In Aichach und Umgebung ist bekannt, dass sich der Weg zu den Silvesterkonzerten in die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt lohnt. Dort erwartet die Besucher die Kombination aus einer ungewöhnlichen Programmauswahl und wechselnden Interpreten.
Mit der G-Dur-Fantasie gelang dem Organisten ein markanter Einstieg. Alois Kammerl lotete die frappierenden Stilwiedergabemöglichkeiten der Orgel mit einer großartigen Gegenüberstellung von Johann Sebastian Bachs Fantasie mit einer Toccata von Charles-Marie Widor aus. Eine interessante Idee von Kammerl, der selbstverständlich in beiden Stilen zu Hause ist und sowohl Bachs Original als auch Widors freie Gestaltung mit gleicher Kunst und Ausdruck spielte.
Die Aufführung dominierte zweifellos Tenor Bernhard Hirtreiter mit seiner ausdrucksstarken und variablen Stimme, die selbst Höhen mühelos meistert. Gleich souverän und sicher agierte Sopranistin Beata Marti, Hirtreiters Ehefrau. Energisch und manchmal melancholisch konnte sie ihre Stimme einsetzen, ihr durchgehend virtuos klingender Sopran saß sicher und blieb sogar in Spitzentönen nichts schuldig.
Die Sänger wagten zusammen mit dem Organisten Crossover. Die Formenstrenge der Klassik wurde zuweilen nur angedeutet, um ohne große Veränderungen in manchmal rhythmischen und schmeichelnden Jazz zu wechseln. Die ausdrucksstarken Stimmen und die zurückhaltende Instrumentalbegleitung war eine erfrischende Kombination. Selbst Bach wurde verfremdet in „Ich steh an deiner Krippen hier“. Die beiden trafen sich aber auch immer wieder und mit Freude zu reizenden Duetten.
Zwischen den Liedern las der Tenor meditative Texte: Zum Beispiel „Stufen“ von Hermann Hesse. Oder ein Zitat von Albert Einstein: „Wenn’s alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs Neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht.“
Mal im Duett, mal als Solisten mit faszinierender Leichtigkeit und Präsenz – modulationsreich schöpften die Solisten die Lieder gesanglich voll aus, von hohen Lagen bis zu tieferen Tönen, mal laut und mal leise. Egal ob „Lascia ch’io pianga“ aus Georg Friedrich Händels Oper „Rinaldo“, ein „Ave Maria“ von Michal Lorenc oder „Amazing Grace“, eines der beliebtesten Kirchenlieder weltweit. Ebenso einzigartig präsentierte Marti schließlich das moderne italienische „Nella Fantasia“ (In meiner Fantasie) von Ennio Morricone.
Als Zugabe ein im Original gesungenes „Es ist ein Ros’ entsprungen“ – gekrönt von herzlichem Applaus. (riem)