Startseite
Icon Pfeil nach unten
Aichach
Icon Pfeil nach unten

Aichach-Friedberg: Die Strabs will keiner zurück - doch nicht jeder ist zufrieden

Aichach-Friedberg

Die Strabs will keiner zurück - doch nicht jeder ist zufrieden

    • |
    Die Fuggerstraße in Klingen 2015 während der Baumaßnahme. Ursprünglich sollten die Anlieger an den Kosten für den Gehweg beteiligt werden. Doch der Freistaat schaffte die Strabs ab.
    Die Fuggerstraße in Klingen 2015 während der Baumaßnahme. Ursprünglich sollten die Anlieger an den Kosten für den Gehweg beteiligt werden. Doch der Freistaat schaffte die Strabs ab. Foto: Erich Echter (Archivbild)

    Anlieger müssen nicht mehr zahlen, wenn die Straße vor ihrem Haus ausgebaut wird. Seit 1. Januar 2018 ist die, kurz 'Strabs' genannte, Straßenausbaubeitragssatzung Geschichte. Der Freistaat entschädigt nun die Gemeinden für die verloren gegangenen Einnahmen. Es fließt tatsächlich mehr Geld aus München in die Kassen der hiesigen Gemeinden, als ihnen zuvor die Strabs eingebracht hatte. Zufrieden aber sind trotzdem nicht alle.

    Die Marktgemeinde Aindling ist zufrieden mit dem Strabs-Ersatz

    In Aindling geht die Rechnung recht gut auf. Das zeigt eine Aufstellung von Andreas Grägel von der Finanzverwaltung der Verwaltungsgemeinschaft (VG). Die Marktgemeinde nahm in den letzten zehn Jahren vor Abschaffung der Strabs durchschnittlich 27.000 Euro ein. Vom Freistaat bekommt sie nun im Schnitt 40.000 Euro jährlich und damit deutlich mehr als zuvor. Ähnlich ist das Bild bei den VG-Mitgliedsgemeinden. Petersdorf bekommt nun im Schnitt 17.000 Euro, über die Strabs waren es zuletzt durchschnittlich nur 3000 Euro gewesen. Bei Todtenweis stehen nun 15.000 Euro den früheren 5000 Euro gegenüber.

    CSU-Landtagsabgeordneter Peter Tomaschko jedenfalls ist zufrieden mit den Geldern, die in den Landkreis fließen. Der Freistaat stelle den Kommunen "weit mehr Geld zur Verfügung", als diese zuletzt von ihren Bürgern erhoben hätten. Und von den Bürgern sei nun die unmittelbare Belastung weg.

    Die Strabs und ihre Abschaffung

    Die Satzung Die kurz Strabs genannte Straßenausbaubeitragssatzung war ein Instrument der Kommunen, mit dem sie Grundstückseigentümer bei der Sanierung anliegender Straßen, Wege oder Beleuchtung finanziell zur Kasse bitten konnten. Je nachdem, ob es sich um eine Anlieger- oder eine Hauptverkehrsstraße handelte, mussten die Anlieger mehr oder weniger Geld beisteuern.

    Die Abschaffung Die Satzung schaffte der Bayerische Landtag vor der Landtagswahl im Sommer 2018 rückwirkend zum 1. Januar 2018 ab - auf massives Betreiben der Freien Wähler hin, die ein Volksbegehren initiiert hatten.

    Der Ausgleich Der Freistaat gleicht die Ausfälle der Kommunen für damals bereits gestartete oder fertige, aber noch nicht abgerechnete Straßenausbauten aus. Außerdem führte er Straßenausbaupauschalen ein. Diese erhielten zunächst nur Gemeinden, die eine "Strabs" hatten, seit 2020 alle Kommunen. Grundlage der Berechnung sind 55 Millionen Euro, die die Kommunen im Schnitt der vergangenen zehn Jahre vor der Strabs-Abschaffung eingenommen hatten. Konkret zahlte der Freistaat im Jahr 2019 35 Millionen Euro, ein Jahr später 85 und in diesem Jahr 135 Millionen Euro aus.

    Der Ausgleich im Landkreis Nach Angaben von CSU-Landtagsabgeordnetem Peter Tomaschko nahmen die Gemeinden im Landkreis zwischen 2008 und 2017 durchschnittlich rund 493.000 Euro über die Strabs ein. Sie erhielten vom Freistaat als Ausgleich 425.000 Euro im Jahr 2019, rund 894.000 Euro 2020 und in diesem Jahr 1,45 Millionen Euro. (jca)

    Ganz anders ist die Lage in der Marktgemeinde Mering. Stellvertretende Bauamtsleiterin Sandra Hutschenreiter berichtet, dass sich dadurch die "gemeindliche Finanzsituation extrem verschlechtert" habe. Zuvor habe

    Mering war finanziell mit der Strabs besser dran

    Doch warum kommt Mering so schlecht weg? Nach Einschätzung Hutschenreiters liegt das an drei bis vier Ausbaumaßnahmen, die die Marktgemeinde in den Jahren vor der Strabs-Abschaffung durchgezogen hat. Damit sei sie genau in die Umbruchsphase gefallen, "deshalb trifft's uns". Bürgermeister Mayer hält die Berechnungsgrundlage deshalb für nicht optimal. Auch die Übergangsphase ist aus seiner Sicht "nicht gut gestaltet" worden. Noch heute schwelt der Streit über die Ausbaubeiträge in der Meringerzeller Straße, die kurz vor Abschaffung der Strabs den Bürgern in Rechnung gestellt worden sind. Einen ähnlichen Fall gibt es im Pöttmeser Ortsteil Wiesenbach. Dort geht es um Kosten für den Gehweg an der Ortsdurchfahrt.

    Strabs-Ausgleich: Tomaschko rät Gemeinden zu Geduld

    Bei Mayer, selbst CSU-Mitglied, hat sich Frust angesammelt. Denn er sieht Gemeinden mit einer schlechten Finanzlage wie Mering nicht nur bei der Strabs benachteiligt, sondern beispielsweise auch bei den Corona-Ausgleichszahlungen. Wer wenig Gewerbesteuern einnehme, wie Mering, habe auch wenig ersetzt bekommen. "Die gesetzlichen Verpflichtungen werden immer mehr, die finanziellen Mittel jedoch nicht", kritisiert der Meringer Bürgermeister auch mit Blick auf die Anforderungen in Sachen Kinderbetreuung.

    Im Fall der Strabs rät der CSU-Landtagsabgeordnete Gemeinden zu Geduld. Ab 2022 werden die Ausgleichszahlungen neu berechnet. Sie richten sich dann nach der besiedelten Fläche. Kommunen mit mehr Siedlungsfläche wie Mering würden dann profitieren, so Tomaschko. Solchen Kommunen sage er: "Schaut's auf den Zeitraum, dann wird sich das auch ausgleichen."

    In Aichach ist die Strabs noch nie zur Anwendung gekommen

    Die Stadt Aichach muss erst gar nicht auf einen Ausgleich hoffen. Sie hatte nie Strabs-Einnahmen, weil die Satzung spät eingeführt wurde. Bevor es zur ersten Abrechnung beim Ausbau der Fuggerstraße in Klingen kam, war die Satzung abgeschafft. Geld soll Auch in Affing und Baar kam die Satzung nie zur Anwendung. Steindorf hatte erst gar keine. Affing erhält in diesem Jahr übrigens 22.000 Euro Straßenausbaupauschale vom Freistaat.

    Gemeindetag: Die pauschale Zahlung als Strabs-Ausgleich ist nicht gerecht

    Dass alle Kommunen pauschal Geld bekommen, ist aus der Sicht des Bayerischen Gemeindetages nicht ganz gerecht. Diejenigen, die niemals Ausbaubeiträge erhoben hätten, seien die Gewinner, die anderen die Verlierer, "weil die jährliche Pauschale nicht annähernd den Anliegeranteil beim Ausbau einer Straße deckt", sagt Pressesprecher Wilfried Schober. Da müssten die Gemeinden schon sehr lange sparen. Schober findet deshalb: "Von einem Ausgleich über einen längeren Zeitraum kann man wohl nicht sprechen." Das sei ein Wunschdenken Tomaschkos. Gleichwohl betont auch der Pressesprecher, dass die Gelder des Freistaates höher liegen als die früheren Ausbaubeiträge. Und: "Die Pauschale ist immer noch besser als gar nichts." Wäre die Strabs durch ein Volksbegehren abgeschafft worden, wären die Ausbaubeiträge ersatzlos entfallen.

    So oder so geht Sandra Hutschenreiter in Mering davon aus, dass Gemeinden nun weniger Straßen ausbauen werden, zumal auch die Kosten stetig steigen. In einem Punkt herrscht allgemeine Einigkeit: Die Strabs will keiner zurück. "Wir sind froh, dass wir die los sind", sagt Bürgermeister Mayer. Und Tomaschko verweist auf den enormen Verwaltungsaufwand, der den Gemeinden nun erspart bleibt. Ganz abgesehen vom stets programmierten Ärger mit den Bürgern, wenn ihnen die Bescheide ins Haus flatterten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden