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Todtenweis: Wie Stefan Lindauer für die Grünen in den Bundestag will

Todtenweis

Wie Stefan Lindauer für die Grünen in den Bundestag will

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    Stefan Lindauer aus Todtenweis will für die Grünen in den Bundestag.
    Stefan Lindauer aus Todtenweis will für die Grünen in den Bundestag. Foto: Marcus Merk

    Schloss Blumenthal ist ein Ort, an dem man zur Ruhe kommt. Im Innenhof grasen Ziegen und Lamas, aus einem Steinbrunnen plätschert Wasser, zwei Buben machen Hand in Hand einen gemächlichen Spaziergang. Inmitten all dessen hat Stefan Lindauer auf einer Bank Platz genommen, er schnauft durch. Klar, das Idyll gefalle ihm, die Naturverbundenheit, auch die Idee hinter dem ökologischen Gemeinschaftsprojekt. Lebensverändernd war für ihn aber, was hier 2019 passierte.

    Damals ging es richtig los, das mit ihm und den Grünen. Bei einem Stammtisch des Aichacher Ortsverbands in Schloss Blumenthal lernte er die Partei und seine künftigen Mitstreiterinnen und Mitstreiter kennen. Was hier begann, soll ihn nun in den Bundestag führen.

    Bundestagswahl: Grünen-Kandidat Stefan Lindauer wollte Landrat werden

    Die politische Karriere des 24-Jährigen hat gerade erst begonnen, und doch ist die Wahl am 26. September bereits seine zweite große. Im Frühjahr 2020 forderte er bei der Landratswahl in Aichach-Friedberg Amtsinhaber Klaus Metzger (CSU) heraus. Die Niederlage war deutlich, das Ergebnis von 15,8 Prozent aber durchaus ein Achtungserfolg. Nun folgt die Kandidatur für den Bundestag. Doch was ist er nun: Bundes- oder Kommunalpolitiker? Fehlt die letzte Überzeugung für beides? "Sicher nicht", sagt Lindauer, der seit 2020 im Kreistag sitzt. "Der Fokus ist einfach ein anderer. Im Kreis hat man die Themen vor Ort, man sieht die Ergebnisse unmittelbar. Im Bund ist es eher ein spezifischeres, fachbezogeneres Arbeiten." In vielen Bereichen würden die Bereiche auch ineinander übergreifen.

    Fragebogen Bundestags-Kandidat Stefan Lindauer (Grüne)

    Welches Musikinstrument würden Sie gerne spielen können?

    Geige, weil es ein klassisches Instrument mit modernen Zügen ist.

    Was kommt bei Ihnen auf den Grill?

    Ein Angusrind, weil es vom eigenen Hof kommt.

    Welches Auto fahren Sie?

    Einen Skoda mit Elektromotor, weil die Mobilitätswende beim Einzelnen beginnt.

    Hatten Sie als Kind einen Spitznamen und wie lautete dieser?

    Ich hatte zwei: "Lindi" und "Stoffel".

    Ihr aktueller Lieblingsfilm?

    "Love, Simon" - weil es eine schöne, ehrliche, schwule Liebesgeschichte ist.

    Wenn Sie wählen müssten, in welchem Jahr würden Sie gerne leben: 1880, 1950, 1980 oder 2021?

    1980, weil bereits vor über 40 Jahren auf die Klimakrise hingewiesen wurde und die Warnungen nicht ernst genommen wurden.

    Welchen Luxus gönnen Sie sich?

    Auch im Wahlkampf in die Alpen zum Wandern zu fahren.

    Wenn Sie auf das vergangene Jahr zurückblicken: Auf welches persönliche Erlebnis könnten Sie verzichten?

    Die zahlreichen Anfeindungen in sozialen Netzwerken.

    Die Chancen, dass Lindauer im Herbst von Todtenweis nach Berlin umzieht, sind eher überschaubar - zu schlecht ist der Listenplatz 46 des Direktkandidaten. "Es ist nicht ganz aussichtslos", sagt Lindauer dennoch und strahlt durchaus Überzeugung aus. Er pokere auf Ausgleichs- und Überhangmandate.

    Lindauer ist Kreisvorsitzender in Aichach-Friedberg und Rettungssanitäter

    Lindauer wuchs zunächst in Schongau, später in dem nahe gelegenen 1000-Einwohner-Dorf Schwabbruck auf. Er half auf dem heimischen landwirtschaftlichen Hof mit, auf seinem Führerschein ist die Klasse T für Traktoren freigegeben. Diese Zeit sei "prägend" gewesen, betont Lindauer, er sei und bleibe ein "Landmensch". Dialekt ist ihm trotzdem kaum anzuhören. "Ach, wenn ich mal in Rage bin, kommt der schon raus", sagt er und lacht.

    Nach Ausbildungen zum Milchwirtschaftlichen Laboranten und zum Rettungssanitäter zog Lindauer 2017 nach Todtenweis, um näher an der BOS in Neusäß (Landkreis Augsburg) zu wohnen. Warum er sich selbst als "Streber" bezeichnet, zeigen seine Noten von damals: Mit dem Abiturschnitt 1,3 hatte Lindauer bayernweit den besten Abschluss im Bereich Agrar/Bio/Umwelt.

    Für den erhofften Medizin-Studiumsplatz reichte das nicht - umso mehr rückt Lindauer nun das Thema Gesundheit ins Zentrum seiner politischen Agenda. Insbesondere der Rettungsdienst, in dem er neben seinen Tätigkeiten für die Landtagsabgeordneten Cemal Bozoglu und Christina Haubrich hauptberuflich arbeitet, liegt ihm am Herzen. "Wir müssen die Versorgung umstellen, weil das Personal immer näher an die Grenzen der Belastung kommt", sagt der 24-Jährige. Derzeit werde dem Gesundheitssystem durch private, profitorientierte Dienstleister viel Geld entzogen, das vor allem in der Verwaltung verschwinde. "Stattdessen müssen wir so viel Geld wie möglich im System behalten, um so das große Ganze zukunftssicher auszurichten."

    Stefan Lindauer aus Todtenweis will für die Grünen in den Bundestag.
    Stefan Lindauer aus Todtenweis will für die Grünen in den Bundestag. Foto: Marcus Merk

    24-Jähriger ist offen homosexuell - und wehrte sich gegen Hasskommentare

    Zur Gesundheit gehört für Lindauer, seit 2019 Kreissprecher der Grünen in Aichach-Friedberg, auch der Klimaschutz. Gerade in diesem Bereich müsse Politik "handlungsfähiger" werden - wichtig sei dabei jedoch, die Leute mitzunehmen. Thema Mobilität: "Wir müssen mehr attraktive Angebote schaffen. Klar ist aber auch, dass wir gerade im ländlichen Raum vom Auto nicht wegkommen. Da braucht es umweltfreundliche Technologien."

    Lindauer, der ruhig spricht und mit Bedacht gestikuliert, scheut die Öffentlichkeit nicht, ist in sozialen Medien sehr aktiv. Eher unfreiwillig stand er im Sommer in den Schlagzeilen. Der 24-Jährige lebt offen homosexuell, ist seit Juli 2018 mit einem Mann verlobt. Im Frühling 2020 beleidigte ihn ein Nutzer online deshalb derart massiv, dass sich Lindauer juristisch wehrte - mit Erfolg, der Verfasser des Hasskommentars wurde verurteilt. Lindauer sieht seine Aufgabe auch darin, anderen Queeren Mut zu machen - und gleichzeitig nicht queeren Menschen zu zeigen: "Wir wollen niemanden indoktrinieren. Leben und leben lassen - darum geht es."

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