Die Aichacher Stadtverwaltung bekommt für ihre Erweiterung nun doch kein „Glashaus“. Die Architekten haben die Vorentwurfsplanung und den Baugrund seit der Präsentation im Januar genauer untersucht. Daraus ergeben sich deutlich höhere Kosten.
Den im Januar geschätzten Kosten von rund 5,36 Millionen Euro stehen jetzt die berechneten Kosten gegenüber, die sich auf rund 6,47 Millionen Euro belaufen. Dabei ist aber bereits eine günstigere Gestaltung der Fassade berücksichtigt.
Untergrund erweist sich als schwieriger als erwartet
Für diese Entwicklung führte Architekt Stefan Schrammel mehrere Gründe an. Der Untergrund ist demnach schwieriger als erwartet, die Situation mit dem Grundwasser ungünstiger als zunächst angenommen. Teilweise muss Boden ausgetauscht werden. Laut Günter Bauer von Schrammel Architekten verursachen die Bodenverhältnisse alleine schon 250000 Euro der Mehrkosten.
Schrammel stellte das neue Raumprogramm vor (siehe Infokasten unten). Größte Veränderung ist die zweite Etage, die nun doch nicht zurückgesetzt wird. Dadurch werden 100 Quadratmeter zusätzliche Fläche gewonnen, die ebenfalls Mehrkosten verursachen. Die Finanzverwaltung, für die das Raumprogramm laut Schrammel mehrfach diskutiert wurde, kann dafür auf einer Etage komplett untergebracht werden.
270 000 Euro für die Flächenmehrung
Die Sozialräume und Besprechungszimmer ziehen dafür vom zweiten in den dritten Stock, der wegen der Abstandsflächen zum Nachbargrundstück zurückspringt. Für die Flächenmehrung veranschlagte Schrammel 270000 Euro.
Dazu kommen die deutlich angestiegenen Baupreise, auch durch die Verlängerung der Bauzeit. Dafür veranschlagte Schrammel 700000 Euro.
Glasfassade erfordert mehr Aufwand bei Haustechnik
Dass die Kostenberechnung nicht noch höher ausfällt, liegt an einem Umdenken bei der Fassade. Bürgermeister Klaus Habermann sagte, mit Blick auf die Kostentwicklung habe man die Architekten nach Einsparmöglichkeiten gefragt.
Wie Schrammel erläuterte, hat eine thermische Simulation gezeigt, dass eine Glasfassade bei dem Gebäude mit einem erheblichen Aufwand bei der Haustechnik verbunden wäre. Zudem habe sich gezeigt, dass sich viele Mitarbeiter mit einer raumhohen Verglasung ohne Brüstung nicht wohl fühlen.
Lochfassade als Alternative
Als Alternative präsentierten die Architekten eine sogenannte Lochfassade, also eine Fassade mit Fenstern mit Brüstung, die strukturierte Putzoberflächen bekommen soll. Sie ist kostengünstiger und auch bei der Haustechnik günstiger.
Durch die Brüstung unter den großen Fenstern, die bis zur Decke reichen und sich öffnen lassen, gibt es in den Büros auch mehr Stellmöglichkeiten, so Schrammel. Die Glasfassade hätte mindestens 585000 Euro mehr gekostet – zusätzlich zu den rund 6,5 Millionen.
Kreisbaumeister ist laut Bürgermeister angetan
Für Bürgermeister Klaus Habermann, der sich als Fan der Glasfassade bezeichnete, war es keine Frage, sich angesichts dieser Fakten für die Lochfassade zu entscheiden. Auch der Kreisbaumeister sei sehr angetan von dieser Alternative, die sich gut in die Umgebung einfüge, berichtete er. Über Art der Fassade, Farbe und Putz könne man später entscheiden.
Beim Altbau werde man sich jetzt auf das Allernotwendigste beschränken, so Habermann, und in zwei, drei Jahren überlegen, was dort noch geschehen soll.
Bei der Fassadengestaltung waren die Meinungen geteilt. Für Helmut Beck (CSU) und Karl-Heinz Schindler (SPD) stand aber der Raumgewinn im Vordergrund. Der Platz werde gebraucht. Es handle sich um keine De-Luxe-Lösung.
Freie Wählergemeinschaft stören sich an den Kosten
Georg Robert Jung (Freie Wählergemeinschaft) machten die Kosten Sorgen. Den 6,47 Millionen Euro könne die FWG so nicht zustimmen. Er befürchtete angesichts weiterer Investitionen in den Altbau und in das geplante Kinderhaus auf dem Neusa-Gelände gehe man gesamt ganz schnell in Richtung 15 Millionen Euro im Haushalt. Deshalb solle man noch einmal überlegen, wo Kosten eingespart werden könnten.
Sein Vorschlag: Wegen der Kosten und der Gestaltung sollte man über das dritte Obergeschoss noch einmal nachdenken. Man brauche ein preiswertes Gebäude, das den Zweck erfüllt.
Habermann: Verzicht auf Fläche "nicht zielführend"
Habermann entgegnete: „Natürlich ist das ein Kraftakt, aber Sie können davon ausgehen, dass wir einen tragfähigen Haushalt vorlegen werden. Dass wir das können, haben wir in der Vergangenheit bewiesen.“
Auf das dritte Obergeschoss zu verzichten, hielt er auf dem relativ kleinen Grundstück für nicht zielführend. „Wir bauen nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Bürger und künftige Generationen“, sagte er.
Weniger Personal durch Digitalisierung?
Marc Sturm glaubte angesichts der Digitalisierung nicht, dass die Mitarbeiterzahl stetig wachsen werde. Er stellte den Antrag, die Architekten zu beauftragen, nach Einsparpotenzialen zu suchen und die Planung so zu optimieren, dass sich die Kosten weitgehend an 5,5 Millionen Euro annähern. Dieser Antrag wurde mit 11:19 abgelehnt. Mit 20:10 wurde beschlossen, die Planung mit der Lochfassade voranzutreiben. Die Fassadengestaltung soll nochmals vorgestellt werden.
Im Zusammenhang mit dem Erweiterungsbau hat der Stadtrat den Auftrag für den Spundwandverbau vergeben. Er ging an die Firma Hans Baur GmbH aus Friedberg für rund 120000 Euro.
Die Pläne für das Verwaltungsgebäude
- Neubau Geplant ist ein viergeschossiges, zur Grundstücksgrenze nach Norden hin nun drei- statt zweigeschossiges Gebäude. Auf das Flachdach kommt eine Photovoltaikanlage.
- Raumprogramm Im Keller ist eine Tiefgarage mit zwölf Stellplätzen, Durchfahrt zur öffentlichen Tiefgarage und Durchfahrtsmöglichkeit zur geplanten Tiefgarage auf dem Nachbargrundstück vorgesehen. Außerdem sind die Pelletsheizung und Lagerräume untergebracht. Im Erdgeschoss liegt das Bürgerbüro. Der erste Stock gehört dem Bauamt. Der zweite Stock ist im Gegensatz zur ursprünglichen Planung nicht zurückgesetzt. Dort entstehen etwa 100 Quadratmeter zusätzliche Fläche. Dadurch kann die Finanzverwaltung in einer Etage statt auf zwei untergebracht werden. Die Sozialräume und zwei Besprechungszimmer, die im zweiten Stock vorgesehen waren, wandern in die dritte Etage. Wegen der Abstandsflächen zum Nachbargrundstück ist es zurückgesetzt. Dort entsteht eine Dachterrasse.
- Verbindungsbau Als Verbindung zwischen Alt- und Neubau sowie als zentraler Haupteingang für beide Gebäude dient ein zweigeschossiger gläserner Bau, der durch zwei Windfänge sowohl vom Eichenhain her als auch von der Martinstraße betreten wird. Verbindungsgänge gibt es demnach im Erdgeschoss und im ersten Stock, nicht aber im zweiten und dritten Obergeschoss: Dort liegt im Altbau der Sitzungssaal.
- Altbau Im Altbau sollen sich die Arbeiten vorerst auf das Nötigste beschränken. Im Erdgeschoss entstehen ein großes Trauungszimmer und eine von außen erreichbare Behindertentoilette. (bac)