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Aichach: Wohnen in Aichach: Die Stadt will wachsen – aber mit Augenmaß

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Wohnen in Aichach: Die Stadt will wachsen – aber mit Augenmaß

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    Das Kreisgut war eines der letzten größeren Baugebiete, die in der Stadt Aichach entstanden sind. Bauplätze sind in Aichach schwer zu finden.
    Das Kreisgut war eines der letzten größeren Baugebiete, die in der Stadt Aichach entstanden sind. Bauplätze sind in Aichach schwer zu finden. Foto: Erich Echter

    Ein rund 750 Quadratmeter großes Baugrundstück im Aichacher Stadtteil Unterschneitbach: rund 400.000 Euro. Knapp 780 Quadratmeter in Algertshausen: fast 500.000 Euro. Ein gut 1000 Quadratmeter großes Grundstück in Griesbeckerzell: Preis nur auf Anfrage. Wer in Aichach bauen will, braucht eine gehörige Portion Glück – und das nötige Geld, denn die genannten Preise gelten wohlgemerkt nur für das Grundstück – ohne Haus. Dabei ist es ein guter Tag, wenn gleich drei rund 800 baureife Grundstücke im Stadtgebiet gibt.

    Trotz der Fülle an Baugrundstücken – angesichts der Zinssituation und der Preissteigerungen für Grund und Boden verkauft kaum jemand. Viele werden als sogenannte "Enkelgrundstücke" für die Nachkommen aufgehoben. Wegen der Vielzahl an vorhandenen Bauplätzen wurden in Aichach allerdings lange Zeit kaum neue Baugebiete ausgewiesen. Der Freistaat Bayern hat die Losung "Innen- vor Außenentwicklung" ausgegeben. 2005 hat der Stadtrat deshalb den Grundsatzbeschluss gefasst, nur dortBaulandauszuweisen, wo es im Flächennutzungsplan vorgesehen ist. Mittlerweile hat allerdings ein Umdenken eingesetzt.

    Bauzwang gegen Baulücken in Aichach

    Hauptgrund ist der große Druck von Bauwilligen. Als die Stadt 2018 beim Neuen Friedhof in Aichach, nördlich der Wallbergstraße, Bauland schuf, gab es für die neun Bauplätze 75 Bewerbungen. Im Stadtrat mehren sich die Sorgen, dass junge Einheimische in andere Kommunen abwandern – mit unerwünschten Folgen für das soziale Leben und die Vereine. Doch auch von außen ist das Interesse an Bauland groß. Für mehrere Flächen finden derzeit Voruntersuchungen statt. Am ehesten realisiert wird wohl ein Baugebiet in Ecknach. Mittlerweile versieht die Stadt Baugrundstücke in der Regel mit einem Bauzwang, sodass innerhalb bestimmter Fristen gebaut werden muss.

    Dass Aichach als Wohnort so attraktiv ist, liegt in den Augen von Bürgermeister Klaus Habermann an mehreren Faktoren. Die Stadt liegt verkehrsgünstig zwischen Augsburg, Ingolstadt und München. In der Stadt selbst gibt es sehr viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze: rund 8000. Die Auspendlerquote ist von über 1000 in den vergangenen Jahren auf rund 400 zurückgegangen, so der Bürgermeister. Dazu sei Aichach als Stadt attraktiv: Sie habe eine hohe Aufenthaltsqualität, eine gute Infrastruktur, gute Einkaufsmöglichkeiten und biete ein sozial relativ beschützendes Umfeld. "Die Stadt hat Charme und präsentiert sich auch ganz angenehm", ist Habermann überzeugt. Dazu kommt, dass Immobilien hier immer noch deutlich günstiger sind als in Ballungsräumen.

    Spagat zwischen Bauwünschen und schonendem Umgang mit dem Boden

    Für die Stadt bedeutet das einen Spagat. Einerseits sind die Nachfrage nach Baugrund und der Druck durch die Eigentümer, ihren Grund zu Bauland zu machen, da. Andererseits muss die Stadt für neue Baugebiete den Bedarf nachweisen und darauf achten, dass nicht zu viel Boden versiegelt wird. Man müsse auch sehen, wo ein Baugebiet verträglich ist, betont Habermann. "Da gibt's kein Patentrezept." Dazu kommt: Je mehr Zuzug es gibt, desto mehr Infrastruktur ist nötig. "Die müsse mitwachsen – von der Kinderkrippe bis zum Friedhof", sagt Habermann. Er plädiert deshalb für "Wachstum mit Maß und Ziel". Er findet es "ärgerlich, wenn baureife Grundstücke vorhanden sind, und man trotzdem in die Fläche gehen muss".

    Die vom Gesetzgeber erwünschte Nachverdichtung gibt es auch in Aichach. Häuser werden weiter ausgebaut, Grundstücke geteilt oder massiver neu bebaut. Die Einfamilienhaus in der Steidlestraße von einer Wohnanlage mit zwölf Wohnungen ersetzt wurde. Das Baurecht gab das her. "Die Nachverdichtung verändert unsere Siedlungen", sagt Habermann. "Nicht alles kann man verhindern." Mittlerweile werden auch in Ortsteilen wie Klingen Wohnanlagen gebaut, oft auf aufgegebenen landwirtschaftlichen Hofstellen. In Ecknach soll jetzt ein Bebauungsplan für den Ortskern zu massive Bauprojekte verhindern, um den dörflichen Charakter zu bewahren. Dieses Werkzeug funktioniere aber nur bedingt, sagt Habermann. Auch hier sei Augenmaß gefragt.

    Gebaut wird in Aichach enorm viel

    Trotz des knappen Baugrunds: Gebaut wird in Aichach enorm viel. Vor allem Wohnungen. Kaum eine Bauausschusssitzung, in der nicht eine oder mehrere Mehrfamilienhäuser auf der Tagesordnung stehen. Waren es 2011 noch 74 Wohnungen, die neu gebaut wurden, lag die Zahl 2021 mit 133 fast doppelt so hoch, berichtet der Bürgermeister. "Die Bautätigkeit ist schon heftig."

    Das verstärkte Interesse lässt die Bodenrichtwerte auch in Aichach weiter steigen. Der durchschnittliche Wert für Aichach und die Ortsteile lag zuletzt bei 520 Euro. Die Spanne reicht von 270 in Ortsteilen wie Edenried bis 920 Euro in der Innenstadt, wie Kreisbaumeister Andres Richter sagt. Er ist Vorsitzender des Gutachterausschusses, der die Bodenrichtwerte ermittelt. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch günstigere oder teurere Grundstücke zu finden wären. "Es gibt Ausreißer nach oben und nach unten", sagt

    Der Kreisbaumeister geht aber davon aus, dass die Grundstückspreise künftig "nicht mehr ganz so extrem steigen". Eine "gewisse Absolutheitsgrenze" sei erreicht. Angesichts der Preisentwicklung beim Bauen werde ein bestimmtes Käuferspektrum rausfliegen, glaubt er. Die Kosten seien so hoch, dass sich viele Familien Grunderwerb und Hausbau nicht mehr leisten könnten. Er rechnet deshalb damit, dass sich viele noch mehr in die Peripherie orientieren. "Da werden die Preise schon noch ein bisschen steigen." Eine Alternative zum Bau eines Eigenheims sieht Andres Richter im Kauf einer Immobilie. "Häuser sind ja ausreichend vorhanden", sagt er. Da gebe es viel Potenzial, ohne Grund und Boden zu verbrauchen.

    Nachfrage nach Häusern ist groß im Aichacher Raum

    Die Nachfrage nach Immobilien ist allerdings bereits wesentlich größer als das Angebot. Das bestätigt Hans Dorner, Bereichsleiter im Immobiliencenter der Sparkasse Aichach-Schrobenhausen. Am gefragtesten seien Häuser mit etwa 120 Quadratmetern Wohnfläche und Garten. Wenig Angebot, höhere Zinsen, enorm gestiegene Preise – das mache die Situation gerade für junge Familien schwierig. Seit Anfang des Jahres hat sich die Situation für Bauwillige oder Hauskäufer noch verschärft. Die Zinsen für die Baufinanzierung haben sich Dorner zufolge seit Jahresanfang teilweise fast verdreifacht.

    Das bestätigt Stephanie Zenner, Immobilienmaklerin bei der VR-Bank Augsburg-Ostallgäu, die eine Filiale in Aichach hat. Wie Dorner erlebt auch sie, dass die Kundinnen und Kunden vorsichtiger sind, weil die Entwicklung bei den Energiekosten und Preissteigerungen nicht absehbar ist. "Momentan scheitern viele an der Finanzierung." Zenner glaubt, dass sich der Markt "etwas abkühlen wird – und muss".

    In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Preise für Häuser nahezu verdoppelt, haben sowohl Dorner als auch Zenner festgestellt. Laut der Internet-Immobilienseite Immoscout24 liegt der Kaufpreis für Häuser in Aichach derzeit zwischen 4566 und 6054 Euro pro Quadratmeter – im Durchschnitt 4844 Euro. Seit dem dritten Quartal 2018, als der Durchschnittspreis noch bei 3211 Euro lag, ist das ein Anstieg um 50,8 Prozent. Für eine Eigentumswohnung in Aichach liegt der Preis laut Immoscout24 derzeit zwischen 3824 und 6573 Euro pro Quadratmeter, im Durchschnitt 4439 Euro. Auch hier sind die Preise seit dem dritten Quartal 2018 von damals durchschnittlich 2969 Euro je Quadratmeter um fast 50 Prozent gestiegen.

    Auch die Mieten in Aichach steigen

    Nicht nur Kaufen, auch Mieten wird teuer. Die Mieten bewegen sich laut Hans Dorner von der Sparkasse zwischen acht und zwölf Euro pro Quadratmeter. Er verweist aber auf mehrere große Bauprojekte in Aichach, darunter der Wohnpark Sudetenstraße, in dem das erste von später insgesamt vier Gebäuden bereits bezogen ist, oder der geplante Wohnpark an der Franz-Beck-Straße. "Das dürfte den Markt so entlasten, dass die Mieten nicht mehr weiter steigen", sagt Dorner. "Das täte Aichach schon gut."

    Wo früher die Mea-Hallen standen, wächst der Wohnpark Sudetenstraße. Das erste Gebäude (Bildmitte) ist bereits bezogen.  Rechts daneben wird nun das zweite Gebäude in Angriff genommen. Insgesamt sollen im Lauf der Zeit vier Häuser mit insgesamt rund 130 Wohnungen entstehen.
    Wo früher die Mea-Hallen standen, wächst der Wohnpark Sudetenstraße. Das erste Gebäude (Bildmitte) ist bereits bezogen. Rechts daneben wird nun das zweite Gebäude in Angriff genommen. Insgesamt sollen im Lauf der Zeit vier Häuser mit insgesamt rund 130 Wohnungen entstehen. Foto: Erich Echter

    Auch Bürgermeister Habermann hofft, dass der Druck nicht weiter zunehmen wird. In dem Tempo der vergangenen zwei Jahre könne es nicht weitergehen. "Irgendwann müsste eine gewisse Sättigung greifen", sagt er. Bislang sei das jedoch nicht erkennbar. Positiv sei, dass auch sozial geförderter Wohnraum mit Mieten von sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter geschaffen wird. Die Baugenossenschaft Aichach geht im Frühjahr 2023 zwei Neubauten in der Oskar-von-Miller-Straße und an der Donauwörther Straße an.

    Aufgeplant werden soll außerdem eine städtische Fläche an der Schrobenhausener Straße in Zusammenhang mit einem Bauprojekt auf dem Gelände eines geschlossenen Autohauses. Die Pläne für Mehrfamilien- und Reihenhäuser dort ruhen derzeit allerdings. Für den Wohnpark an der Franz-Beck-Straße, den die Stadt gemeinsam mit der Eleonore-Beck-Stiftung schaffen will, soll dagegen im Herbst das Bauleitverfahren weitergehen. Demnächst werde der städtebauliche Vertrag unterschrieben, so Habermann. Dort ist ebenfalls geförderter Wohnraum geplant.

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