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Aichach-Friedberg: Nach dem Erdbeben sind Betroffenheit und Hilfsbereitschaft groß

Aichach-Friedberg

Nach dem Erdbeben sind Betroffenheit und Hilfsbereitschaft groß

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    Rettungskräfte und Angehörige suchen bis spät in die Nacht im türkischen Adana nach Überlebenden in den Trümmern von Gebäuden. Nach der Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist auch im Landkreis Aichach-Friedberg die Betroffenheit groß.
    Rettungskräfte und Angehörige suchen bis spät in die Nacht im türkischen Adana nach Überlebenden in den Trümmern von Gebäuden. Nach der Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist auch im Landkreis Aichach-Friedberg die Betroffenheit groß. Foto: Tolga Ildun, Zuma Press Wire, dpa

    Tolga Buldu hat zwei schlimme Tage und Nächte hinter sich. Ruhelos verfolgt er die Nachrichten aus der Erdbebenregion an der türkisch-syrischen Grenze. Er selbst hat Angehörige in Adana, einer der betroffenen Städte. Auch in seiner Verwandtschaft gibt es Tote zu beklagen. Um den Erdbebenopfern vor Ort zu helfen, starten er und ein Aichacher Geschäftsmann nun unter der Flagge der Humanitas Aichach eine Hilfsaktion. Ein erstes Treffen dazu wurde kurzfristig für den Dienstagabend anberaumt. 

    Die Organisatoren riefen alle, die mit eigenen Händen, Hilfsmitteln oder finanziell etwas beitragen können, zu einer Hilfsveranstaltung im Restaurant Istanbul im Aichacher Stadtteil Oberbernbach auf. Aufgrund der vielen Anmeldungen ging Oliver Heib am späten Dienstagnachmittag von über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus. Er betreibt einen Akku- und Batteriehandel in Aichach und ist wie Buldu in der Humanitas, einem gemeinnützigen Verein, aktiv. Heib ist dort nach eigenen Angaben seit vier Jahren Ausgabenkassenwart, Buldu seit etwa einem Jahr Mitglied des Beirats. 

    Kälte macht Erdbebenopfern und Rettern zu schaffen

    Heib sagt: "Wir brauchen ein vernünftiges Netzwerk." Ohne ein solches sei eine derartige Hilfsaktion nicht leistbar. Er hofft, dass durch das Treffen Ideen, Helferinnen und Helfer sowie Geld zusammenfänden. Die Zeit drängt. Denn zu den durch das Erdbeben verursachten Schäden kommt die Kälte. Sie behindert nicht nur die Rettungsarbeiten, sondern bedroht auch die Menschen, die kein sicheres Dach mehr über dem Kopf haben. Manche Städte sind Buldu zufolge regelrecht "von der Landkarte gelöscht". Anderswo dürfen die Menschen aufgrund der vielen Nachbeben selbst dann nicht in ihre Häuser zurück, wenn diese noch stehen oder zumindest teilweise erhalten sind. In türkischen Medien wird schon über möglicherweise mehr als 10.000 Tote spekuliert.

    Spenden für Erdbebenopfer

    Humanitas Aichach e.V.,Sparkasse Aichach, IBAN: DE 86 7205 1210 0000 0042 42 BIC: BYLADEM1AIC Verwendungszweck: Erdbebenhilfe Türkei / Syrien

    Caritasverband für die Diözese Augsburg e. V., Liga-Bank Regensburg IBAN: DE11 7509 0300 0000 1000 30 Swift-BIC: GENODEF1M05

    Heib sagt: "Wir müssen sofort etwas machen." Auch Buldu ist klar: "Wir können nicht alle retten. Aber wir können wenigstens etwas tun." Einfach zusehen könne er nicht. "Höchstwahrscheinlich" werde er mit ins Erdbebengebiet reisen, um dort selbst anzupacken. Bedarfslisten von vor Ort sollen sicherstellen, dass solche Hilfsgüter geliefert werden, die tatsächlich am dringendsten gebraucht werden.

    Türkeistämmige Gemeinschaft in Aichach-Friedberg unter Schock

    Stundenlang vor dem Fernseher sitzen, verzweifelt versuchen, Angehörige in der Erdbebenregion zu erreichen, Freunde fragen, wie es ihren Familien dort geht, überlegen, wann und wie man hinkommen, helfen kann: So geht es vielen türkeistämmigen Menschen gerade. Die Gemeinschaft steht unter Schock. Der Friedberger Ali Sürücu etwa will in ein paar Tagen los, am Telefon kann er am Dienstag kaum sprechen. Sein Cousin ist tot, dessen zwei Kinder liegen verletzt im Krankenhaus. 

    In Friedberg bündelt die Moschee in Friedberg-Süd die Hilfsaktionen. Am Dienstagabend treffe man sich dort, um die Unterstützung zu organisieren, aber auch um für die Opfer zu beten, sagt Ibrahim Mestanlaroglu vom Moschee-Verein. Auch ihm kommen die Tränen, wenn er von dem Leid in der Türkei berichtet. "Was wir jetzt sehen, ist nur ein Bruchteil von dem, was passiert ist", glaubt er. "Die Zahl der Toten wird viel, viel höher sein." Wie viele andere hat er bereits Geld gespendet, doch der Verein will auch Hilfsgüter sammeln. Zwei Lastwagen voll habe man damals, beim Istanbul-Erdbeben 1999, losgeschickt. 

    Verbleib vieler Verwandter und Freunde in Erdbebenregion ist ungewiss

    Und Hilfsgüter sind es, die die Menschen gerade am dringendsten benötigen, ist sich auch Melek Turan sicher. Ihre Familie stammt aus der Region Adiyaman, die Eltern leben dort. Eine Minute konnte sie kurz nach dem Beben mit ihnen telefonieren – sie sind in Sicherheit. Doch über viele andere Verwandte und Freunde herrscht nur Ungewissheit. Ihr Mann Ahmet Turan würde am liebsten sofort los, berichtet sie – doch auch Flughäfen und Straßen sind zerstört. Traditionell besucht sie Adiyaman im Frühling, es ist die schönste Jahreszeit dort. Doch dieser Frühling wird ein trauriger werden. 

    Adnan Fidan lebte viele Jahre in Mering und betrieb dort auch sein Fachgeschäft für Kernbohrungen, Sägen und Sprengen in Stahlbeton, Mauerwerk und Kryptonit. Er selbst stammt aus Bursa, einer Stadt in der Türkei, die nicht vom Erdbeben betroffen ist. "Einer meiner Mitarbeiter aus Mering ist aber direkt aus dem Erdbebengebiet und sein Elternhaus ist vollkommen zerstört", sagt Fidan. Schon kurz nachdem die Nachrichten vom Erdbeben Fidan erreicht hatten, begann er, Hilfsgüter zu sammeln. "Wir packen gerade Kisten mit Decken und Bekleidung", schildert der Unternehmer, der mittlerweile in Westheim im Landkreis Augsburg lebt. Ein Berufskollege aus München sei ebenfalls schon mit einem Trupp unterwegs in die Türkei, um bei der Bergung und beim Wiederaufbau zu helfen. 

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