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Die Hochwasserfluten geben Aichach Stück für Stück wieder frei

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Der Aichacher Hochwasserschutz hat den Härtetest bestanden

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    Am schlimmsten im Stadtgebiet traf es neben Blumenthal den Ortsteil Ecknach. Dort war am Samstag nicht nur die Uferstraße beim Gasthaus Gutmann überflutet. Auch weite Teile der Pfarrer-Steinacker-Straße waren ein einziger Fluss. In zahlreichen Kellern stand Wasser.
    Am schlimmsten im Stadtgebiet traf es neben Blumenthal den Ortsteil Ecknach. Dort war am Samstag nicht nur die Uferstraße beim Gasthaus Gutmann überflutet. Auch weite Teile der Pfarrer-Steinacker-Straße waren ein einziger Fluss. In zahlreichen Kellern stand Wasser. Foto: Erich Echter

    Am Samstag wird die Lage in Aichach von Stunde zu Stunde kritischer. Am Morgen strömen "nur" 40 Kubikmeter pro Sekunde die Paar hinab, am Abend sind es 115 und damit fast dreimal so viel. Die Nervosität steigt, Einsatzkräfte geraten an ihre Grenzen, bei Betroffenen liegen die Nerven blank. Am Ende aber hat Aichach Glück. Die Überflutungen sind schlimm, insbesondere in Ecknach und Blumenthal, doch insgesamt kommt die Stadt mit einem blauen Auge davon. 

    Der Aichacher Stadtgarten ist am Samstagnachmittag ein einziger See.
    Der Aichacher Stadtgarten ist am Samstagnachmittag ein einziger See. Foto: Carmen Jung

    Die Paar erreicht in Aichach an ihrem Pegel am Blauen Steg einen Höchststand von 3,37 Metern. Gegen 14 Uhr schwappt das Wasser auf das Gelände des San-Depots, wo der Kunstverein rasch die aktuelle, hochwertige Ausstellung in Sicherheit bringt. Der Luftsportverein holt Fluggeräte aus seiner Halle, manche bockt er auf. Vom BCA-Trainingsgelände bis weit über die Kläranlage hinaus bildet sich ein See. 

    Das Wasser strömt aus den Freibad-Toren auf die Straße

    Das gleiche Bild herrscht am Stadtgarten an der Bahnhofstraße. Aus den Toren des Freibads strömt das Wasser über die Franz-Beck-Straße und überflutet den dortigen Parkplatz, auf dem vereinzelt Autos stehen. Im Bereich des Oberbernbacher Weges laufen mehrere Keller von Firmen und Privathäusern voll. Einsatzkräfte raten Anwohnern Am Bahngraben am Nachmittag, ihre Habseligkeiten in Sicherheit zu bringen. Niemand wisse, was der Tag bringen werde. Laut Bauhofleiter Michael Neumeyer ist nur noch Schadensbegrenzung möglich. Seine Leute müssen immer mehr Straßen sperren, darunter die Augsburger- und die

    Weite Teile des Schlossguts Blumenthal waren am Samstag unter Wasser gesetzt. Auch mehrere Gebäude, darunter das Seminarhaus, waren von der Überschwemmung betroffen. Die nahe Ecknach war nicht mehr zu bändigen.
    Weite Teile des Schlossguts Blumenthal waren am Samstag unter Wasser gesetzt. Auch mehrere Gebäude, darunter das Seminarhaus, waren von der Überschwemmung betroffen. Die nahe Ecknach war nicht mehr zu bändigen. Foto: Erich Echter

    In Blumenthal lässt sich da schon nichts mehr ausrichten. Dort hat die völlig außer Rand und Band geratene Ecknach mehrere Gebäude und weitgehend den Innenhof geflutet. Der sonst so kleine Fluss breitet sich auch in Ecknach aus. Am Gasthaus Gutmann entsteht ein See, in der Ortsdurchfahrt steht das Wasser teilweise einen Meter hoch. In zahlreiche Keller fließt braune Brühe. Auch in Klingen sind mehrere Anwesen betroffen. 

    Am Samstagabend zeichnet sich eine leichte Entspannung der Hochwasserlage ab

    Am Abend des Tages, an dem der Regen kein Ende nehmen will, gibt es ein Hoffnungszeichen. Der Pegel sinkt zaghaft. Am Sonntagvormittag entspannt sich die Lage zusehends. Gegen 9.30 Uhr steht die Paar "nur" noch 2,96 Meter hoch. Die Stadt kann nach und nach die meisten Sperrungen aufheben. Bürgermeister Klaus Habermann spricht mittags von einem "absoluten Härtetest", doch am Ende sei Aichach vergleichsweise glimpflich davongekommen.

    Das Wichtigste: Es gibt keine Verletzten, Menschenleben sind nicht in Gefahr. Und: Den bisherigen Einschätzungen zufolge sind zwar zahlreiche Keller, etwa auch in Sulzbach, Walchshofen oder Griesbeckerzell vollgelaufen, doch keine Wohnräume betroffen. Habermann ist angesichts dieses, wie er es nennt, Extremereignisses voll des Lobes für die Leute von Feuerwehren und Bauhof, die cool und professionell gearbeitet hätten. Sie sind zum Teil seit Freitag unterwegs, manche übernachten im Feuerwehrhaus. Vor Ort ist zu hören, dass einige von ihnen den Unmut von Betroffenen zu spüren bekommen, wenn sie nicht rasch genug zur Stelle sind.

    Total überflutet ist das Aichacher Freibad. Noch ist nicht absehbar, inwieweit die Technik geschädigt ist.
    Total überflutet ist das Aichacher Freibad. Noch ist nicht absehbar, inwieweit die Technik geschädigt ist. Foto: Erich Echter

    Aufgrund der Vorhersagen können im Vorfeld Vorbereitungen getroffen werden. Das macht sich laut Habermann vor allem in Griesbeckerzell am neuralgischen Kulturgraben bezahlt. Die Feuerwehr habe dort die Lage im Griff gehabt. 

    Am Sonntag gegen die Fluten zurück und Schäden werden sichtbar

    Mit dem Rückgang der Fluten werden am Sonntag nach und nach die Schäden sichtbar. Das Ausmaß ist vorerst nicht abzusehen. Am Freibad etwa, wo keiner weiß, wie sehr die Technik in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Die nächsten Tage gelten laut Habermann der Schadensaufnahme. Aus Sicherheitsgründen bleiben Straßen mit Brücken vorläufig gesperrt. An der Brückenstraße in Unterschneitbach, an der Tränkmühle oder zwischen Walchshofen und Unterwittelsbach soll zuerst ein Fachmann die Statik überprüfen. Der Bürgermeister appelliert am Sonntag an alle, diese Sperrungen zu respektieren. 

    So sieht die Verbindungsstraße von der alten B300 nach Unterschneitbach am Samstag aus. Kurze Zeit später wird sie gesperrt.
    So sieht die Verbindungsstraße von der alten B300 nach Unterschneitbach am Samstag aus. Kurze Zeit später wird sie gesperrt. Foto: Erich Echter

    Sein Appell kommt nicht von ungefähr: Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag bleiben immer wieder Autos in Fluten stehen. Feuerwehrleute müssen dann ausrücken, um die Menschen zu bergen. Die Fahrzeuge werden stehen gelassen, bis das Wasser abfließt. Die Fluten locken zahlreiche Schaulustige an. Sie filmen, machen Fotos, schütteln ungläubig die Köpfe und stehen im besten Falle den Einsatzkräften nicht im Weg.

    Am Wochenende zeigt sich, dass sich die Investition der Stadt in den Hochwasserschutz entlang der Paar bezahlt gemacht hat. Dieser ist auf ein 100-jähriges Hochwasser ausgelegt und kann 70 Kubikmeter pro Sekunde bewältigen. Die Fluten am Wochenende sind dreimal so groß wie beim Pfingsthochwasser 1999, als es 49 Kubikmeter waren. "Ich möchte mir nicht ausmalen, wie es ohne ausgesehen hätte", sagt Habermann am Sonntag.

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