Über den Landkreis Aichach-Friedberg wie auch die ganze Region rollt derzeit eine Hitzewelle. Bis zu 35 Grad können es in Aichach, laut Wetterprognosen, am Mittwoch, 20. Juli, werden. Auch zuletzt sind die Temperaturen an manchen Tagen weit über die 30-Grad-Marke gestiegen. Immer häufiger steigt die Temperatur im Wittelsbacher Land über 30, wie die Daten aus einer gemeinsamen Recherche von Correctiv.Lokal, Zeit Online und unserer Redaktion zeigen. Besonders für ältere und kranke Menschen kann das gefährlich werden, aber auch für Säuglinge und Kleinkinder.
Hitzewelle: Hohe Temperaturen sind vor allem für ältere Menschen gefährlich
Zwischen 1961 und 1990 gab es durchschnittlich 4,2 Hitzetage mit Temperaturen über 30 Grad im Landkreis Aichach-Friedberg. In den Jahren 1991 bis 2020 waren es dagegen 9,2 - ein Anstieg um 117 Prozent. Diese Entwicklung wird sich laut Experten auch weiter fortsetzen. Insbesondere ältere und vorerkrankte Menschen reagieren auf derart hohe Temperaturen mit Kreislaufschwierigkeiten, erklärt Dr. Andreas Ullmann. "Die Herzbelastung ist in vielen Fällen einfach zu groß", sagt der Facharzt für Allgemeinmedizin und Geschäftsführer des Zentrums für Allgemeinmedizin in Aichach. Auch für Säuglinge und Kleinkinder können die Temperaturen sehr gefährlich werden: "Bei ihnen ist einerseits die Temperaturregelung noch nicht so gut ausgeprägt, aber auch die Kompensationsmöglichkeiten sind begrenzt."
In der Senioreneinrichtung Sonnengarten in Pöttmes haben sich die Beschäftigten deshalb einiges für die Bewohnerinnen und Bewohner überlegt. "Es gibt Fußbäder mit kühlenden Essenzen und Blüten, Ausflüge in den Wald, Eiskaffee oder selbst gemachten Eistee", erzählt Pflegedienstleitung Yvonne Züchner. Für die Einrichtung gehöre ein besonnener Umgang bei hohen Temperaturen zum Alltag. Insbesondere das Thema Trinken sei aber ganzjährig präsent: "Insbesondere bei Menschen mit Demenzerkrankung ist das Trinken immer problematisch", sagt Züchner. Abhilfe schafft der Sonnengarten mit Getränkerunden zu festen Zeiten, in denen gemeinsam getrunken wird - manchmal auch zu Volksfestmusik. "Wir kennen aber auch die Leute, bei denen es besonders problematisch ist."
Aber auch die Schulen nehmen Rücksicht auf die hohen Temperaturen - auch, wenn es in der Regel kein Hitzefrei mehr gibt. "Das ist eigentlich kein Thema mehr, weil viele Kinder ja eine ganztägige Betreuung haben und die Eltern darauf angewiesen sind beziehungsweise ein Recht auf zuverlässige Betreuungszeiten haben", sagt Brigitte Beck, Schulleiterin der Grund- und Mittelschule Aindling. Dafür gebe es an solchen Tagen keine zusätzlichen Hausaufgaben für die Kinder. "Das wird dann in den Vormittagsunterricht integriert, damit die Kinder dann nach Schulschluss wirklich fertig mit 'Schule' sind." Ein Teil der Räume sei mit einem Lüftungssystem gut gegen Hitze geschützt, andere wiederum weniger. Deshalb sei bei sehr hohen Temperaturen auch die Kreativität der Lehrkräfte gefragt. "Man kann etwa den Unterricht unter Umständen nach draußen in Schattenplätze verlegen oder Aktionen, Projekte und Ausflüge machen. Das ist während der letzten beiden Jahre ohnehin viel zu kurz gekommen", schlägt sie vor.
Auch für die Ernte ist die Hitze problematisch
Doch nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Ernte ist die Hitze problematisch. Die Landwirtinnen und Landwirte blicken deshalb sorgenvoll auf die nächsten Wochen. "Unsere Pflanzen sind ausgerichtet auf ein gemäßigtes Klima", erklärt der neue Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands Wolfgang Teifelhart. "Für Raps und Dinkel ist es bereits gelaufen und die Erträge sind durch die vergangene Trockenheit geringer ausgefallen." Der 57 Jahre alte Landwirt betreibt im Merchinger Ortsteil Brunnen einen Hof mit Schweinezucht, Ackerbau und Biogasanlage. Auch für den Weizen rechnet er mit Ertragsverlusten. "Die Hitze sorgt dafür, dass das Korn vorzeitig abreift", erklärt Teifelhart. Während die Landwirte vom Wettergott abhängig sind, können die Menschen aber auch selbst etwas gegen die Hitze tun.
Allgemeinarzt Dr. Andreas Ullmann hat eine klare Empfehlung: "Man muss den hohen Temperaturen aus dem Weg gehen." Das gelte auch für jüngere Menschen. "Bei ihnen sehen wir öfter Hitzschläge, weil sie eben trotzdem rausgehen." Mittags und nachmittags solle man sich lieber drinnen aufhalten und insbesondere draußen keinen Sport machen. Wer trotzdem rausmuss, soll sich mit Sonnencreme schützen, viel trinken und eher leicht essen - und für Abkühlung sorgen.
Im Freibad in Aichach und in der Eisdiele "Eis da Luca" in Aichach sind sie deshalb auf die Gäste vorbereitet. "Es ist aktuell viel los", sagt etwa Bademeisterin Sophie Festl. Am Wochenende unterstützen ehrenamtliche Wasserwachtler bei der Badeaufsicht. Altoé Luca, Inhaber des Eiscafés am Aichacher Stadtplatz, hat die Produktion schon angekurbelt. "Ich schaue immer nach dem Wetter", erklärt er. Denn wenn es warm ist, wird auch mehr Eis gegessen, vor allem Fruchteis. Bei sehr hohen Temperaturen kommen die Gäste allerdings erst in den späten Nachmittagsstunden. "Davor ist es vielen sogar zum Eisessen zu warm."
Die Daten zu den Hitzetagen in diesem Artikel sind in einer Kooperation von Zeit Online, der Augsburger Allgemeinen und Correctiv.Lokal entstanden. Das Netzwerk recherchiert zu verschiedenen Themen und berichtet unter correctiv.org/klima langfristig über die Klimakrise. Weitere Informationen zu Hitze in Deutschland: zeit.de/hitzetote