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Justiz: Vier junge Menschen rauben Freier auf Aichacher Parkplatz aus

Justiz

Vier junge Menschen rauben Freier auf Aichacher Parkplatz aus

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    Eine Figur der Justitia: Vier junge Menschen haben in Aichach einen Freier ausgeraubt.
    Eine Figur der Justitia: Vier junge Menschen haben in Aichach einen Freier ausgeraubt. Foto: Sonja Wurtscheid/dpa

    Zehn bis zwanzig Flaschen Bier und eine halbe Flasche Schnaps. So viel trank einer der Angeklagten im Prozess um den Raub an einem Freier laut eigener Aussage vor seiner Festnahme jeden Tag. Auch die anderen drei Angeklagten sagen, sie hätten täglich hohe Mengen an Alkohol, Amphetaminen und anderen Drogen zu sich genommen.

    Die vier geständigen Täter sind angeklagt, im Juni vergangenen Jahres einen Freier auf dem Freibad-Parkplatz in Aichach unter vorgehaltenem Messer ausgeraubt zu haben. Die Frau spielte dabei den Lockvogel, sie bot im Internet sexuelle Gefälligkeiten an und verabredete sich mit dem Opfer. Die drei männlichen Angeklagten führten den Raub dann aus. Alle vier geben nicht nur an, schwer drogenabhängig gewesen zu sein, sondern auch zum Zeitpunkt der Tat unter Drogen gestanden zu haben. Mit dem Geld wollten sie sich weitere Drogen kaufen. Am dritten Prozesstag soll ein Sachverständiger klären, welche Rolle Drogen bei der Tat gespielt haben und ob eine Suchttherapie den Tätern helfen kann.

    Psychiater: Keine Schuldminderung wegen der Drogen

    Für alle vier Angeklagten fasst der forensische Psychiater Fabian Lang zusammen, dass durch die Drogen zum Zeitpunkt der Tat keine Schuldminderung besteht. Die Angeklagten zeigten laut Aussage des Opfers keine Ausfallerscheinung. Außerdem seien sie in der Lage gewesen, die Straftat zu planen. „Es war ein Plan, der in mehreren Etappen umgesetzt wurde“, sagt Lang. Er zweifelt nicht daran, dass die Angeklagten Drogen zu sich genommen hätten. „Alkohol und Amphetamine können zu einer Enthemmung geführt haben“, sagt der Sachverständige. Allerdings reicht das in seinen Augen nicht für eine Schuldminderung.

    Bei allen vier Angeklagten sieht Lang ein hohes Risiko, dass sie erneut straffällig werden. Die drei Männer könnten laut dem Psychiater wieder gewalttätige Straftaten wie diesen Raub begehen. Bei der 22-jährigen Frau sieht er eher das Risiko, dass sie kleinere Delikte begeht, um an Geld für ihren Drogenkonsum zu kommen.

    Aichach: Staatsanwalt spricht von geplanter Tat

    Bei Straftaten, die von Alkohol- beziehungsweise Drogenabhängigen begangen wurden, sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, ihnen bis zu zwei Jahre eine Therapie in einer Entziehungsanstalt zu ermöglichen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Täter nach ihrem Gefängnisaufenthalt erneut süchtig und auch straffällig werden. Dieser Maßregelvollzug kann die Strafe verkürzen, ist aber nur dann anzuwenden, wenn Aussicht auf eine langfristige Überwindung der Sucht besteht. Auch das sollte der Sachverständige klären. Lang sieht beim Besuch einer solchen Entziehungsanstalt für alle vier Angeklagten die Aussicht auf Erfolg.

    Ebenfalls am dritten Prozesstag halten Staatsanwalt und Verteidigung ihre Plädoyers. Staatsanwalt Michael Rauh betont, dass das Quartett nicht in die Tat hineingestolpert sei. „Vielleicht war der Plan nicht klug, aber es war ein überlegtes, nicht nur auf Affekt gestütztes Vorgehen“, sagt Rauh. Einer der Angeklagten habe sich sein Tattoo verbunden, um nicht identifizierbar zu sein. Sie hätten außerdem ein Kabel zum Fesseln und das Messer zur Bedrohung mitgebracht. Das Motiv sieht der Staatsanwalt klar in der Finanzierung ihres Drogenkonsums. „Aber das kann keine Entschuldigung sein“, sagt Rauh. Beschaffungskriminalität sei immer noch Kriminalität. Für die beiden Angeklagten, die zum Tatzeitpunkt noch 20 Jahre alt waren, plädiert Rauh dafür, nach Jugendstrafrecht zu urteilen.

    Prozess: Angeklagte gestehen Tat

    Die vier Verteidiger betonen bei ihren Plädoyers, dass die Angeklagten geständig sind, sich bei dem Opfer entschuldigt und auch das Geld entweder zurückgezahlt oder die Rückzahlung versprochen haben. Das Opfer hatte am ersten Prozesstag die Entschuldigungen akzeptiert. Damit sei ein Täter-Opfer-Ausgleich entstanden, argumentieren die Verteidiger.

    Die Verteidiger der drei männlichen Angeklagten halten eine Therapie für ihre Mandanten für sinnvoll. Der 21-Jährige hat aber bereits während der U-Haft eine vor einiger Zeit begonnene Ausbildung fortgeführt, die er vor dem Besuch der Entziehungsanstalt gerne abschließen würde. Sowohl Staatsanwalt als auch Vorsitzender Richter Hoesch signalisieren, dass sie ebenfalls eine Lösung vorziehen würden, bei der der Angeklagte seine Ausbildung beenden und eine Suchttherapie machen kann. Dafür bedankt sich dessen Anwalt bei seinem Plädoyer. Der Anwalt der Angeklagten plädiert auf eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung, da sie ein kleines Kind hat. Es ist die erste Straftat der 22-Jährigen. Sie ist nicht wegen schweren Raubs, sondern wegen Raubs angeklagt, da sie von dem Einsatz des Messers nichts wusste.

    In der kommenden Woche wird das Urteil erwartet.

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