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Aichach-Friedberg: Im Landkreis Aichach-Friedberg gibt es viel zu wenige Kurzzeitpflegeplätze

Aichach-Friedberg

Im Landkreis Aichach-Friedberg gibt es viel zu wenige Kurzzeitpflegeplätze

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    Kurzzeitpflegeplätze sind im Landkreis Aichach-Friedberg rar.
    Kurzzeitpflegeplätze sind im Landkreis Aichach-Friedberg rar. Foto: Markus Scholz, dpa (Symbolbild)

    Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage zum Thema Kurzzeitpflege (Kupf) geht im Landkreis Aichach-Friedberg, Bayern und im gesamten Bundesgebiet immer weiter auseinander. Eine Verbesserung ist nicht in Sicht. Um darüber und mögliche Lösungen zu diskutieren, hat der Seniorenbeirat der Stadt Aichach mehrere Vertreter des Bayerischen Landtags, Vertreter der Kommunalpolitik und der Pflegeeinrichtungen eingeladen. Die Diskussion war lang und intensiv, doch kurz- oder mittelfristige Lösungen gab es kaum. Letztlich drehten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei den drei Hauptthemen – Finanzierung, politische Verantwortung und Personalmangel – immer wieder im Kreis. 

    Insgesamt gibt es nur 24 Kurzzeitpflegeplätze in Aichach-Friedberg

    Zu der Diskussion eingeladen hatte Harald Räder, Vorstandsmitglied des Seniorenbeirats, der die Runde eröffnete. Er zeichnete ein problematisches Bild von der derzeitigen Situation in Bayern und im Landkreis Aichach-Friedberg. Eine Studie des bayerischen Gesundheitsministeriums ergab, dass es Ende 2018 in Bayern 635 für Kurzzeitpflege fest reservierte Pflegeplätze gab. Der prognostizierte Bedarf wird bis 2019 auf fünfmal so viele Plätze steigen. Für den Landkreis Aichach-Friedberg wird in dieser Studie festgestellt: Das Angebot ist bei Weitem nicht ausreichend. 

    Grundsätzlich unterscheidet man zwischen solitärer Kurzzeitpflege, also Betten in eigenständigen Einrichtungen, die ausschließlich Insgesamt können im Landkreis Aichach-Friedberg nur rund 24 Betten mit Kurzzeitpflegepatienten belegt werden. 

    Ingrid Hafner-Eichner, Leiterin des Sachgebiets Senioren, Pflege und Menschen mit Behinderung im Landratsamt Aichach-Friedberg, wies auf den Personalmangel hin.
    Ingrid Hafner-Eichner, Leiterin des Sachgebiets Senioren, Pflege und Menschen mit Behinderung im Landratsamt Aichach-Friedberg, wies auf den Personalmangel hin. Foto: Thomas Weinmueller

    Zum Vergleich: Vollzeitpflegeplätze gibt es laut Hafner-Eichner im Kreis insgesamt 981, von denen allerdings aufgrund des eklatanten Personalmangels nur 925 Plätze belegt werden können. Für die Pflege allgemein werden dringend mehr Fachkräfte benötigt. Zwar gibt es bereits Arbeitskreise im Landkreis, um Pflegekräfte und Auszubildende zu gewinnen, doch messbare Erfolge werden sich wohl erst in einigen Jahren zeigen. Hafner-Eichner und Simone Strohmayr (SPD), Mitglied des Landtags, schlugen vor, dass man Asylsuchenden im Landkreis ohne abschließenden oder bedingten Aufenthaltstitel eine Arbeitserlaubnis erteilen und den Pflegeberuf schmackhaft machen sollte. Strohmayr berichtete etwa von einer Mutter in einer Asylunterkunft in Gersthofen, die ausgebildete OP-Schwester und seit acht Jahren hier ist, doch aufgrund ihres Aufenthaltsstatus keine Arbeitsgenehmigung erhält – und das, obwohl ihr Berufsbild dringend gebraucht wird. 

    Finanzielle Belastung für Angehörige steigt immer weiter

    Grundlage für die Erhöhung der Kurzzeitpflegeplätze ist aber letztlich eine belastbare Finanzierung, wie Sebastian Hartmann, Geschäftsführer der ambulanten Pflege des Caritasverband Aichach erklärte: "Solange sich die Länder, Bund und Pflegeversicherung nur immer den Ball hin- und herschmeißen, können wir uns noch so sehr um Projekte und Ideen bemühen, die aber letztlich nicht realisiert werden können." Einig waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer darüber, dass es inakzeptabel sei, dass es für ältere Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg Deutschland wieder aufgebaut haben, nun kein Geld gebe, um eine menschenwürdige Pflege flächendeckend zu ermöglichen. 

    Dies brachte Peter Tomaschko (CSU) "auf die Palme": Vor einem Jahr habe das Land eine gute Finanzierung auf dem Weg gebracht, aber letztlich sei das an der Umsetzung im Bund gescheitert. Tomaschko sieht die finanzielle Hauptverantwortung beim Bund. Er ist sich sicher, dass der Freistaat mit dem jährlichen Landespflegegeld von 1000 Euro und der finanziellen Ausrichtung im bayerischen Staatshaushalt gut aufgestellt sei – auch, wenn das nicht ausreiche, um mit großen Schritten die Situation zu verbessern.

    Christina Haubrich, Mitglied des Landtags vom Bündnis 90/Die Grünen, forderte, neue Ideen und Innovationen im Rahmen von Projekten zu entwickeln. Bei finanzieller Machbarkeit könne man diese dann priorisiert umsetzen. Eine landkreis- und länderübergreifende Plattform von freien Kurzzeitpflegeplätzen hält sie ebenfalls für sinnvoll. Auch solle sich die Politik mit den Verantwortlichen von Baden-Württemberg austauschen, die das Programm "Pflege 2030" ausgearbeitet haben. 

    Johann Eberle von der Bürgerspitalstiftung in Aichach hat wenig Hoffnung, dass sich die Situation bald verbessert.
    Johann Eberle von der Bürgerspitalstiftung in Aichach hat wenig Hoffnung, dass sich die Situation bald verbessert. Foto: Thomas Weinmueller

    Johann Eberle, Einrichtungsleiter des Alten- und Pflegeheims der Bürgerspitalstiftung in Aichach, hat grundsätzlich wenig Hoffnung, dass sich die Situation in Aichach, dem Landkreis und in der gesamten Republik schnell und entscheidend verbessern wird. Der Eigenanteil an den Pflegekosten erhöhe sich von Jahr zu Jahr. Während die Pflegeversicherung nur bis zu einem Betrag von 2000 Euro absichert, steigen die Kosten für Personal, Infrastruktur und Lebensunterhalt ständig weiter. "Das wird auf den Schultern der pflegenden Angehörigen ausgetragen", sagte Eberle. 

    Neben all den bereits angesprochenen Themen kommt laut Lolita Höpflinger, Einrichtungsleiterin des Seniorenheims Haus an der Paar in Aichach auch noch der Bürokratismus dazu. Konkret bemängelte sie die lange Bearbeitung von Förder- und Sozialhilfeanträgen. Den unermüdlichen Einsatz der beschäftigten Kräfte lobte sie, aber man müsse in Zukunft vermutlich noch viel mehr auf die "Work-Life-Balance" der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter achten. Zusätzlich verschärft wird die Situation durch die Probleme bei der hausärztlichen Kurzzeitpflege, wie Andrea Neukäufer, Einrichtungsleiterin des Pflegezentrum St. Hildegard in Pöttmes, erklärte. Viele Ärzte machten keine Hausbesuche mehr, sodass Patienten oft über 20 Kilometer und mehr zu den Hausarztpraxen transportiert werden müssten. Man müsse sich überlegen, ob und wie viele

    Für die Sozialdienste an den Krankenhäusern sorgt der Mangel an Kupf-Plätzen für große Herausforderungen. Monika Engl und Kerstin Rosner von den Kliniken an der Paar schilderten, wie aufwendig die Suche nach einer Pflegeeinrichtung oder einem ambulanten Pflegedienst ist, wenn Personen entlassen werden sollen, die noch nicht direkt wieder nach Hause können. "Es gehört schon immer sehr viel Glück dazu, dass schnell eine passende Versorgung gefunden wird."

    Die Mitglieder des Seniorenbeirates lauschten gespannt der Diskussion der Kurzzeitpflege von Politik und Vertretern der Einrichtungen im Landkreis 
Aichach-Friedberg.
    Die Mitglieder des Seniorenbeirates lauschten gespannt der Diskussion der Kurzzeitpflege von Politik und Vertretern der Einrichtungen im Landkreis Aichach-Friedberg. Foto: Thomas Weinmueller

    Die Teilnehmer der Diskussion "Ist die Kurzeitpflege in Aichach noch zu retten":

    • Leiter der Diskussion: Winfried Karg, Journalist und Unternehmenssprecher von "Go-Ahead Bayern"
    • Dr. Harald Räder, Vorstandsmitglied Seniorenbeirat Aichach
    • Klaus Habermann, SPD, Bürgermeister der Stadt Aichach
    • Simone Strohmayr, SPD, Mitglied des Landtags
    • Christine Haubrich, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied des Landtags
    • Peter Tomaschko, CSU, Mitglied des Landtags
    • Ingrid Hafner-Eichner, Leiterin des Sachgebiets Senioren, Pflege und Menschen mit Behinderung im Landratsamt Aichach-Friedberg
    • Andrea Neukäufer, Einrichtungsleiterin des Pflegezentrums St. Hildegard in Pöttmes
    • Sebastian Hartmann, Geschäftsführer der ambulanten Pflege der Caritas Aichach und des Pflegezentrums in Pöttmes
    • Lolita Höpflinger, Einrichtungsleiterin des Seniorenheims Haus an der Paar in Aichach
    • Monika Engl und Kerstin Rosner, Sozialdienst der Kliniken an der Paar
    • Johann Eberle, Einrichtungsleiter des Alten-u. Pflegeheims der Bürgerspitalstiftung in Aichach.
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