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Aichach-Friedberg: So funktioniert Brutplatzmanagement: Damit der Kiebitz hier bleibt

Aichach-Friedberg

So funktioniert Brutplatzmanagement: Damit der Kiebitz hier bleibt

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    Der Kiebitz ist auf dem Rückzug. Es brüten immer weniger von ihnen auf den Äckern und Wiesen im Wittelsbacher Land.
    Der Kiebitz ist auf dem Rückzug. Es brüten immer weniger von ihnen auf den Äckern und Wiesen im Wittelsbacher Land. Foto: Alois Haider

    Der Kiebitz ist auf dem Rückzug. Brüteten auf den Äckern und Wiesen im Wittelsbacher Land 2010 noch 60 Kiebitzpaare, so verringerte sich deren Präsenz bis 2017 auf 45 Paare – ein rapider Absturz. In den Landkreisen Donau-Ries, Dillingen und Günzburg wird seit Jahren versucht, der Abnahme der Population des schwarz-weiß gefiederten Sympathieträgers entgegenzuwirken. Dazu dient ein Brutplatzmanagement, um das sich Fachbehörden, Wiesenbrüter-Kenner und Landschaftspflegeverbände kümmern. Ein solches gibt es seit dem Frühjahr auch im Landkreis. Schon jetzt stellt sich Erfolg ein.

    Eine Bilanz zogen die Beteiligten nun bei einem Ortstermin in Rehling. Wiesenbrüterspezialist Uwe Bauer machte deutlich: „Um dem Kiebitz das Überleben in seinem Brutgebiet zu sichern, müssen die Elterntiere durchschnittlich 0,8 Jungvögel pro Brut bis zum Erwachsenenalter durchbringen.“ In der Rehlinger Flur um Oberach etwa sei das hervorragend gelungen. Dort führten zehn brütende Paare neun Junge bis ins Flügge-Stadium. Im Lechtal bei Mühlhausen schafften es sieben Paare sogar, acht Junge bis ins Erwachsenenalter durchzubringen. Wie ist das möglich?

    Der Naturschutzwächter Axel Del Mestre ist auch Wiesenbrüterberater. Mit dem Experten Bauer beobachtet er die Kiebitze im zeitigen Frühjahr. Finden die beiden ein brütendes Paar, ist Eile geboten. Sie markieren das Nest unauffällig mit zwei längs der landwirtschaftlichen Bearbeitungslinien eingeschlagenen Pflöcken und suchen möglichst schnell Kontakt mit dem zuständigen Bauern. Viele der Gelege werden durch die späte Bodenbearbeitung für Rüben- oder Maisanbau zerstört. Wenn sie gekennzeichnet ist, kann der Landwirt die Brutstelle nach Belieben umfahren. Bauer: „Zwar kann der Kiebitz bis zu vier Folgebruten leisten, doch es zeigt sich immer wieder, dass die Jungen aus dem Erstgelege eine höhere Überlebensquote aufweisen. 86,6 Prozent der heuer überlebenden Jungen stammten aus Erstgelegen.“

    Brutplatzmanagement für Kiebitze: So reagieren die Landwirte

    Anfangs war noch fraglich, wie betroffene Bauern auf die zusätzliche Arbeit und die Anbaulücken reagieren würden. Nun, gegen Ende der Vegetationsperiode, sprach Del Mestre den 20 Landwirten ein dickes Lob aus: „Ohne Ihre aktive Mithilfe hätte das nie so funktioniert.“ Margarete Siering betreut als Vertreterin der höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Schwaben das Wiesenbrüterprojekt. Sie bestätigte: „Die Mitmachquote der Landwirtschaft im Landkreis Aichach-Friedberg lag bei fast 100 Prozent. Das ist herausragend.“ Solche Aussagen zu seinem Berufsstand konnte BBV-Kreisobmann Reinhard Herb zuletzt selten vernehmen, umso erfreuter zeigte er sich. Landrat Klaus Metzger verteilte an die teilnehmenden Landwirte die Wiesenbrüter-Plakette. „Die können Sie an die Stalltüre nageln“, sagte er. Einer der Abnehmer entgegnete: „Die kommt an die Hofeinfahrt.“

    Verantwortlich koordinierend für das Brutplatzmanagement für den Kiebitz ist der Landschaftspflegeverband (LPV) Aichach-Friedberg. Angela Rieblinger war als LPV-Geschäftsführerin in ständigem Kontakt mit den Bauern. Sie kennt die Geschichten hinter der Statistik. Rieblinger erzählte: „Auf dem Acker von Alois Haider aus Rehling befand sich ein Gelege, woraus drei Junge flügge wurden. Er hat nicht nur das Nest ausgespart, sondern auch das Heranwachsen der Kiebitze weiter beobachtet und konnte sogar einige Schnappschüsse von den jungen Kiebitzen machen.“ Besonders erfolgreich sei die Aussparung von Landwirt Karl Bachmair aus Rehling gelungen. Auf seinem Acker wurden sogar zwei Gelege gefunden, aus denen insgesamt fünf flügge Junge hervorgingen. Besonders ärgerlich ist es, wenn junge Vögel kurz vor dem Erreichen des Erwachsenenalters verschwinden. Bauer macht dafür Prädatoren wie Fuchs, Dachs oder Marder, aber auch Krähen verantwortlich. Der Kissinger Landwirt und Jäger Josef Asam sieht das jedoch differenzierter: „Ich beobachtete ein Krähenpaar, das ein Kiebitzpaar angriff. Die kleinen Vögel wehrten sich tapfer, doch es kamen immer mehr Krähen hinzu. De hom de Kiebitze buchstäblich auf’garbad.“ Den Fuchs stuft Asam für seine Gegend um Kissing als weniger gefährlich ein. Dessen Population sei durch die Räude derzeit eher ausgedünnt.

    Zurück zum Kiebitz. Insgesamt waren heuer 37 Gelege von den Wiesenbrüterberatern markiert. Daraus wurden immerhin 26 Jungvögel flügge. Nicht alle Markierungen führten zum Erfolg. So etwa erreichte kein Junges aus den vier Gelegen um Mering und aus den zwei Gelegen um Kissing die Flügge.

    Experte Bauer macht auch den Flächenverbrauch für die Verdrängung des Kiebitzes verantwortlich. Sein einstmals höchst frequentiertes Brutgebiet bei Derching sei jetzt zum großen Teil Gewerbegebiet. „Da hat heuer nur mehr ein Paar gebrütet“, berichtete Bauer und schloss: „Auch mit der geplanten Umfahrung von Mühlhausen werden wir einen Brutplatz verlieren.“

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