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Aichach-Friedberg: Bauern, Spediteure, Handwerker: Das fordern Demonstranten im Landkreis

Aichach-Friedberg

Bauern, Spediteure, Handwerker: Das fordern Demonstranten im Landkreis

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    Betonmischer, Traktoren und Lkw-Zugmaschinen sind nur einige der knapp 800 Fahrzeuge, die am Montag Landkreis Aichach-Friedberg unterwegs sind.
    Betonmischer, Traktoren und Lkw-Zugmaschinen sind nur einige der knapp 800 Fahrzeuge, die am Montag Landkreis Aichach-Friedberg unterwegs sind. Foto: Katharina Wachinger

    Die Außentemperatur ist – gelinde gesagt – ähnlich frostig wie die Stimmung im Land, als sich am Montagmorgen Landwirte, Spediteure, andere Fuhrunternehmer und auch eine beträchtliche Anzahl Privatpersonen im Aichacher Ortsteil Ecknach versammeln. Minus vier Grad Celsius zeigt das Thermometer an. Patrick Blum stört das nicht: "Ich bin seit kurz nach 6 Uhr hier", sagt der hauptberufliche Elektriker, der nebenbei für eine Spedition fährt. Er ist einer von knapp 1500 Menschen, die sich an diesem Montagmorgen mit ihren Traktoren, Lastwagen, Transportern und Autos von Aichach nach Friedberg und zurück schlängeln, um ihrem Ärger über Pläne der Bundesregierung Luft zu verschaffen.

    1500 Teilnehmende in 800 Fahrzeugen sind weit mehr als die ursprünglich geschätzten und angemeldeten 300 Lastwagen, Transporter und Autos. Es ist eine laut Polizei "ungewöhnlich große Veranstaltung", die sich an diesem Montag in einer schätzungsweise 15 Kilometer langen Schlange durch den Landkreis wälzt. Patrick Blum fährt in seiner Zugmaschine ohne Anhänger mit. Ihm stößt auf, dass "man sich eigentlich nichts mehr leisten kann". Zum Beispiel werde die Energie immer teurer, "und ich muss immer mehr arbeiten, um mir auch mal etwas leisten zu können". Auch bei Mauterhöhung und -ausweitung sowie der erhöhten CO2-Steuer hofft der Inchenhofener auf Einlenken der Regierung.

    Demo, 8. Januar, Aichach-Friedberg Schon früh morgens versammeln sich Landwirte, Spediteure und andere
Fuhrunternehmer, um ihrem Ärger gegenüber Plänen der Bundesregierung Lift
zu verschaffen.
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    Landwirte, Spediteure und andere Fuhrunternehmer veranstalten einen Protestzug durch das Wittelsbacher Land. Die Demonstration in Bildern.

    So wie Blum haben die Demonstranten genug von Plänen der Bundesregierung, die sich in ihren Augen gegen sie und ihre Berufsstände richten – manch einer formuliert das nur schärfer als Blum: "Euer politischer Mist kostet unsere Existenz!" steht in großen Lettern auf einem Plakat, das an einem Traktor mit Dachauer Kennzeichen befestigt ist. Ein anderer Demonstrant zieht mit seinem Fahrzeug einen Anhänger, auf dem ein falscher Sarg mit klarer Botschaft befestigt ist: "Erst stirbt der Bauer, dann das Land."

    Demonstranten im Kreis Aichach-Friedberg distanzieren sich von Unterwanderern

    Dennoch, der Ton der Gespräche der vielen Warnwestenträger am Straßenrand bleibt friedlich, mit Unterwanderern oder Teilnehmern, die zu Gewalt aufrufen, will hier niemand etwas zu tun haben. So beginnt der Zug gegen 8.15 Uhr, sich gemächlich Richtung Friedberg zu schieben. Von Ecknach ab fährt die Kolonne über die Augsburger Straße zunächst auf dem Begleitweg neben der B300 gen Süden bis hin zur ehemaligen Western City bei Dasing, begleitet von Hupkonzerten, blinkenden Warnlichtern und unterbrochen von kurzen und längeren Staus.

    Auf dem Weg von Aichach nach Friedberg und zurück machen die demonstrierenden Landwirte und Fuhrunternehmer auf ihre Probleme aufmerksam.
    Auf dem Weg von Aichach nach Friedberg und zurück machen die demonstrierenden Landwirte und Fuhrunternehmer auf ihre Probleme aufmerksam. Foto: Erich Echter

    Einer, der mit seinem Traktor mitdemonstriert, ist Michael Ostermaier aus Hilgertshausen-Tandern im Kreis Dachau. Zur großen Bauerndemo nach München wollte er nicht, Aichach lag für ihn näher. Seine Anliegen bleiben aber dieselben: "Das Bestehenbleiben der Kfz-Steuer-Befreiung."

    Kfz- und CO2-Steuer, Maut und Agrardiesel: Themen der Demo breit gestreut

    Es ist eine der zentralen Forderungen, die er und seine Mitstreiter gegenüber der Bundesregierung formulieren – und die auch im Gegenverkehr auf Zustimmung stößt: Zwischen den beiden Kraken-Kreisverkehre begrüßen etwa Lastwagen den Demozug mit Hup- und Fernlichtkonzert. Auf der B300 kommt ein Auto mit Wiesbadener Kennzeichen entgegen, dessen Fahrer mit einem hoch erhobenen Daumen aus dem Fenster seine Haltung klarmacht. Und am Friedberger Ortseingang warten Passanten, viele davon ebenfalls mit nach oben gerecktem Daumen.

    Manuela und Louis Sedlmair schauen der Demonstration etwa mit ihrem zweijährigen Sohn zu. "Der liebt Traktoren", erklärt

    Streichung der Agrardiesel-Subvention war Auslöser der Proteste

    Die richten sich neben CO2- oder Kfz-Steuer-Plänen der Regierung vor allem gegen eines: die Streichung der Agrardiesel-Subvention, letztlich Auslöser der aktuellen Bauern-Proteste. Der Ecknacher Landwirt Manfred Huber bezeichnet die Streichung als "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat". In den vergangenen Jahren sei schon viel mehr schiefgelaufen, etwa die Stilllegung von vier Prozent der landwirtschaftlichen Gesamt-Produktionsfläche, um die Menge landwirtschaftlicher Produkte auf dem Markt zu steuern. "Und das in Zeiten von Krieg und Lebensmittelknappheit, das ergibt keinen Sinn", sagt Huber. Oder wie es auf einigen Plakaten steht: "Ohne Agrardiesel keine regionalen

    Die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl der Demo im Landkreis Aichach-Friedberg auf rund 1500 Demonstrierende in 800 Fahrzeugen.
    Die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl der Demo im Landkreis Aichach-Friedberg auf rund 1500 Demonstrierende in 800 Fahrzeugen. Foto: Erich Echter

    Kurz vor dem Chippenham-Ring in Friedberg wendet die Kolonne und schlängelt sich bis etwa 15 Uhr zurück durch den Landkreis, ehe die letzten Fahrzeuge mit großem Hupkonzert wieder in Aichach eintreffen und der Umzug sich auflöst. Das Fazit fällt durchweg positiv aus: "Mit so vielen Beteiligten hat glaube ich niemand gerechnet", sagt Landwirt Michael Ostermaier rückblickend. Gerade am Straßenrand und im Gegenverkehr hätten viele Menschen den Daumen hoch gereckt, "das hätte ich so nicht erwartet".

    Fazit der Demo-Teilnehmer im Wittelsbacher Land fällt positiv aus

    Für den Inchenhofener Elektriker Patrick Blum steht vor allem eines im Vordergrund: "Man hat gemerkt, dass die Leute zusammenhalten." Nicht nur im Zug selbst: "In Friedberg haben uns einige Passanten Getränke gebracht." Der Ecknacher Manfred Huber ist bis zum Schluss mit von der Partie, sein Fazit der vergangenen sieben Stunden fällt durchweg positiv aus: "Die Resonanz war groß, man merkt, dass der Frust doch tiefer sitzt als nur in der Landwirtschaft", resümiert er mit Blick auf die unterschiedlichen Teilnehmer. Am Ende sei es vor allem "respektabel, wenn eine Veranstaltung dieser Größe so reibungslos über die Bühne geht".

    Kurz vor dem Chippenham-Ring in Friedberg wendet die 15 Kilometer lange Kolonne und macht sich auf den Rückweg nach Aichach.
    Kurz vor dem Chippenham-Ring in Friedberg wendet die 15 Kilometer lange Kolonne und macht sich auf den Rückweg nach Aichach. Foto: Anna Faber

    Den Eindruck bestätigt auch die Polizei: "Es war eine sehr kooperative Veranstaltung ohne nennenswerte Vorkommnisse", heißt es vom Polizeipräsidium Schwaben-Nord, auch Blockaden von Ausfahrten hätte es abseits der polizeilichen Sperrungen nicht gegeben. Nur sei es erwartungsgemäß zu Verkehrsbehinderungen gekommen, sagt ein Polizeisprecher mit Blick auf die hohe Zahl der teilnehmenden Fahrzeuge. Entsprechend sei es auch schon bei der Anfahrt der Demonstrationsteilnehmer zu Verzögerungen gekommen. (mit afab)

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