaltender Stromausfall im Landkreis Aichach-Friedberg hätte und wer dann was unternehmen müsste, damit befasst sich seit einem Jahr eine Projektgruppe. Am Mittwoch stellte sie bei einem Pressegespräch vor, wie ihre Arbeit vorankommt und wie jeder Einzelne vorsorgen kann.

    Anlass für die Gründung der Projektgruppe war die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal. Landrat Klaus Metzger sagte, damals sei deutlich geworden, "dass wir uns beim Katastrophenschutz noch mal anders aufstellen müssen". Der Projektgruppe gehören der Landkreis sowie alle 24 Städte und Gemeinden an. Ihr "Spiritus rector", wie ihn Metzger scherzhaft nannte, ist Kreisbrandinspektor Klaus Hartwig. Er erstellte den "Hausaufgabenkatalog", wo bei einem Blackout - sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyber- oder Terrorangriff - Probleme entstehen könnten. 

    Welche Folgen ein großer Stromausfall in Aichach-Friedberg hätte

    Hartwig nannte Beispiele: Geldautomaten funktionierten nicht mehr, ebenso wenig Kassen und Kühlungen in Supermärkten. Wasserver- und Abwasserentsorgung stünden still, Ampeln fielen aus. Es käme zu Unfällen und vielen weiteren Einsätzen für Feuerwehren, Polizei und Rettungsdienst. Ihre Alarmierung und Kommunikation wäre erschwert. Kliniken und Seniorenheime verfügten zwar über eine Notstromversorgung. Aber sie reiche in der Regel nur für rund 24 Stunden.

    Alle Beteiligten hoben die gute Zusammenarbeit hervor. Hartwig sagte, Landrat und Projektgruppenleiter stünden "1000-prozentig" hinter der Sache. Das sei nicht selbstverständlich. Metzger zufolge lassen sich viele Landkreise ein Konzept für einen möglichen Blackout von externen Firmen erstellen - für teils sechsstellige Summen. "Wir machen das mit unserer Expertise." 

    Abfrage unter Einrichtungen und Betrieben: Wer braucht wie schnell Hilfe?

    Boris Peter, Leiter der Projektgruppe und der Abteilung am Landratsamt für öffentliche Sicherheit und Verbraucherschutz, sprach von einem weiten Aufgabenfeld. So fand am Landratsamt ein Vortrag zur Abwasserentsorgung im Katastrophenfall statt. Die Behörde nahm Kontakt mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf, um sich über eine Notlage bei der Lebensmittelversorgung auszutauschen. Nächste Woche gibt es einen Workshop für Kommunen, in dem es um die Strukturen des Katastrophenschutzes und die stabsmäßige Abarbeitung von Krisensituationen geht. Klärungsbedarf gibt es unter anderem noch dazu, wie bei einem Blackout mit der Bevölkerung und anderen Behörden kommuniziert werden kann.

    In einem ersten Schritt ging und geht es darum, die kritische Infrastruktur zu erfassen. Darunter fallen Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Kindergärten oder gewisse Betriebe. Sie wurden angeschrieben, um Fragen zu klären wie: Wer hält ohne Strom wie lange durch und benötigt wie schnell welche Hilfe? Wären Personen oder Sachwerte gefährdet? Wie wären die Einrichtungen erreichbar?

    Gemeinden verteilen demnächst Infoblätter an alle Haushalte

    In Aichach und den 16 Stadtteilen wurden laut Bürgermeister Klaus Habermann rund 300 Einrichtungen angeschrieben. Etwa zwei Drittel hätten geantwortet. Michael Sieber, früherer Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Aichach und Mitglied der Koordinierungsgruppe der Stadt, bat dringend, die Fragebögen ausgefüllt zurückzuschicken. Die Koordinierungsgruppe der Stadt ist so etwas wie die Aichacher Entsprechung zur Projektgruppe auf Landkreisebene; ihr gehören unter anderem Vertreter von Bauhof, Wasserwerk oder Feuerwehr an.

    Es lohnt sich, für Notfälle wie einen langen Stromausfall, einen Lebensmittelvorrat und Technik im Haus zu haben, die auch ohne Energie direkt aus der Steckdose funktioniert.
    Es lohnt sich, für Notfälle wie einen langen Stromausfall, einen Lebensmittelvorrat und Technik im Haus zu haben, die auch ohne Energie direkt aus der Steckdose funktioniert. Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild)

    In Aichach wurden wie in allen Städten und Gemeinden "Leuchttürme" bestimmt. Das sind Anlaufstellen, an denen es rund um die Uhr Informationen, Hilfe, eine Notstromversorgung sowie Kontakt zu den Leitstellen von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei geben soll. In den nächsten Wochen werden die Gemeinden laut Wolfgang Müller, Pressesprecher des Landratsamtes, Infoblätter an alle Haushalte verteilen. Darin enthalten sind die Adressen der "Leuchttürme", aber auch Tipps, wie jede und jeder selbst vorsorgen kann: etwa mit Getränke- und Essensvorräten, einem Grill oder Campingkocher, Verpflegung für Babys oder Haustiere. Peter riet auch zu Absprachen in den Familien. Etwa, wer zu wem kommt, wenn keine Verständigung über Handys mehr möglich ist.

    "Leuchttürme" sollen bis Ende 2024 konzipiert und ausgestattet sein

    Dem Projektgruppenleiter zufolge steht die Basis für die "Leuchttürme". Ihre weitere Ausstattung und die Personalplanung soll bis gegen Ende 2024 abgeschlossen sein. Die Stadt Aichach will für ihre 16 "Leuchttürme" unter anderem Vereine und Ortssprecher anschreiben. Sieber: "Die kennen die Infrastruktur und die Leute vor Ort." Mit Verwaltungspersonal alleine seien die "Leuchttürme" nicht besetzbar.

    Habermann machte deutlich, mit welchen Kosten die Ausrüstung für den Krisenfall verbunden ist: Rollcontainer für die "Leuchttürme" mit Kabeltrommeln, Lichtanlagen und anderer Ausstattung belaufen sich laut Ausschreibung auf 240.000 Euro, Stromerzeuger auf Anhängern für die Pumpanlagen auf 150.000 Euro. Am alten Rathaus und am neuen Verwaltungsgebäude sollen Einspeisequellen für Strom geschaffen werden. Auch der Landkreis investiert große Summen: Für rund vier Millionen Euro beschafft er vier Wechselladerfahrzeuge und 14 Abrollcontainer mit spezieller Ausrüstung. Zudem wolle man ein Katastrophenschutzzentrum einrichten, betonte Metzger. Wie berichtet, läuft die Grundstückssuche.

    Bürgermeister von Ried setzt bei Blackout auf Hilfe von Ehrenamtlichen

    Auch in Ried sind die Vorbereitungen im Gange. Hier setzt Bürgermeister Erwin Gerstlacher ebenfalls auf Ehrenamtliche. Mit zehn Leuten in der Verwaltung und ohne klassischen Bauhof seien die "Leuchttürme" in den zehn Ortsteilen nicht machbar. Er sprach von einem "extrem wichtigen Thema", das aber für seine kleine Kommune nicht einfach zu stemmen sei.

    Sieber bedauerte, der Katastrophenschutz sei 30 Jahre lang zu wenig beachtet worden. Trotz aller Vorbereitung könne die Stadt nicht alle Einrichtungen im Notfall mit allem versorgen, was sie bräuchten. Umso mehr sehe er es als Aufgabe, sie zu beraten, wie sie selbst für den Notfall vorsorgen könnten.

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