In unserer Serie „Schlossgeschichte(n) im Wittelsbacher Land“ stellen wir architektonische Schmuckstücke und ihre Bewohner vor – jeweils mit einer Sonderseite und einem Video im Internet. Im zwölften Teil geht es heute um Schloss Rapperzell bei Schiltberg.
Schiltberg-Rapperzell Gerüchteweise hatten sie von einer „weißen Frau“ gehört, als sie 1997 das kleine Schlösschen Rapperzell westlich von Schiltberg bezogen. Ernst genommen hatten Uwe Zimmer, promovierter Journalist und Chefredakteur im Ruhestand und seine Frau Susanne diese Erzählungen aber nicht.
Wie präsent dieser Geist noch heute in Rapperzell ist, sollte sich erst zeigen, als Susanne Zimmer ihre neuen Nachbarn anlässlich ihres Einzugs zu Kaffee und Kuchen bat. Verwundert darüber, dass von den eingeladenen zwölf Frauen nur zwei kamen, erfuhr sie, dass die Angst vor der weißen Frau noch immer höchst präsent ist in dem kleinen Ort. Früher hätte der Lehrer den Kindern gedroht, die weiße Frau würde sie bestrafen, wenn sie nicht artig waren. Über 50 Jahre war die Schule nämlich im Schloss untergebracht. Auch gestandene Mannsbilder weigerten sich über die Jahre, allein das Dachgeschoss zu betreten.
Wie besänftigt man einen Geist? Diese Frage stellten sich Susanne und Uwe Zimmer und beschlossen, mit der weißen Frau auf eine „gute Nachbarschaft“ anzustoßen. Sie stellten ihr zur Begrüßung ein Gläschen Champagner in den Dachstuhl, aus dem sie – vielleicht – ein kleines Schlückchen nahm. Jedenfalls leben die Zimmers bis heute einträglich mit der „weißen Frau“ unter einem Dach. „Sie vermittelt ein besonderes Gefühl in diesem alten Haus“, erklärt Uwe Zimmer auf die Frage, ob es die weiße Frau denn tatsächlich gebe. „Ich will nicht ausschließen, dass es hier so etwas gibt wie ein mittelalterliches Klima“, sagt er, während sich seine Stirn in Denkerfalten legt und die Augen spitzbübisch funkeln.
Gar nicht mittelalterlich haben sich Susanne und Uwe Zimmer dagegen in Schloss Rapperzell eingerichtet. „Susanne ist das treibende Element hier“, gesteht der Journalist. „Sie hat hier im Wesentlichen ihre Vorstellungen verwirklichen können – mit ihren Möbeln und meinen Büchern“, gibt Zimmer Einblick.
Da stehen klassische Bauhaus-Sessel von Marcel Breuer vor einer prall gefüllten Bücherwand. Vor dem Kamin lädt eine Corbusier-Liege zum Relaxen ein. Gegenüber behauptet sich ein mit Blümchenmuster bezogener Lesesessel. Der Holzdielen-Fußboden ist historisch und sorgsam abgeschliffen.
Eine wohlige Wärme verbreitet sich im Haus. Dank Fußbodenheizung und Isolierverglasung herrscht moderner Wohnkomfort. Da der Hausherr gerne kocht, dominiert ein großer Esstisch die geräumige Küche im Erdgeschoss. Tommy, die junge Spanische Dogge, und die vielen Katzen dürfen es sich in der Ecke gemütlich machen. Wann immer die Sonne am Himmel lacht, genießen die Bewohner den etwa ein Hektar großen Garten. Ein kleiner, kreisförmiger Teich mit einer Insel in der Mitte ist ein Relikt der ursprünglichen Wasserburg. Den üppigen Baumbestand teilen sich die Zimmers gerne mit den Vögeln (darunter auch ein Eisvogel) und verteidigen ihn vehement gegen zwei Biber, die dem Garten immer wieder mal einen Besuch abstatten.
Wie Schloss Rapperzell entstanden ist, woher die weiße Frau tatsächlich stammt und was Kaiserin Sisi mit Rapperzell zu hat, lesen Sie heute auf unserer "AN-Extra Seite 5
Bei uns im Internet
Im Internet laden wir Sie in unserem Video zu einem Rundgang durch das Schlösschen ein. Dr. Uwe Zimmer erzählt darin, wie sie auf Schloss Rapperzell aufmerksam wurden und warum es für die Journalisten „eines der schönsten Häuser am Ende der Welt“ ist.
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