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Aichach-Friedberg: Im Wittelsbacher Land fehlen unzählige Handwerker

Aichach-Friedberg

Im Wittelsbacher Land fehlen unzählige Handwerker

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    Michael Schweighofer wünscht sich, dass der Handwerker-Beruf wieder mehr geschätzt wird.
    Michael Schweighofer wünscht sich, dass der Handwerker-Beruf wieder mehr geschätzt wird. Foto: Evelin Grauer

    Maurer, Bodenleger, Heizungsbauer, Elektriker, Spengler, aber auch Metzger und Bäcker: Im Wittelsbacher Land werden dringend Handwerker gesucht. Manche Firmen sind sogar bereit, auch längst nach Beginn des Ausbildungsjahres im September noch Lehrlinge einzustellen. Die Bundesregierung hat jetzt eine Offensive gegen den Handwerker-Mangel angekündigt. Bis 2026 sollen insgesamt rund 750 Millionen Euro investiert werden, um mehr Mitarbeiter zu gewinnen. Bei Handwerkern im Landkreis löst dies Zustimmung, aber auch Skepsis aus. 

    Kreishandwerksmeister Robert Höck begrüßt die Initiative des Bundes. Genauso freut er sich darüber, dass die Bayerische Staatsregierung mit dem Schuljahr 2022/2023 einen verpflichtenden "Tag des Handwerks" an weiterführenden Schulen im Freistaat eingeführt hat. An diesem können die Schülerinnen und Schüler Handwerksberufe näher kennenlernen und Betriebe besuchen. Laut Handwerkspräsident Jörg Dittrich fehlten in ganz Deutschland 250.000 Fachkräfte im Handwerk - Tendenz steigend. Werde nicht gegengesteuert, befürchtet er noch längere Wartezeiten auf Handwerker und - für manche Bürger - unerschwingliche Preise. Das sagte er der Bild am Sonntag

    Friedberger wirbt an Schulen um Azubis

    Robert Höck, Inhaber des Familienunternehmens Metallbau Höck in Friedberg, ist sich sicher, dass neue Auszubildende am besten an den Schulen und über Ausbildungsmessen gewonnen werden können. Da er auch im Rahmen des Projekts "Karriere im Handwerk" viel an Schulen unterwegs ist, hat sein Unternehmen zwar keine Probleme mit dem Nachwuchs, er kennt aber viele Handwerkskollegen, die dringend Azubis und Fachkräfte suchen. Besonders betroffen ist das Baugewerbe. 

    Michael Schweighofer leitet die Schweighofer GmbH, einen Heizungs- und Sanitärbetrieb in Aichach mit zwölf Mitarbeitern. Er würde zwar gerne neue Mitarbeiter einstellen, hat aber schon viele schlechte Erfahrungen gemacht. Nach Angaben des 45-Jährigen gebe es viele junge Leute, die nicht bereit seien, abends mal länger oder mal am Samstag zu arbeiten. Außerdem wollten alle im Sommer Urlaub haben. Warum das nicht geht, erklärt Schweighofer an einem Beispiel: "Wann werden die Toiletten in einer Schule am besten saniert? In den Sommerferien."

    Wertschätzung fürs Handwerk muss steigen

    Michael Schweighofer glaubt nicht, dass die Millionen-Offensive des Bundes Wirkung zeigen wird. Es liege in erster Linie nicht am Geld, dass es zu wenig Handwerker gebe, sondern an der Einstellung großer Teile der Gesellschaft. Der Handwerksberuf müsse wieder an Wertschätzung gewinnen und Kinder müssten von klein auf vermittelt bekommen, wie wichtig und unverzichtbar diese Berufe seien. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Sonderleistungen wie zusätzliche freie Tage, kostenloses Mittagessen oder Handyverträge anzulocken, hält er für den völlig falschen Weg. "Der Azubi muss von sich aus kommen", sagt er. Einen Betrieb, der mehr biete, gebe es immer irgendwo. 

    Monika Treutler-Walle ist Pressesprecherin der Handwerkskammer für Schwaben. Auf Anfrage unserer Redaktion berichtet sie, dass im Landkreis Aichach-Friedberg im Herbst etwa 290 Ausbildungsverträge im Handwerk abgeschlossen wurden. Das sei ein Rückgang von rund zehn Prozent im Vergleich zu 2021. Dennoch könnten sich gerade lange Wartezeiten beim Bau und Ausbau laut Treutler-Walle künftig wieder verringern. "Der Bau wird, so die Prognosen, wohl 2023 an Fahrt verlieren und eine gewisse Entspannung wird eintreten", erklärt sie. 

    Friedberger Bäcker sucht Personal

    Eine bessere personelle Ausstattung erhofft sich laut Handwerkskammer auch die Stadtbäckerei Scharold aus Friedberg, die unter anderem Filialen in Aichach, Hollenbach, Sielenbach, Kissing und Mering betreibt. Die Firma sucht aktuell noch Auszubildende und würde auch im laufenden Ausbildungsjahr noch Azubis in den Bereichen Bäcker, Konditor und Fachverkauf im Lebensmittelhandwerk einstellen. 

    Generell bleibt die Arbeitsmarktsituation im Wittelsbacher Land stabil. Wie die Bundesagentur für Arbeit in Augsburg am Dienstag mitteilte, stieg die Arbeitslosenquote von November auf Dezember 2022 nur leicht von 2,3 auf 2,4 Prozent. Sie liegt damit weiterhin im Korridor der Vollbeschäftigung. Im Landkreis Aichach-Friedberg waren im Dezember 1897 Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind 77 Arbeitslose mehr als vor einem Monat und 180 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr. Laut Arbeitsagentur sinkt die Zahl der offenen Stellen jedoch fortwährend. Das liege daran, dass "die Firmen trotz langer Suche doch kein für sie geeignetes Personal" fänden und die Stellensuche über die Agentur dann wieder aufgäben. (mit dpa)

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