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Aichach: Die "Aichacher Zupfschwestern" musizieren auf seltenen Instrumenten

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Die "Aichacher Zupfschwestern" musizieren auf seltenen Instrumenten

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    "Aichacher Zupfschwestern" nennen sich die 18 Frauen, die mit ihren Tischharfen zum Beispiel Gottesdienste und Weihnachtsfeiern bereichern.
    "Aichacher Zupfschwestern" nennen sich die 18 Frauen, die mit ihren Tischharfen zum Beispiel Gottesdienste und Weihnachtsfeiern bereichern. Foto: Hannah Wastlhuber

    "Dann spielen wir jetzt den Hellberger", kündigt Dorothée Fröller das nächste Stück an. "Habt ihr den schon mal gespielt?" Mit verhaltenem Kopfschütteln antworten die neun Frauen, die sich mit ihren Tischharfen in dem kühlen Raum des Aichacher Feuerschützenhauses verteilt haben. Jede hat ihr flaches, hölzernes Instrument gegen die Tischkante gelehnt auf dem Schoß. "Na, dann versuchen wir es doch einfach mal", motiviert die Musikpädagogin die Harfenspielerinnen. Die holen daraufhin große, quadratische Notenblätter aus ihren Mappen und schieben sie unter die Saiten der knapp einen halben Meter langen

    Die "Aichacher Zupfschwestern" spielen von Punkt zu Punkt

    Denn die "Aichacher Zupfschwestern", wie sich die 2016 gegründete Harfengruppe nennt, zupfen von Punkt zu Punkt. Die sind auf dem Notenblatt notiert und zeigen an, welche Saite gespielt werden soll. Große, leere Punkte werden lange ausgehalten, bei kleinen, schwarzen Punkten werden die Saiten schneller hintereinander gezupft. Diese Notenschrift ermögliche, dass auf der Tischharfe jeder sofort mitspielen könne, sagt Leiterin Dorothee Fröller. Die Musikpädagogin hat an der Aichacher Musikschule lange Querflöte und Tischharfe unterrichtet und weiß aus Erfahrung, dass das Instrument deshalb besonders für Erwachsene ohne instrumentale Vorkenntnisse leicht zu lernen ist. Mitspielerin Rita Riedlberger kann dem nur zustimmen: "Es war schon immer mein Traum, ein Instrument zu spielen – und hier hat man sofort Erfolg."

    Das Notenblatt wird unter die Saiten der Tischharfe gelegt. Die kleinen und großen Kreise auf dem Notenblatt zeigen an, welche Saite wann gezupft werden soll.
    Das Notenblatt wird unter die Saiten der Tischharfe gelegt. Die kleinen und großen Kreise auf dem Notenblatt zeigen an, welche Saite wann gezupft werden soll. Foto: Hannah Wastlhuber

    Das ist ein Grund, weshalb die Tischharfen-Gruppe mittlerweile aus insgesamt 18 Frauen besteht. Sie kommen aus Aichach und der Umgebung und sind alle schon im Ruhestand. Jeden Mittwoch treffen sie sich im

    Nicht einmal Stofferl Well wusste, was eine Tischharfe ist

    Als Nächstes sind bekanntere Volkslieder dran, ebenso wie Stücke, die Dorothée Fröller selbst komponiert hat. Die Herausforderung beim Komponieren: Das Lied muss auf eine Seite passen. Schließlich könne man während des Spielens das Notenblatt nicht wechseln, so Fröller, und zu viele Noten machten das Stück unübersichtlich. Eine zweite Stimme für die geübteren Spielerinnen gibt es aber durchaus: Auf der Rückseite der Notenblätter sind zur normalen Stimme auch zusätzliche Begleittöne notiert, die geübte Spielerinnen mit einem zweiten Finger gleichzeitig zupfen können.

    Die Musikpädagogin Dorothée Fröller leitet die Tischharfen-Gruppe in Aichach - und komponiert auch selbst Stücke dafür.
    Die Musikpädagogin Dorothée Fröller leitet die Tischharfen-Gruppe in Aichach - und komponiert auch selbst Stücke dafür. Foto: Hannah Wastlhuber

    Übung erfordert die Tischharfe durchaus, aber die Musikerinnen machen es gerne: "Ich spiele jeden Tag, am liebsten draußen auf der Terrasse", sagt Katharina Schmaus, die seit fünf Jahren Teil der Gruppe ist. Von der Gruppe erfahren habe sie in der Zeitung, und direkt bei Dorotheée Fröller angerufen, ob sie nicht mitspielen könne. "Ein Instrument zu lernen war früher einfach zu teuer, deswegen ist die Tischharfe jetzt genau was für mich", so Schmaus. Zu dieser Leidenschaft gehört auch, das Instrument immer wieder zu erklären. Kürzlich habe sie sogar Stofferl Well, Multiinstrumentalist der mittlerweile aufgelösten "Biermösl Blosn" aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck und selbst Harfenist, getroffen. "Wir haben ihn gefragt, ob er unser Instrument kennt. Aber er wusste nicht einmal, was eine Tischharfe ist", erzählt die 70-Jährige amüsiert, während sie das nächste Notenblatt aus ihrer Mappe holt.

    Ein etwas schnelleres Stück mit vielen kleinen, schwarzen Punkten ist jetzt an der Reihe. Dorothée Fröller singt die ersten Töne vor. "Eigentlich ist es ganz leicht, da könnt ihr keine Fehler machen", sagt sie. "Das sagst du", entgegnet eine Mitspielerin. "Solange ihr die Punkte spielt, die da stehen …", meint Fröller und alle lachen. Die Stimmung bei dieser Probe ist gut, zwischen den Stücken unterhalten sich die Musikerinnen locker miteinander.

    In der Gruppe Musik machen schafft Gemeinschaft

    Dass kein Druck herrscht, schätzt auch Christine Dietlinger. Sie ist seit Februar Teil der Runde und damit das neueste Mitglied. "Eigentlich wollte ich noch richtige Harfe lernen", erzählt sie. Doch dann habe sie von einer Tischharfen-Gruppe in Augsburg gelesen und hier in Aichach direkt nach einem Gegenstück gesucht. Bei den Zupfschwestern, die jederzeit offen für neue Mitglieder sind, habe sie sich dann sofort wohlgefühlt: "Ich durfte sofort mitspielen. Es ist total entspannt und echt schön", erzählt Dietlinger. "Musizieren macht zusammen einfach am meisten Spaß."

    Info: Am 30. Oktober 2022 sind die "Aichacher Zupfschwestern" gemeinsam mit dem evangelischen Kirchenchor bei einer Matinee im Aichacher Feuerschützenhaus zu hören.

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