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Aichach: Aichacher Helfer berichten von unvorstellbarer Zerstörung in der Türkei

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Aichacher Helfer berichten von unvorstellbarer Zerstörung in der Türkei

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    Die Helfer von Humanitas Aichach berichten von einem unvorstellbaren
Ausmaß der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei.
    Die Helfer von Humanitas Aichach berichten von einem unvorstellbaren Ausmaß der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei. Foto: Tolga Buldu

    Seit den schweren Erdbeben im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien ist mittlerweile mehr als eine Woche vergangen. Die schlimmsten Befürchtungen des Hilfswerks der Vereinten Nationen sprechen mittlerweile von 50.000 Toten, mehr als 85.000 Verletzten und zwei Millionen Obdachlosen. Unter den zahlreichen Helfern vor Ort befindet sich seit Sonntag auch eine elfköpfige Gruppe der Aichacher Hilfsorganisation Humanitas unter der Leitung von Tolga Buldu. Die Humanitas hatte bereits kurz nach den Beben zu einer spontanen Spendenaktion aufgerufen, die auf große Resonanz stieß. Schon wenig später machte sich ein mit Hilfsgütern beladener Konvoi von fünf Kleintransportern und einem 40-Tonner-Lastzug auf den Weg ins Erdbebengebiet.

    Mittlerweile sind die fünf Kleintransporter aus Aichach ohne größere Zwischenfälle im türkischen Mersin, das etwa 100 Kilometer vom Epizentrum entfernt liegt, angekommen. Dorthin sind etwa 1,5 Millionen Obdachlose geflüchtet. Die meisten haben in Zelt-Camps, Containern oder unter provisorisch aufgeschlagenen Planen Unterschlupf gefunden. Wie Tolga Buldu in einem Telefonat am Montagabend mitteilt, sei die Lage in der Erdbebenregion „noch viel schlimmer und gefährlicher“, als er mit seinen Helfern erwartet habe. Während im Hintergrund Sirenen von Hilfsfahrzeugen zu hören sind, spricht Buldu von einem „unvorstellbaren Ausmaß“ der Zerstörungen: „Der Bezirk Iskenderun ist nahezu dem Erdboden gleich“, erklärt er. Auch sollen dort nach der Katastrophe bewaffnete kriminelle Banden plündern und auch schon Hilfstransporte angegriffen haben. 

    Aichacher Team hilft im Erdbebengebiet

    Nach der anstrengenden Anreise konnten die Helfer in einem Haus, das ein Angehöriger zur Verfügung stellte, duschen und die erste Nacht verbringen. Zunächst habe das Aichacher Team zwei seiner Transporter in einem Hilfsdepot in Mersin entladen. Buldu erzählt: „Wir entschlossen uns, mit drei beladenen Fahrzeugen ins Erdbebengebiet, und zwar in die entlegenen Dörfer der Region Hatay, zu fahren.“ Teilweise sei bisher dort laut Buldu noch gar keine Hilfe angekommen. 

    Tolga Buldu (im Vordergrund) mit einem Teil der Humanitas-Helfer (Bekir Gögüs, Fatih Özcan, Feray Acikgöz, Abdullah, Hüseyin Dagdelen) und
türkischen Soldaten bei der Ankunft im türkischen Mersin.
    Tolga Buldu (im Vordergrund) mit einem Teil der Humanitas-Helfer (Bekir Gögüs, Fatih Özcan, Feray Acikgöz, Abdullah, Hüseyin Dagdelen) und türkischen Soldaten bei der Ankunft im türkischen Mersin. Foto: Tolga Buldu

    Am Montagmorgen um vier Uhr starteten die Helfer „in das mit am schlimmsten betroffene Gebiet“. Vom Bürgermeister in Mersin bekamen sie für den ersten Teil der gefährlichen Fahrt als Eskorte zwei Polizeifahrzeuge mit Sonderrechten. „Trotz der angekündigten Gefahren wollten wir das unbedingt durchziehen. Deswegen sind wir ja hier“, sagt Buldu. „Bei der Ankunft in Antakya wollten uns die Polizeikräfte zur Umkehr bewegen, weil die Weiterfahrt extrem gefährlich sei“, berichtet Buldu. Erst nach längerem Verhandeln seien schließlich für den weiteren Begleitschutz drei bewaffnete Einsatzkräfte als Mitfahrer zur Verfügung gestellt worden. 

    Buldu und seine Helfer konnten ihre Hilfsgüter schließlich auf den Straßen der zerstörten Dörfer direkt an Betroffene verteilen. Dabei sei schnell klar geworden, was die Menschen, neben der ausgegebenen warmen Kleidung, dort am dringendsten benötigten: „Sie fragten uns insbesondere nach Hygieneartikeln und Unterwäsche“, so Buldu. Die Verantwortlichen von Humanitas entschlossen sich daraufhin, mit dem Währungsvorteil vor Ort bei einem Großhändler für 5000 Euro eine Transporter-Ladung voll mit Kinder- und Erwachsenen-Wäsche zu ordern. 

    Der Hilfskonvoi kehrte schließlich vor Einbruch der Dunkelheit sicher nach Antakya zurück, wo das Aichacher Team in einem Zelt-Camp die Nacht auf Dienstag verbrachte. Dort besuchten sie am Tag darauf einen improvisierten Hort mit Kindern, deren Eltern im Krankenhaus liegen, vermisst werden oder gestorben sind. „Die Kinder haben sich so gefreut über die Säfte, belegten Brote, Nüsse und Kekse, die wir dabeihatten“, schreibt Buldu über WhatsApp.

    Humanitas-Helfer aus Aichach beim Besuch eines provisorischen Horts für Kinder, deren Eltern im Krankenhaus liegen, vermisst werden oder gestorben sind.
    Humanitas-Helfer aus Aichach beim Besuch eines provisorischen Horts für Kinder, deren Eltern im Krankenhaus liegen, vermisst werden oder gestorben sind. Foto: Tolga Buldu

    Humanitas-Mitorganisator Oliver Heib ist von Aichach aus ständig mit seinen „Helden“, wie er das Helferteam nennt, in Kontakt. Er wisse, dass der Einsatz nicht ungefährlich sei und betont, dass deren Sicherheit oberste Priorität habe. Heib erklärt: „Unsere Helden werden auch weiterhin in die Dörfer fahren, um die Betroffenen mit dem Nötigsten zu versorgen.“ Die benötigten Hilfsgüter und Lebensmittel wollen sie vor Ort kaufen. Deshalb freue sich Humanitas auch weiterhin über jede Geldspende. „Das Geld werden wir direkt an unsere Helfer vor Ort transferieren“, verspricht er. In diesem Zusammenhang wolle er sich bei allen Helfern und Unterstützern bedanken, ohne die eine derartige Hilfsaktion nicht möglich gewesen wäre. 

    Aichacher Humanitas hofft auf weitere Spenden

    Wie Oliver Heib erläutert, sollen mit den eingegangenen Spendengeldern nicht nur Betroffene im türkischen Teil des Erdbebengebiets unterstützt werden. Für die Syrienhilfe stehe Humanitas in Verbindung mit der Hilfsorganisation Spendahilfe e. V. und habe mittlerweile 20 Großraum-Zelte mit Decken und Schlafsäcken für jeweils sieben Personen für ein großes Zeltlager im syrischen Idlib finanziert.

    Wer helfen will, kann das mit einer Spende tun an: Humanitas Aichach e. V., Sparkasse Aichach, IBAN: DE86 7205 1210 0000 0042 42, Verwendungszweck: Erdbebenhilfe Türkei/Syrien. 

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