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Aichach: Auf welchen Flächen lässt die Stadt Aichach Solarparks zu?

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Auf welchen Flächen lässt die Stadt Aichach Solarparks zu?

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    Für Freiflächen-Photovoltaikanlagen, wie diese hier bei Sulzbach, erstellt die Stadt Aichach einen Kriterienkatalog.
    Für Freiflächen-Photovoltaikanlagen, wie diese hier bei Sulzbach, erstellt die Stadt Aichach einen Kriterienkatalog. Foto: Erich Echter (Archivbild)

    Regelrecht überflutet wurde die Stadt Schrobenhausen 2021 von Anträgen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen. In Aichach ist das (noch) nicht der Fall. Trotzdem will der Kriterienkatalog, der unter anderem regelt, welche Flächen für Solarparks infrage kommen und welche nicht. Der Bauausschuss des Stadtrats einigte sich am Dienstagabend auf die einzelnen Kriterien und klärte noch einige Fragen. Die endgültige Entscheidung trifft der Stadtrat.

    Beim Erstellen des Kriterienkatalogs hat die Stadt Unterstützung vom Institut für Energietechnik (IfE) an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden, das bereits den Digitalen Energienutzungsplan für Aichach erarbeitet hat. Das IfE hat auch untersucht, wie die Stadt Aichach das Ziel erreichen kann, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Gerade in Freiflächen-Photovoltaikanlagen hatte IfE-Mitarbeiter Maximilian Conrad im Mai im Bauausschuss großes Potenzial gesehen. Würden 1,5 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen für solche Anlagen genutzt, also 64 Hektar, würde die Stromerzeugung von derzeit rund 6000 auf gut 64.000 Megawattstunden pro Jahr steigen, hatte Conrad damals berichtet.

    Photovoltaik: Kriterienkatalog soll in Aichach Stadt, Bürgern und Betreibern nutzen

    Zur Bauausschusssitzung war Institutsleiter Professor Markus Brautsch nun per Video zugeschaltet. Er betonte den Nutzen eines solchen Kriterienkatalogs sowohl für die Kommune selbst, die damit eine transparente Entscheidungsgrundlage habe, als auch für die Bevölkerung sowie potenzielle Betreiberinnen und Betreiber. Die Stadt sichere sich so ihre Planungs- und Entscheidungshoheit und lenke transparent Veränderungen des Landschafts- und Ortsbildes.

    Flächenkriterien für Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Aichach

    Gebiete, in denen der Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen nicht möglich sein soll

    • Naturschutzgebiete; Schutzgebiete zur Erhaltung gefährdeter oder typischer Lebensräume und Arten wie Vogelschutz- oder FFH-Gebiete sowie Moorböden
    • geschützte Biotope
    • Ausgleichs- und Ersatzflächen aus dem Ökoflächenkataster
    • landschaftsprägende Denkmäler
    • Lebensräume von Wiesenbrütern oder Feldvögeln
    • bestimmte Überschwemmungsgebiete
    • Boden- und Geolehrpfade
    • Bodendenkmäler

    Gebiete, in denen der Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen nicht möglich sein soll

    • Wasserschutzgebiete der Zonen 1 und 2
    • Landschaftsbereiche, die für den Tourismus oder die Naherholung von besonders hoher Qualität sind, zum Beispiel das Sisi-Schloss oder Schloss Blumenthal
    • Gebiete, in denen es das Risiko von Geogefahren, zum Beispiel Erdrutsch, gibt
    • wassersensible Bereiche
    • Flächen, die näher als 300 Meter von der nächsten Siedlungsgrenze entfernt liegen
    • potenzielle Erweiterungsflächen für Wohnbebauung und Gewerbe oder für Landwirtschaft
    • Flächen mit überdurchschnittlicher Bonität, mindestens Ackerzahl (auch Ertragsmesszahl) 50

    Gebiete, in denen der Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen möglich sein soll

    • Versiegelte Konversionsflächen (aus gewerblicher oder militärischer Nutzung)
    • Siedlungbrachen und sonstige ehemals bebaute Flächen
    • Abfalldeponien sowie Fläche mit Altlasten oder dem Verdacht darauf
    • Flächen in unmittelbarer Nähe eines 200-Meter-Korridors zu Bahngleisen
    • Flächen im räumlichen Zusammenhang mit größeren Gewerbegebieten im Außenbereich
    • Flächen, die bereits versiegelt waren
    • Flächen, die kleiner als zwei Hektar sind

    Sonstige Kriterien

    Erwünscht sind:

    • Bürgerbeteiligung
    • ein Informations- und Kommunikationskonzept für die Bürger
    • eine bauliche Umsetzung, die den Natur- und Artenschutz fördert
    • eine Bewirtschaftung, die den Natur- und Artenschutz fördert
    • Unternehmenssitz in Aichach
    • Nachweis der finanziellen Sicherheit des Antragsstellers, zum Beispiel durch Bürgschaft, Liquiditäts- oder Bonitätsnachweis

    Sonstige Kriterien

    Erwünscht sind:

    • Schriftliche Einspeisezusage des Netzbetreibers
    • Anbindung ans Stromnetz per Erdverkabelung
    • Schriftliche Zusage für Rückbau und Entsorgung
    • Möglichst geringe Distanz zur Einspeisestelle
    • Auf das Mindestmaß begrenzte Beeinträchtigung von Jagdrevieren
    • Agri-Photovoltaikanlagen werden in der Abwägung bevorzugt

    Einige Gebiete, die der Kriterienkatalog ausschließt, dürfen ohnehin nicht bebaut werden, wie zum Beispiel Naturschutz- oder Überschwemmungsgebiete. Darauf wiesen sowohl Brautsch als auch Stadtrat Marc Sturm von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) hin; Marion Zott (Bündnis 90/Die Grünen) hatte zuvor die Befürchtung geäußert, dass zu viele Flächen ausgeschlossen würden, was potenzielle Betreiber abschrecken könnte. "Wir brauchen viele Flächen", betonte sie. Landwirtschaftsreferent Manfred Huber von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) befürwortete den Kriterienkatalog. Aichach könne froh sein, dass noch nicht so viele Anträge vorliegen wie in anderen Kommunen. "Das braucht steuern", betonte er.

    Agri-Photovoltaikanlagen werden bevorzugt

    Geändert hat sich im Kriterienkatalog gegenüber dem Entwurf, dass nun statt der Einstufung als landwirtschaftlich benachteiligtes Gebiet die sogenannte Ackerzahl, auch Ertragsmesszahl, maßgeblich sein soll. Sie reicht von 1 für schlechtere Böden bis 120 für sehr gute Böden. In Aichach soll die Grenze für die Nutzung für Solarparks bei 50 liegen, war sich der Ausschuss einig. Zunächst soll außerdem auch eine Begrenzung auf 1,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche gelten. Ausgeschlossen sein sollen auch Flächen, die kleiner als zwei Hektar sind. Dazu gaben Huber und Sturm zu bedenken, im Einzelfall könne auch eine so kleine Anlage rentabel sein, zum Beispiel, wenn sie direkt neben einem Einspeisepunkt liegt. Dann sollte man sie zulassen.

    In weiteren Kriterien geht es unter anderem um die erwünschte Bürgerbeteiligung, um die gesicherte Einspeisung ins Stromnetz und um die finanzielle Sicherheit des Betreibers. Bevorzugt werden sollen in der Abwägung sogenannte Agri-Photovoltaikanlagen, die eine gleichzeitige landwirtschaftliche Nutzung ermöglichen.

    Bürgermeister Klaus Habermann betonte, der Kriterienkatalog helfe der Verwaltung bei der Beratung potenzieller Interessenten. Die Entscheidung über konkrete Anträge habe sich in jedem Einzelfall der Stadtrat vorbehalten. Dem Kriterienkatalog stimmte der Bauausschuss einstimmig zu. Die Entscheidung trifft der Stadtrat.

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