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Pöttmes: Vom Biermadl zur Werbe-Ikone und Gastronomin

Pöttmes

Vom Biermadl zur Werbe-Ikone und Gastronomin

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    Die Schützenliesl ziert diese Schützenscheibe der Königlich Privilegierten Feuerschützengesellschaft 1425 Landshut e.V. aus dem Jahr 1881. Dem Maler Friedrich August Kaulbach stand dafür eine Frau aus dem Markt Pöttmes Modell.
    Die Schützenliesl ziert diese Schützenscheibe der Königlich Privilegierten Feuerschützengesellschaft 1425 Landshut e.V. aus dem Jahr 1881. Dem Maler Friedrich August Kaulbach stand dafür eine Frau aus dem Markt Pöttmes Modell. Foto: Haus der Bayerischen Geschichte/Philipp Mansmann

    Pöttmes Bei Geschichten, die den Weg „vom Tellerwäscher zum Millionär“ beschreiben, denkt man zuerst oft an die USA. Doch auch im Bayern des ausgehenden 19. Jahrhunderts gab es solche Schicksale, die vom Aufstieg aus einfachen Verhältnissen erzählen. Ein herausragendes Beispiel dafür ist der Lebensweg der „Schützenliesl“, die es zu der wohl bekanntesten Symbolfigur bayerischer Wirtshaus- und Festkultur gebracht hat.

    Coletta Möritz (1860-1953) wurde in der Nähe von Pöttmes im Landkreis Aichach-Friedberg als uneheliches Kind einer Kleinbauerntochter geboren und arbeitete nach dem Umzug ihrer Mutter bereits mit 16 Jahren als Biermadl, also Hilfskellnerin, beim Sternecker-Bräu im Tal in München.

    Dort verkehrten auch Mitglieder der Künstlergesellschaft „Allotria“, unter ihnen Friedrich August Kaulbach (1850-1920), dem das attraktive Biermädchen auffiel. So bat er im Jahre 1878 Coletta Möritz, ihm für eine Skizze Modell zu stehen. Das Motiv dieser Skizze war es dann, das die junge Coletta zur Werbe-Ikone werden ließ.

    Landesweite Bekanntheit ab dem Jahr 1881

    Denn im Juli 1881 fand auf der Münchner Theresienwiese das VII. Deutsche Bundesschießen statt und Kaulbach wurde neben anderen einheimischen Künstlern mit der Ausgestaltung dieses Großereignisses der Schützenvereine beauftragt. So sollten auf dem Festplatz mehrere Festhallen und Wirtschaften im historischen Stil entstehen, wobei Kaulbach mit der Dekoration des markanten Turms eines Gast-hauses mit dem Namen „Schützenlisl“ betraut war. Er schuf dafür ein fast fünfeinhalb Meter hohes Kolossalgemälde auf der Grundlage seiner Skizze der schönen Coletta, die ihrerseits während des Bundesschießens in der von der Münchner-Kindl-Brauerei betriebenen Großgaststätte bediente.

    Das Zusammenspiel aus frivol-attraktiver Darstellung auf der Fassade und dem lebenden Modell im Gastraum begeisterte das Publikum ungeheuerlich: So sollen allein am letzten Festtag in der „Schützenlisl“ 16 300 Maß Bier getrunken worden sein.

    Die Schützenliesl als Ikone der frühen Werbung

    Darüber hinaus wurde das anziehende Bildmotiv aufgegriffen. Eines der ersten Beispiele dafür ist die Erinnerungsscheibe der Landshuter Feuerschützengesellschaft, die im Oktober 1881, knapp drei Monate nach dem Fest, beschossen wurde. Wie auf Kaulbachs Fassadengemälde ist Coletta hier auf einem Bierfass balancierend, mit wehenden Zöpfen, einer kleinen Schützenscheibe als Kopfbedeckung, schäumenden Maßkrügen in den Händen, einem Brotzeitradi unter dem Schürzenlatz, offenherzigem Dekolleté und gewinnendem Lächeln verewigt. Im Lauf der folgenden Jahrzehnte zierte die Schützenliesl unzählige Postkarten, Pfeifenköpfe, Schnupftabakflaschen, Geschirr, Bierkrüge sowie Werbemittel aller Art.

    Erfolgreiche Geschäftsfrau, zwölffache Mutter und Oktoberfesthit

    Und auch für Coletta Möritz sollte sich ihre Bekanntheit lohnen. Ein Jahr nach ihrem „Durchbruch“ als Werbe-Ikone heiratete sie den Wirt Franz Xaver Buchner. Sie gebar sage und schreibe zwölf Kinder und führte zudem als Wirtin selbst verschiedene Münchner Großgaststätten. 1897 war sie beim Zentrallandwirtschaftsfest auf der Theresienwiese vertreten. Von 1898 bis 1904 betrieb das Wirtspaar zwei Gasthäuser in Straßburg im Elsaß.

    1905 kehrten sie nach München zurück, wo ihr Ehemann im Jahre 1910 starb. Auch ohne ihren Mann führte Coletta zusammen mit ihrer Tochter das Ausflugslokal „Die Rosenau“ in Schwabing sowie den gastronomischen Betrieb der Münchner Hauptschützengesellschaft weiter. Später lebte sie, in zweiter Ehe mit dem Postbeamten Max Joachim verheiratet, im Münchner Stadtteil Mittersendling.

    Noch zu Lebzeiten der über 90-Jährigen schuf der Komponist Gerhard Winkler auf den Text von Fini Busch und Fred Rauch das bekannte Lied „Schützenliesl“. Dieser Oktoberfesthit von 1953 wird bis heute gern gespielt und liegt in unzähligen Coverversionen vor. So kann man also mit Fug und Recht sagen, dass, wie es im Refrain des Liedes heißt, die Figur der Schützenliesl auch Coletta „das Glück gebracht“ hat.

    Die Schützenliesl und weitere spannende Bierpersönlichkeiten können Sie in der Bayerischen Landesausstellung 2016 ab 29. April im Kloster Aldersbach im Passauer Land kennenlernen.

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