Er war einer der führenden Köpfe in der Zeit der Müllproteste im Wittelsbacher Land. Bernd Lassel engagierte sich in Bürgerinitiativen und der Kommunalpolitik, war erfolgreicher Rinder- und Pferdezüchter und generell ein streitbarer Mensch. Jetzt ist der frühere Kreisrat im Alter von 72 Jahren im Landkreis Augsburg gestorben, nur neun Tage nach seiner Frau Elvira.
Die späten Siebziger, vor allem die Achtzigerjahre und die frühen Neunziger waren eine müllbewegte Zeit im Landkreis Aichach-Friedberg. Die Proteste der Bürgerinnen und Bürger richteten sich gegen die Müllberge bei Gallenbach, gegen die Augsburger Müllverbrennungsanlage, gegen eine am Gumppenberg bei Pöttmes drohende Kreismülldeponie und gegen eine an drei möglichen Standorten im Kreis (Pöttmes-Mandlach, Inchenhofen, Steindorf-Eresried) angedachte Schlackendeponie. Gleichzeitig bemühten sich viele Menschen um Müllvermeidung, ein besseres Müllkonzept, Recycling und Wertstoffsammelstellen. Die Grundlage für das heutige Müllsystem.
Lassel lebte damals mit seiner Familie in Taiting (Gemeinde Dasing) auf Sichtweite zu den beiden ungeliebten Müll-Zwillingen am Gallenbacher Berg auf der anderen Paarseite. Er gründete mit dem Ehepaar Ortrud und Klaus Lueg und einigen Mitstreitern eine Bürgerinitiative gegen den Giftmüll vor ihrer Haustüre. Über die Hausmüll-Deponie von Paul Mannert, den sogenannten „Monte Mannert“, und die benachbarte Sondermülldeponie wurde unter Federführung von Hans-Christian Müller ein Film gedreht, mit dem Lassel später durch die Gemeinden des Wittelsbacher Landes zog. Titel: „Ein Berg furzt.“ Das Gift im Müllberg blubberte vor sich hin, erinnerte sich Lassel vor einigen Jahren gegenüber unserer Redaktion, als wir auf die Müllproteste zurückblickten: „Uns ging es damals darum, Betroffenheit herzustellen und die Leute, die weiter weg von Gallenbach wohnten, aus ihrer Lethargie herauszureißen.“
Dies wurde geschafft, auch weil im Laufe der Jahre immer mehr Standorte für Deponien ins Gespräch kamen. Weitere Bürgerinitiativen (BI) gründeten sich. Der Protest schwoll an, eine Protestkapelle wurde über Nacht im Roßmoos bei Leahad hochgemauert und gleich kirchlich geweiht. Höhepunkt war ein Hüttendorf bei Mandlach, das vor 31 Jahren von zwei Hundertschaften der Polizei geräumt wurde.
Lassel war damals schon, wie Sepp Bichler (Unabhängige) und andere aus der BI-Bewegung, in der Kreispolitik angekommen und versuchte von dort aus, die Müll-Entscheidungen zu beeinflussen. Die Diskussionen im Blauen Palais wurden von allen Seiten unwahrscheinlich engagiert und emotional geführt, erinnern sich Beobachter an diese Zeiten. Lassel war von 1990 bis 2002 für die Freien Wähler im Kreistag und verzichtete dann auf eine weitere Kandidatur. Er war zuvor Fraktionschef und trat für die FW auch für den Landtag an.
Lassel züchtete erfolgreich Welshponys
Vor einem Vierteljahrhundert zog Lassel mit seiner Familie auf einen Bauernhof im kleinen Pöttmeser Ortsteil Ebenried. Beruflich vertrieb er medizinische Ausstattungen und Geräte für Kliniken. Auf seiner Hofstelle züchtete er dazu zunächst Galloway-Rinder und dann zusammen mit seiner Frau und den beiden Töchtern sehr erfolgreich Welshponys. Die Zucht auf dem Akazienhof galt unter Fachleuten als eine der besten in Deutschland. Die Ponys aus Ebenried heimsten auf Landes- und Bundesebene Auszeichnungen bei Schauen ein.
Aus dem öffentlichen Leben hatte sich Lassel weitestgehend zurückgezogen. Das änderte sich, als Pläne für eine Windkraftnutzung im Ebenrieder Forst bekannt wurden. Der in Sachen Bürgerprotest erfahrene Lassel war einer der Sprecher der Initiative „Miteinand’ fürs Pöttmeser Land“, die sich gegen die geplanten Windräder wendete. Vor drei Jahren verließen die Lassels Ebenried und das Wittelsbacher Land und ließen sich in Konradshofen östlich von Schwabmünchen im Kreis Augsburg nieder.
Trauerfeier: Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung von Elvira und Bernd Lassel findet am Freitag, 2. August, um 10 Uhr im Naturfriedhof in Markt Wald (Landkreis Unterallgäu) statt.
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