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Aichach: Damit alte Apfel- und Birnensorten weiterleben können

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Damit alte Apfel- und Birnensorten weiterleben können

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    Über die Kuppe eines Hügels zieht sich der neue Sortenerhaltungsgarten auf 28.700 Quadratmetern. 59 Apfelsorten, darunter drei echt regionale, und 35  Birnensorten wachsen hier.
    Über die Kuppe eines Hügels zieht sich der neue Sortenerhaltungsgarten auf 28.700 Quadratmetern. 59 Apfelsorten, darunter drei echt regionale, und 35 Birnensorten wachsen hier. Foto: Alice Lauria

    Sie haben so unbewöhnliche Namen wie Himbsels Rambur, Lumpfhauser oder Rosenthaler. Dabei handelt es sich um regional bedeutsame Apfelsorten. Es sind nur drei von zahlreichen alten Arten, die jetzt in Aichach gehegt und gepflegt werden – und zwar in einem eigenen Garten im Hennental. In einem sogenannten Sortenerhaltungsgarten werden teilweise noch unbekannte und jahrhundertealte Apfel- und Birnensorten mit ihrer genetischen Vielfalt für die nächsten Generationen bewahrt.

    Im Rahmen des Landkreis-Kooperationsprojektes „Erfassung und Erhaltung alter Apfel- und Birnensorten im nördlichen Schwaben“, wurden unter großer Beteiligung der Mitbürger und Mitbürgerinnen von 2016 bis 2019 zahlreiche Obstbäume im Wittelsbacher Land kartiert. Mit Erfolg. Deshalb wurde beschlossen, auf einer geeigneten Fläche des früheren Kreisgutes das „Ökokonto Kreisgut“ zu schaffen. So konnte der Sortenerhaltungsgarten auf einer Gesamtfläche von 28.700 Quadratmetern geschaffen werden.

    Eine Apfelsorte im Aichacher Garten heißt "Schöner aus Gebenhofen"

    Landrat Klaus Metzger eröffnete am Samstag im Rahmen des Streuobsttags den neuen Sortenerhaltungsgarten. Diesen haben qualifizierte Obstbaumpfleger im November 2022 gepflanzt. Die erhaltenswerten Sorten waren Anfang 2020 veredelt worden. Der Garten liegt östlich der B300 (Höhe Plattenberg) und südlich von Untergriesbach und dem Spazierweg ins Hennental. 

    Obstbaumpfleger Anton Sturm beantwortete bei der Führung über den neuen Sortenerhaltungsgarten in Aichach zahlreiche Fragen der Besucher.
    Obstbaumpfleger Anton Sturm beantwortete bei der Führung über den neuen Sortenerhaltungsgarten in Aichach zahlreiche Fragen der Besucher. Foto: Alice Lauria

    Im Garten wachsen nun drei echt regionale Sorten: Schöner aus Gebenhofen, Ketzers Taffet und Hügelsharter Gravensteiner. Insgesamt beherbergt der Garten 58 verschiedene Apfelsorten, von denen 30 noch unbekannt sind. Bei den Birnen ist besonders die Stätzlinger Honigbirne zu erwähnen, die als erster Baum im Sortenerhaltungsgarten gepflanzt wurde. 35 verschiedene Birnensorten ergänzen das Obstsortiment im neuen Garten.

    Die jungen Bäume wurden alle mit einem Drahtgeflecht um die haarfeinen Wurzeln als Schutz gegen Wühlmäuse gepflanzt. Auch sind die Stämme gegen Wildverbiss geschützt. In die Pflanzlöcher wurden nährstoffreiche Beigaben wie Hornspäne und qualitativ hochwertige Komposterde gegeben, da der Wiesengrund im Umfeld der Bäume nicht sehr nährstoffreich ist. An jedem der Bäume finden Spaziergänger ein Kärtchen mit dem Namen der Sorte, falls dieser bekannt ist. Per QR-Code sind weitere Informationen zur Frucht abrufbar. 

    Streuobstanbau ist immaterielles Kulturerbe der UNESCO

    In seiner Eröffnungsrede sagte Landrat Metzger: „Streuobstbestände bereichern das Landschaftsbild, die Naherholung und den naturnahen Tourismus.“ Er erinnerte gleichzeitig daran, dass die UNESCO den Streuobstanbau 2021 zum immateriellen Kulturerbe ernannt hat.

    Die Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege, Manuela Riepold, betreute das Projekt. Sie erklärte den Vorgang der Veredelung und schilderte die einzelnen Schritte vom Beschluss im Jahr 2011 über die Kartierung bis zur erfolgreichen Eröffnung. Laut Metzger sensibilisiert die Fachfrau durch derartige Projekte für einen nachhaltigen Umgang „mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen“. Riepold berichtete vom 30-jährigen Bestehen der Streuobstbestände um den Plattenberg. 1991 wurde beschlossen, das „Hennental“ genannte Gebiet „zurück zur Natur“ zu führen. Im Zuge dessen wurden 1993 insgesamt 260 Bäume in Streuobstwiesen gepflanzt. 

    In drei bis fünf Jahren können die ersten Äpfel und Birnen geerntet werden

    Angela Rieblinger und Jan Uczen waren stellvertretend für den Landschaftspflegeverband, der die Pflege des Sortenerhaltungsgartens übernimmt, anwesend. Uczen referierte vor den Gästen im voll besetzten Kreuzgratgewölbe des Kreisguts über Biodiversität und die Bedeutung der Streuobstwiesen für Flora und Fauna. Neben verschiedenen Informationsständen konnten die interessierten Gäste im Foyer zahlreiche Apfel- und Birnensorten begutachten, probieren und sich zum Thema Streuobst im Wittelsbacher Land mit Informationsmaterial eindecken. 

    Aufwendig dekoriert war das Foyer des Kreisguts Aichach. Ein überdimensionales Apfelmodell aus Holz mit den verschiedenen Apfelsorten sorgte für viel Aufmerksamkeit.
    Aufwendig dekoriert war das Foyer des Kreisguts Aichach. Ein überdimensionales Apfelmodell aus Holz mit den verschiedenen Apfelsorten sorgte für viel Aufmerksamkeit. Foto: Alice Lauria

    Als Gast hatte das Landratsamt den Pomologen Hans-Thomas Bosch eingeladen, der bereits an der Bestimmung der kartierten Apfel- und Birnensorten maßgeblich beteiligt war. Am Samstag konnten Besucherinnen und Besucher außerdem ihre mitgebrachten eignen Äpfel und Birnen von ihm bestimmen lassen – ein Angebot, das gerne angenommen wurde. Bei zahlreichen Führungen zu Fuß zum neuen Sortenerhaltungsgarten durch die qualifizierten Obstbaumpfleger, wurden zahlreiche Fragen zur Pflanzung, Pflege und Düngung der Apfel- und Birnbäume gestellt und umfassend beantwortet. 

    Der 2021 beschlossene „Bayerische Streuobstpakt“ sieht vor, bis 2035 eine Million zusätzliche Streuobstbäume zu pflanzen und bestehende Streuobstbestände zu erhalten. Die erste Ernte im neuen Garten ist übrigens laut Manuela Riepold in drei bis fünf Jahren zu erwarten.

    Informationen: Manuela Riepold, Tel. 08251/92392 oder www.lra-aic-fdb.de/streuobst.

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