Die Stadt Aichach will – zumindest für die nächsten Jahre – an der Mittagsbetreuung in Gruppen bis 14 oder 16 Uhr festhalten und kein zusätzliches Angebot für eine sogenannte offene Ganztagsschule (OGTS) an den vier Grundschulen einrichten. Vor diesem mit großer Mehrheit (25:4) gefassten Beschluss entspann sich im Stadtrat aber eine intensive Diskussion, wie die Ganztagsbetreuung an den Aichacher Grundschulen in Zukunft umgesetzt werden soll. Nur die Grünen-Fraktion stellte sich gegen diesen Weg. Sie hatte beantragt, schon ab September 2024 eine offene Ganztagsschule an der Grundschule Mitte zu starten.
Ab dem Schuljahr 2026/2027, also in drei Jahren, haben die Eltern bundesweit einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler – zunächst für die Erstklässler und bis zum Schuljahr 2029/2030 dann für alle Kinder der 1. bis 4. Jahrgangsstufe. Bis dahin müssen ausreichend Räume und Personal zur Verfügung stehen. Dieser Anspruch wird erfüllt durch eine qualifizierte Betreuung in einem Hort, in einer Mittagsbetreuung oder in einer Ganztagsschule. Bei Letzterer wird unterschieden: Der sogenannte offene Ganztag (OGT) schließt sich an den Vormittagsunterricht an und beinhaltet Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, Förderangebote und verschiedene Freizeitangebote in der Gruppe wie Kreativität, Sport oder Musik. Die Eltern können den Umfang der Betreuung frei wählen. Im Gegensatz dazu sieht der sogenannte gebundene Ganztag in einem festen Klassenverband auch verpflichtenden Unterricht am Nachmittag vor. Hier finden Unterricht, Freizeitaktivitäten und Pausen über den ganzen Tag verteilt statt.
Die Unterschiede zwischen Mittagsbetreuung und offenem Ganztag
Die Unterschiede: Während die Eltern für die Mittagsbetreuung bezahlen und die Kinder bei großen Entfernungen abholen müssen, ist der offene Ganztag kostenfrei und auch ein Schulbus wird gestellt – ein eventuelles Mittagessen wird stets separat berechnet. Auch bei einer Hort-Betreuung bezahlen die Eltern eine monatliche Gebühr. Für die OGTS ist pädagogisches Fachpersonal notwendig, für die Mittagsbetreuung dagegen nicht.
Die offene Ganztagsschule gibt es derzeit an elf Grundschulen im Landkreis für knapp 1250 Schülerinnen und Schüler. In Friedberg sind es 35 Gruppen an vier Grundschulen. Fast 5600 Buben und Mädchen besuchen derzeit eine Grundschule im Wittelsbacher Land. Die Zahlen in Aichach: 164 Grundschülerinnen und -schüler nutzen an den städtischen Schulen momentan die kurze Mittagsbetreuung bis 14 Uhr. Über 60 Kinder gehen in die verlängerte Mittagsbetreuung und 20 aus der Grundschule Nord werden im Hort betreut.
Die Stadtverwaltung hat zur Sitzung auch die Kostenunterschiede der Betreuungsangebote aufgeschlüsselt: Für eine Gruppe mit 14 Kindern aus der ersten oder zweiten Klasse in einer verlängerten Mittagsbetreuung muss die Stadt rund 6200 Euro zuschießen. Für die gleiche Gruppe einer offenen Ganztagsschule ist es mit über 68.000 Euro elfmal so viel. In der dritten und vierten Klassen gibt die Stadt sogar rund zwölfmal so viel aus. Die Mehrkosten entstehen durch den Anspruch auf die Schülerbeförderung und die Elternbeiträge, die beim OGTS-Angebot nicht mehr fließen.
Marion Zott hält flammendes Plädoyer
In der Debatte waren die Fronten ziemlich klar: Für die Grünen ist die Mittagsbetreuung ein Notbehelf und die OGTS dürfe nicht an den Kosten scheitern. Marion Zott hielt ein flammendes Plädoyer und für ihren Fraktionskollegen Josh Stadlmaier sind die beiden Angebote nicht zu vergleichen: "Das eine ist eine Betreuung, das andere ist Bildung." Die anderen Fraktionen wollten sich auf keinen Fall in die Schuhe schieben lassen, dass ihnen die Kinder nicht wichtig wären. Gleichzeitig sahen sie die bisherige Arbeit in der Mittagsbetreuung durch die Grünen abgewertet. Kristina Kolb-Djoka, Fraktionssprecherin der SPD, hätte sich gewünscht, "dass die Entscheidung nicht übers Knie gebrochen wird". Ihr Antrag, den Punkt zu vertagen, fand aber keine Mehrheit. Für Zweiten Bürgermeister Josef Dußmann (CSU), selbst Lehrer, ist die OGTS derzeit nicht umsetzbar: schlicht und einfach deshalb, weil es derzeit kein pädagogisches Fachpersonal gebe. Wenn sich das in einigen Jahren durch die neue Fachakademie an der Berufsschule ändere, könne man wieder darüber reden.
Bürgermeister Klaus Habermann (SPD) hat auch grundsätzliche Bedenken, auch aus dem Gespräch mit vielen Kollegen und Fachleuten. Die offene Ganztagsschule sei jedenfalls nicht des Rätsels Lösung: "Das ist eine pädagogische Mogelpackung." Die Mittagsbetreuung sei dagegen sehr flexibel und komme den Familien entgegen. Man könne über weitere Verbesserungen nachdenken, auch zum Thema Beförderung. Wenn man wirklich eine qualitative pädagogische Betreuung und Aufwertung des Bildungsangebots wolle, dann müsse die gebundene Ganztagsschule kommen, so Habermann. Aber da schrecke der Staat zurück, weil die Kosten dann an ihm hängen bleiben würden.