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Schicksal: Nach dem Brand der Western City: „Ich weiß nicht, was ich mir wünsche“

Schicksal

Nach dem Brand der Western City: „Ich weiß nicht, was ich mir wünsche“

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    Daniela Sippel kümmert sich um die Pferde in der Western City Dasing – hier Fred Rais Spitzbub, der mittlerweile 27 Jahre alt ist.
    Daniela Sippel kümmert sich um die Pferde in der Western City Dasing – hier Fred Rais Spitzbub, der mittlerweile 27 Jahre alt ist. Foto: Ute Krogull

    Die Silvesternacht verbringen die meisten Menschen mit Freunden, mit der Familie, auf einer Party. Daniela Sippel wird ihn im Pferdestall der Western City verbringen. Mit ihrer elfjährigen Tochter und mit den Tieren. Sie weiß nicht, wie die Pferde auf die Geräusche und den Geruch der Böller reagieren, wenige Monate nach dem verheerenden Brand. Und sie weiß nicht, wie sie selber reagieren wird.

    Die 38-Jährige war es, die an einem späten Abend im Sommer die Flammen entdeckte, die mit anderen Mitarbeitern die Tiere rettete, vergeblich versuchte, den Brand zu bekämpfen. Noch immer schreckt sie nachts hoch, wenn in Dasing die Feuerwehrsirene losgeht. Dann fährt sie raus zur Western City, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist. Bei jedem Feuer, das sie sieht, kommt die Erinnerung an den Großbrand hoch, und an den Stallbrand im Jahr zuvor. Ihre Tochter weigert sich noch immer, im Schlafanzug ins Bett zu gehen. Sie trägt normale Kleidung, um notfalls schnell fliehen zu können.

    „Der Brand hat Existenzen vernichtet“

    Für viele Menschen war die Western City eine Familie, für Daniela Sippel war sie auch ein Zuhause. Seit drei Jahren wohnte und arbeitete sie dort. „Der Brand hat mehr zerstört als ein paar Gebäude“, sagt sie. „Er hat Existenzen vernichtet.“ Die meisten Mitarbeiter sahen hier keine Zukunft mehr und gingen weg. Sie bleib – auch der Pferde wegen, die sie versorgt. Anfangs hauste sie mit ihrem Kind in einem Container auf dem Gelände. 40 mal bewarb sie sich für eine Wohnung. 39 mal wurde ihr abgesagt – 27 mal wegen des Kindes, zwölfmal wegen ihres Hundes Happy, wie sie erzählt.

    Bürger setzten schließlich durch, dass sie im alten Bahnhof unterkam, wo zuvor Asylbewerber einquartiert waren. Er sei heruntergekommen, sagt sie, verschimmelt. Fenster und Türen kaputt, das Klo im Treppenhaus, die Leitungen ständig eingefroren. Ihre Tochter sage: „Mama, hier fühle ich mich nicht zuhause.“ Sie wird hier auch nicht mehr lange zuhause sein. Von Anfang an sei klar gewesen, dass es nur eine Übergangslösung ist, für die harten Wintertage. Außerdem soll laut Sippel der Bahnhof wieder verkauft werden.

    Wohin dann? Vielleicht in einen Wohnwagen auf dem Gelände der Westernstadt, vielleicht findet sich doch jemand, der Mitgefühl mit ihr und dem Kind hat – und nicht viel Geld verlangt. Denn Sippel lebt von einer Erwerbsminderungsrente und dem bisschen Geld, das sie in der Western City verdient.

    Kartei der Not leistete Hilfe

    Als sie damals ihr Zuhause und all ihre Habseligkeiten verlor, halfen einige. Der Elternbeirat der Sielenbacher Schule zahlte neue Schulsachen der Tochter, das Leserhilfswerk Kartei der Not gab eine Hilfe für den Neustart, Leute aus den Dörfern in der Gegend spendeten Tierfutter, der Förderverein Dasing sammelte Geld. Inzwischen aber ist es still geworden. „Es ist einsam hier in der Western City“, sagt Sippel.

    Was wünscht sich ein Mensch in solch einer Situation vom neuen Jahr? Viele Leute fragten sie das, erzählt die 38-Jährige. Aber sie hat keine Antwort. 2018 sei das härteste Jahr in ihrem Leben gewesen, das ohnehin nicht gerade leicht war. Zeitweise habe sie sogar unter Verdacht gestanden, den Brand gelegt zu haben. Bis heute ist der Täter nicht gefunden; die Ermittlungen laufen weiter. Durch die Brandstiftung habe sie ein Stück weit das Vertrauen in die Menschen verloren, sagt Sippel.

    Sie sei eine Überlebenskünstlerin, habe ihr einmal jemand gesagt. Doch im Moment wisse sie nicht, wie es weitergehen soll. Damit ist sie nicht allein. Die Zukunft der Freizeitanlage, um die ein Erbschaftsstreit entbrannt ist, bleibt ungewiss. Sicher ist allerdings, dass 2018 wieder Karl-May-Festspiele stattfinden sollen. Eines steht für die 38-Jährige fest: „So lange die Pferde da sind, bleibe ich hier. Das bin ich den Tieren schuldig.“

    Aufruf

    Wer eine Wohnung für Daniela Sippel und ihre Tochter hat, kann sich bei unserer Redaktion melden unter redaktion@friedberger-allgemeine.de oder 0821/65070420.

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