Wird der Obere Stadtplatz in Aichach autofrei? Für einen Probebetrieb im kommenden Jahr - zeitlich beschränkt auf ein halbes Jahr und die Wochenenden und räumlich begrenzt auf den Oberen Stadtplatz - setzt sich nach wie vor die SPD-Fraktion im Stadtrat ein. Im Bauausschuss war der Vorstoß jetzt erneut Thema.
Bereits im Februar hatte der Ausschuss sehr kontrovers über den Antrag diskutiert. Mit knapper Mehrheit beschloss er damals, dass erst die Busse vom Stadtplatz wegverlegt werden sollen, bevor über den Antrag weitergesprochen wird. Die Ergebnisse mehrerer Gespräche mit dem Augsburger Verkehrsverbund (AVV) und dem Landratsamt stellte Ordnungsamtsleiter Manfred Listl jetzt im Bauausschuss vor.
Busse raus: Es ist kompliziert
Fazit: Eine generelle Verlagerung der Haltestellen vom Stadtplatz an die Martinstraße wäre mit erheblichen Mehrkilometern und damit Mehrkosten verbunden. Von den etwa 60.000 Euro müsste die Stadt laut Listl 40 Prozent, also etwa 24.000 Euro, tragen. Dazu kämen weitere Kosten für eine Ampelvorrangschaltung für die Busse - rund 30.000 bis 50.000 Euro für die Ausrüstung der Busse und etwa 59.000 Euro für die Ertüchtigung der Ampelanlagen. Bei manchen der 14 Linien seien Anschlüsse zum Beispiel an den Zugverkehr nicht mehr gewährleistet. Für die bestehenden Buslinien gebe es außerdem eine vertragliche Bindung bis 2028.
Eine Linie am Samstag könnte weichen
Wie Listl berichtete, konnte der AVV sich aber vorstellen, in einem ersten Schritt die Regionalbusse am Samstag vom Stadtplatz weg zu verlegen. Betroffen wäre die Linie 205 Friedberg-Dasing-Aichach, die schon jetzt bei Veranstaltungen wie dem Stadtfest ausgelagert wird. Das soll die Stadt beantragen, war sich der Bauausschuss mit 11:0 einig.
Bürgermeister Klaus Habermann sah darin einen Anfang. Eine Verlagerung aller Buslinien im Hauruckverfahren lasse sich aber über Nacht nicht machen, war er überzeugt. Er schlug vor, Karl-Heinz Heiss vom AVV zu einer eigenen Sitzung in den Bauausschuss einzuladen, um sich eingehend mit dem Thema zu befassen. Damit war der Bauausschuss mit 8:3 einverstanden.
SPD: Sperrung erst ab Koppoldstraße
Nicht einigen konnte sich der Bauausschuss auf den von der SPD beantragten Probebetrieb, für den sowohl Habermann als auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Kristina Kolb-Djoka nochmals eindringliche Plädoyers hielten. Die Zone für den Probebetrieb am Oberen Stadtplatz sollte sich nun statt vom Oberen Tor erst von der Koppoldstraße ab bis zum Rathaus erstrecken. Habermann sprach hier von einer "Eventzone". Kolb-Djoka berichtete von einer Umfrage, die die SPD am Samstag am Stadtplatz gemacht hat. Von 200 Befragten hätten sich 95 Prozent für einen autofreien Stadtplatz ausgesprochen.
Der SPD-Antrag sah von April oder Mai bis Oktober 2022 für die Sperrung die Zeit von Samstagnachmittag bis Sonntagabend vor - also außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten. Die Aktionsgemeinschaft Aichach (Aga), ein Zusammenschluss von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben, hatte der SPD dazu eine Stellungnahme geschickt, aus der Kolb-Djoka vorlas. Demnach sprach sich der Aga-Vorstand für den Probebetrieb aus, wobei er betonte, dass das nicht die Meinung jedes Einzelhändlers und jeder Einzelhändlerin sowie jedes Gastronoms und jeder Gastronomin widerspiegle.
Aga-Vorstand würde auch am Samstagvormittag sperren
Corona mit dem damit verbundenen Boom des Internethandels habe gezeigt, dass sich der stationäre Handel neu beweisen müsse, so der Aga-Vorstand. Wichtig sei dabei der Erlebniswert der Innenstadt. Voraussetzungen für den Probebetrieb aus Sicht der Aga: dass der Stadtplatz dann mit Leben erfüllt werde und zentrumsnahe Parkplätze. Die Aga konnte sich sogar vorstellen, den Versuch auf den Samstagvormittag auszudehnen, wenn die Geschäfte noch geöffnet sind.
Davon wollte Georg Robert Jung von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) nichts wissen. Die Meinung des Vorstands sei nicht die geschlossene Meinung der Aga, die Umfrage der SPD nicht repräsentativ. Er pochte auf den Beschluss vom Februar, nachdem über den Antrag nicht mehr gesprochen wird, bevor die Busse verlegt sind. Die Beschlussvorlage hielt er deshalb für nicht zulässig. Das sah Habermann anders. Die Busse sollen ja am Samstag verlegt werden, der Antrag beziehe sich nur aufs Wochenende.
Dußmann: Erst Verkehrskonzept
Josef Dußmann (CSU) sah die Umfrage der SPD ebenfalls skeptisch. In den sozialen Medien gebe es für die Idee eher 96 Prozent Ablehnung. Er plädierte dafür, erst ein Verkehrskonzept zu erstellen. Als zweiten Schritte könne man den Stadtplatz sperren, dann vielleicht sogar nicht nur am Samstag, sondern die ganze Woche. Das war für Habermann "zu weit gesprungen". Die richtige Reihenfolge für ihn: erst der Probebetrieb und, wenn der funktioniert, ein Verkehrskonzept erstellen.
Gerhard Bauer vom Bündnis Zukunft Aichach (BZA), Referent für Stadtmarketing, forderte, erst ein Konzept für den Probebetrieb zu erstellen. Das sollte laut dem SPD-Antrag eine Arbeitsgruppe tun. Den entsprechenden Beschluss, der auch den Probebetrieb umfasste, lehnte der Bauausschuss allerdings mit 4:7 ab. Ob nun nochmals über den SPD-Antrag gesprochen wird, soll nun der Stadtrat entscheiden. Er tagt am Donnerstag, 30. September.