"Die Sorge, dass es zu einem Ausbruch kommt, ist sehr groß", sagt Klaus Ponkratz, Leiter des Pfarrer-Knaus-Heims in Kühbach. Mit 30 Pflegeplätzen zählt die Einrichtung zu den kleineren im Landkreis. Doch mit jedem Tag, an dem die Infektionszahlen weiter steigen, steigt auch die Gefahr, dass das Virus seinen Weg in das Heim findet - vor allem durch Mitarbeiter oder Angehörige der Bewohner.
"Wir riegeln die Einrichtung wieder so ab, wie wir es im März und April getan haben", sagt Ponkratz. Das bedeutet: Die Besuchszeiten wurden auf eine Stunde pro Woche pro Bewohner reduziert, Angehörige verschiedener Bewohner dürfen nicht mehr gleichzeitig im Heim anwesend sein. "Wir denken auch intensiv darüber nach, die Tagespflege zu schließen", sagt Ponkratz. "Das ist keine schöne Situation, gerade für die Angehörigen. Aber wir müssen handeln."
Wie erleben nun die Heimbewohner die Situation? Unruhig, beängstigt, panisch? Gestatten, Maria Hinkelmann, 87 Jahre alt. Sie lebt seit fünfeinhalb Jahren im Pfarrer-Knaus-Heim. Ja, ein bisserl strenger gehe es jetzt schon zu, sagt die gebürtige Münchnerin. "Aber wir bekommen ja weiter Besuch und ein Telefon gibt's auch noch." Und ja, ein bisserl Sorgen mache sie sich schon auch, man lese und sehe ja einiges in Zeitung und Fernsehen. "Aber uns geht's doch gut hier drin, es ist warm, wir schauen auf die Abstände. Und mit jedem anderen Bewohner redet man ja sowieso nicht."
Einmal am Tag bete sie, zweimal am Tag werde bei ihr mit einem Infrarot-Thermometer Fieber gemessen, sagt Hinkelmann. Illusionen, die Pandemie könne bald vorbei sein, gibt sie sich nicht hin. "Das wird sich schon noch hinziehen, freilich. Deshalb muss man die Maßnahmen einhalten, vernünftig sein." Sie finde es deshalb auch gut, dass momentan weniger Betrieb im Heim herrsche. "Das ist halt so, wenn ich gesund bleiben möchte." Für Menschen, die gegen Corona-Maßnahmen protestierten, habe sie nur wenig Verständnis. "Das mit der Wirtschaft, die Probleme deswegen, das kann ich noch nachvollziehen. Aber alle anderen - entschuldigen'S, da sag' ich jetzt lieber nichts mehr."
Auch im Heilig-Geist-Spital in Aichach ist die Sorge vor dem Virus groß. Deswegen sind seit vergangener Woche keine Besuche mehr erlaubt. Leiter Hans Eberle sagt, mit den steigenden Zahlen sei ihnen "die Sache zu heiß geworden". Nicht alle Angehörigen hätten das gut gefunden. "Aber sie haben auch Verständnis."
Corona-Ausbruch: Im AWO-Heim in Aichach starben 17 Bewohner
Im AWO-Heim in Aichach ist im Frühjahr das eingetroffen, wovor sich die anderen Seniorenheime fürchten. Bei einem Corona-Ausbruch starben 17 Bewohner. Heinz Münzenrieder, Vorsitzender der AWO Schwaben, sagt, das sei für alle "eine Riesenbelastung" gewesen. Für die Angehörigen, für die Bewohner, aber auch für die Mitarbeiter. "Gerade die, die täglich mit den Angehörigen arbeiten." Der AWO-Chef sagt, das wirke nach. "Das kann man nicht einfach wegwischen." Nach dem Ausbruch warf das Gesundheitsamt dem AWO-Heim vor, Hygiene-Auflagen nicht eingehalten zu haben. Die Angehörige eines der Todesopfer erstattete im Mai dann Strafanzeige. Münzenrieder sagt, er sei froh, dass dadurch die Vorwürfe von einer "unabhängigen Stellung" geprüft werden.
In den AWO-Heimen in Aichach und Aindling kann jeder Bewohner einmal am Tag eine Stunde besucht werden. Allerdings muss ein Termin vereinbart werden, damit nicht zu viele Besucher auf einmal im Gebäude sind. Abgesehen von den Besucherregelungen wird regelmäßig Fieber gemessen. Bei der Pflege darf kein Hautkontakt erfolgen. "Es wird mit viel Plastik gearbeitet", so Münzenrieder. Aber man sei nie davor gefeit, "dass das Teufelsvirus trotzdem rein kommt".
Besuche mit Schutzscheiben oder über Videoanrufe
In der Senioreneinrichtung Sonnengarten in Pöttmes darf pro Bewohner ein Besucher kommen. Natürlich auf Abstand und mit Maske. Wenn eine Maske nicht möglich ist, bietet das Heim Schutzscheiben wie im Supermarkt an. Heimleiterin Christine Schiele sagt, gerade für Demenzkranke sei es wichtig, die Angehörigen zu sehen. Auch Videoanrufe organisiert der Sonnengarten. Schieles Mitarbeiter gehen außerdem häufig mit den Bewohnern spazieren. "Man tut viel, damit sie abgelenkt sind", so Schiele. Gleichzeitig versuchen sie mit Gesprächen, die Bewohner über die aktuelle Corona-Lage aufzuklären. Auch für das Personal ist die Corona-Zeit nicht leicht. Im Sonnengarten sind die Mitarbeiter jetzt in mehr Gruppen eingeteilt und haben häufiger Pause, sonst müssten sie acht Stunden permanent eine Maske tragen. Dazu kommen die Sorgen, jemanden anzustecken. Deswegen sollen Schieles Mitarbeiter, sobald sie sich nicht ganz fit fühlen, zu Hause bleiben.
Einer der 42 Bewohner im Pöttmeser Heim ist Peter Günter, 79 Jahre. Die Zeit im Frühjahr, als kein Besuch kommen konnte, beschreibt er als "bedrückend". Aber er habe ein schönes Zimmer, Fernseher und Radio um sich zu informieren. Wie erlebt er die zweite Welle? "Mit großem Bedauern." Mit dem, was man täglich in den Medien sehe und höre, müsse man eine gewisse Angst haben. "Also mir geht es so", sagt Günter. Er vermisst es, viel Zeit in der Natur zu verbringen, sagt er. Allerdings bleibt er bei all dem ruhig und auch optimistisch: "Hoffentlich ist die Zeit bald vorüber, dass wir wieder in Ruhe leben können." Das sei sein sehnlichster Wunsch für alle.
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