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Affing-Mühlhausen/Bergen: Westumfahrung Mühlhausen: Naturschützer sorgen sich um den Kiebitz

Affing-Mühlhausen/Bergen

Westumfahrung Mühlhausen: Naturschützer sorgen sich um den Kiebitz

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    Eine Kiebitz-Großaufnahme ist dem Anwaltinger Naturfilmer und -beobachter Gerhard Menzel an der Friedberger Ach in Mühlhausen gelungen. Der stark gefährdete Vogel ist im Lechhauser Moos daheim, das die Westumfahrung Mühlhausen einmal durchschneiden soll.
    Eine Kiebitz-Großaufnahme ist dem Anwaltinger Naturfilmer und -beobachter Gerhard Menzel an der Friedberger Ach in Mühlhausen gelungen. Der stark gefährdete Vogel ist im Lechhauser Moos daheim, das die Westumfahrung Mühlhausen einmal durchschneiden soll. Foto: Gerhard Menzel

    Der Kiebitz gilt als stark gefährdet. Auch im Landkreis. Da ist der Vogel des Jahres 1996 zum Beispiel im Lechhauser Moos westlich von Mühlhausen zu Hause. Sein Bestand ist dort bis 2018 auf besorgniserregende zwei bis drei Paare zurückgegangen. Um so mehr freut es Uwe Bauer, dass er in diesem Jahr zehn Brutpaare gefunden hat. Der Fachmann des Bund Naturschutzes sorgt sich wegen der geplanten Westumfahrung für den Affinger Ortsteil um die Zukunft des Wiesenbrüters. Denn die Trasse durchschneidet sein Brutgebiet.

    Der feuchte Sommer hat dem Kiebitz geholfen

    Am Dienstag, dem zweiten Erörterungstag im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens, hatten Naturschützer in der Realschulturnhalle in Bergen ausführlich Gelegenheit, auf ihre Befürchtungen in Bezug auf Natur- und Artenschutz wegen des Straßenbauprojektes hinzuweisen. Aktuell ist die Lage für den Kiebitz hoffnungsvoll - auch wegen des feuchten Sommers. Die Zahl der Nachkommen sei gerade ausreichend, um den Bestand zu erhalten, erklärte Bauer, der seit 20 Jahren den Kiebitz-Brutbestand im Wittelsbacher Land dokumentiert. Das Lechhauser Moos sei Quellgebiet für diese Vogelart. Das bedeutet: Der Kiebitz-Nachwuchs von dort kann helfen, andere Gebiete wieder aufzufüllen. Im Moment ist das möglich.

    Entscheidend für den Bruterfolg des Vogels ist nach Bauer das Feuchtwiesengebiet des Mooses. Am Rand wird gebrütet, zur Aufzucht geht's in die Wiese, wo wegen der natürlichen Feuchtigkeit genügend Nahrung vorhanden ist. Kommt die Westumfahrung, ist diese Kiebitz-Heimat Geschichte. Bauer fürchtet dann um den Bestand. Er verwies auf ein Negativbeispiel in unmittelbarer Nähe: Dem Gewerbegebiet Derching sei ein "hochproduktives Kiebitzgebiet" zum Opfer gefallen.

    Für die Westumfahrung gibt es acht Hektar Ausgleichsfläche

    Planern und Behörden ist die Problematik bewusst. Derzeit werden die Planunterlagen nachgebessert für den Naturschutz, nachdem die Stellungnahme der Höheren Naturschutzbehörde (HNB) bei der Regierung von Schwaben nachträglich im Sommer 2020 eingegangen war. Landschaftsarchitektin Gertrud Bittl-Dinger vom Büro Eger & Partner, das die Gemeinde Affing beauftragt hat, berichtete von guten acht Hektar Fläche als Ausgleich für die 4,4 Hektar, die die reine Trasse beansprucht. Der Hauptteil wird im südlichen Anschluss der Rehlinger Schaezlerwiese, einem Naturdenkmal, entstehen und liegt etwa zwei Kilometer nördlich des bestehenden Brutgebietes. Die fünf Hektar große Fläche eigne sich für den Kiebitz und schließe an das Rehlinger Brutgebiet an. Für Feldlerche, Rebhuhn und Wachtel kämen weitere 2,5 Hektar dazu. Zudem werde der Hörgelaugraben optimiert und ein Ausgleich für Fledermäuse geschaffen.

    Der Kiebitz ist im Lechtal Zuhause. Diese Aufnahme von Naturfilmer und -beobachter Gerhard Menzel auf Höhe von Anwalting zeigt zwei junge Kiebitze.
    Der Kiebitz ist im Lechtal Zuhause. Diese Aufnahme von Naturfilmer und -beobachter Gerhard Menzel auf Höhe von Anwalting zeigt zwei junge Kiebitze. Foto: Gerhard Menzel

    Klaus Möller von der HNB räumte ein, dass das Brutgebiet durch die Straße verloren geht. Doch er zeigte sich optimistisch, dass der "Umzug" des Kiebitz durch optimale Flächengestaltung gelingen kann. Dafür muss die neue Fläche zur Aufzuchtzeit allerdings bewässert werden. Die Behörde kalkuliert mit acht Kiebitz-Brutpaaren, fünf der Feldlerche und vier der Wiesenschafstelze und hat damit ihre ursprünglichen Zahlen schon nach oben korrigiert. Nach Ansicht von Thomas Frey vom Bund Naturschutz ist das "schon mal gut", aber nicht ausreichend. Er hegte große Zweifel, dass die neue Fläche funktioniert und sagte: "Wir gehen weiter von einer erheblichen Beeinträchtigung aus." Es gebe Beispiele genug, wie verheerend der Umgang von Kommunen mit Ausgleichsmaßnahmen sei. Uwe Bauer nannte als Beispiel die für das Derchinger Gewerbegebiet. Sie funktionierte nicht, "der Kiebitz ist weg". Bittl-Dinger hingegen blieb "felsenfest davon überzeugt", dass die Prognose sehr gut sei. Klar ist aber: Erst muss der Kiebitz umgezogen sein, bevor die Bauarbeiten starten dürfen.

    Vogelschützer kritisieren Artenschutz-Prüfung

    Eine Rolle spielen auch noch andere Arten. So wurde am Hörgelaugraben die seltene Libellenart Helmazurjungfer gefunden. Bauer hat zudem ein neues Laichvorkommen des Laubfrosches im südlichen Teil des Grenzgrabens entdeckt. Eine Prüfung sagte Versammlungsleiter Christopher Bernhardt zu, was die Kritik von Hans Günter Goldscheider, im Landkreis stellvertretender Vorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) , anbelangt. Der hatte Mängel bei der artenschutzrechtlichen Prüfung moniert. Beispiel: Das Rebhuhn sei nicht mit spezifische Methoden gesucht worden. Das hätte in der Dämmerung geschehen müssen.

    Dank der feuchten Witterung hat sich in diesem Jahr die Blütezeit im Lechtal verlängert. Ein schöner Anblick sind auch die Sibirische Schwertlilien und die Dunkle Akelei. Das Bild gibt einen Eindruck von der Vielfalt der Natur westlich von Mühlhausen und der Staatsstraße 2381 Richtung Rehling. Dieses Gebiet würde die Westumfahrung durchschneiden.
    Dank der feuchten Witterung hat sich in diesem Jahr die Blütezeit im Lechtal verlängert. Ein schöner Anblick sind auch die Sibirische Schwertlilien und die Dunkle Akelei. Das Bild gibt einen Eindruck von der Vielfalt der Natur westlich von Mühlhausen und der Staatsstraße 2381 Richtung Rehling. Dieses Gebiet würde die Westumfahrung durchschneiden. Foto: Gerhard Menzel (Archivfoto)

    Möglicherweise müssen aufgrund solcher Einwände die Planunterlagen für die Westumfahrung noch einmal nachgebessert werden. Das jedenfalls schloss Manuela Baumann, Leiterin der Planfeststellungsbehörde, am Dienstag nicht aus. Eine Prognose, wann die Regierung eine Entscheidung über das Projekt fällt, konnte sie nicht geben.

    Ende Oktober hatten über 250 Menschen für die Westumfahrung Mühlhausen demonstriert.
    Ende Oktober hatten über 250 Menschen für die Westumfahrung Mühlhausen demonstriert. Foto: Josef Abt (Archivfoto)

    Nachdem bei der zweitägigen Erörterung Naturschützer, Landwirte und Gegner der Westumfahrung ausführlich zu Wort gekommen waren, blieb das Schlusswort einer betroffenen Anliegerin in Mühlhausen vorbehalten. Sie wollte wissen: "Warum dauert das so lange?" Schon für 1990 sei die Westumfahrung versprochen gewesen. Die Anwohnerin der Ortsdurchfahrt klagte über die Beeinträchtigungen durch den Schwerlastverkehr und schloss mit der Frage: "Warum werden wir nicht auch mal geachtet?"

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