Startseite
Icon Pfeil nach unten
Aichach
Icon Pfeil nach unten

Reportage „Sommer in...“: Mirabellen, Mühlen und muntere Kinder

Reportage „Sommer in...“

Mirabellen, Mühlen und muntere Kinder

    • |
    Ein einsamer Skater auf einer einsamen Straße in Handzell. Der Sommerin Handzell lässt sich ruhig und unbeschwert an.
    Ein einsamer Skater auf einer einsamen Straße in Handzell. Der Sommerin Handzell lässt sich ruhig und unbeschwert an. Foto: Vicky Jeanty

    Von Vicky Jeanty

    Pöttmes-Handzell In der Badstraße kreischt eine Kreissäge. Hinter dichten Hecken lachen Kinder. Am Bolzplatz unterhalb der Kirche kicken ein paar Jungs. Ein alter Deutz knattert durch die Waldstraße. Eine junge Frau fährt mit dem Auto am Kinderhaus Wurzelkinder vorbei. Das war’s dann schon, was Handzell an einem heißen Sommertag an Geräuschen produziert. Der südlich von Pöttmes gelegene Ortsteil – 425 Höhenmeter, 747 Einwohner – scheint in sich gekehrt. Und sonnt sich regelrecht im Schatten der stattlichen Kirche Sankt Maria Magdalena, deren mächtiger Zwiebelturm aus allen Himmelsrichtungen grüßt.

    Unterhalb der Pfarrkirche haben die „Haundzööler“ einen kleinen Bolzplatz angelegt. Die Fußballfreunde Payiman und Mario haben sich vom Papa aus Pöttmes hierher fahren lassen. Der siebenjährige Niko wohnt am Ort und freut sich über die Mitspieler. „Noch zweimal schlafen, dann fahren wir ans Meer. Oma kommt auch mit“, sagt er. Zuvor wird noch Mamas Geburtstag gefeiert.

    Die Kuchenauflage wächst in Sichtweite. Ein Mirabellenbaum ist goldgelb mit Früchten, die Kinder haben sich reichlich bedient. Gegenüber liegt das Kinderhaus Wurzelkinder. „Wie heißt du?“ fragen die Knirpse hinterm Zaun. Sie rennen barfuß ums Haus, die Betreuerin hat ihnen die sandigen Beine mit dem Wasserschlauch abgespritzt. „Nächste Woche sind Ferien“, meint die Leiterin.

    Großes Hallo, als Andrea Gschwendtner samt Tochter Anna im Auto vorbeifährt und mitten auf der Straße hält. „Ich bringe Anna zur Oma nach Immendorf“, erzählt die dreifache Mutter. Ihr Sommerprogramm? „Baden im Mandlachsee oder im eigenen Pool, einmal ins Legoland, meine zwei Jungs sind beim Ferienprogramm der Gemeinde mit dabei.“ Ungeduldig wartet sie auf die Schwammerlzeit und hofft auf reiche Beute. Der 13-jährige Niklas kommt auf dem Rad vorbei, hält an und grüßt. Man kennt sich. „Irgendwann fahre ich mit dem Fahrrad nach Aichach. Oder besuche meinen Freund in Gundelsdorf“, sagt er. Langweilig ist ihm überhaupt nicht. Er freut sich auf die Fahrt nach Berlin mit den Eltern und dem kleinen Bruder Timo.

    In der Pfarrer-Aidelspurgerstraße reiht sich ein adrettes Haus ans andere. Der verlassene Bauernhof samt großer Stallungen wirkt wie ein Fremdkörper neben den akkurat gestutzten Hecken, den Gartendekoartikeln, der Grazie aus Gips inmitten sich drehender Windspiele. An der Samfeldstraße wohnt die vierköpfige Familie Bitomsky „Wir fahren nicht weg“, sagt Mutter Birgit. „Wir machen höchstens kleine Tagesausflüge.“ Natürlich geht’s bei schönem Wetter an den Mandlachsee. „Und ich übernachte einmal bei der Oma“, freut sich der siebenjährige Sohn Elias. Die Oma wohnt kaum zehn Minuten weiter weg. Jetzt ist sie zu Besuch und schaut dem Enkel beim Trampolinspringen zu. Jede Woche macht sie Nordic Walking mit einer Gruppe vor Ort. „Das sportliche Angebot ist toll“, meint sie. Immerhin haben die Handzeller einen eigenen Sportstadl gebaut, bieten Lauftraining an, man kann überdacht Stockschießen. Die Schützen haben ihre Übungsräume im Gasthaus Jägerwirt an der Hauptstraße.

    Das Rentnerehepaar Manfred und Maria Stritzek aus der Badstraße genießt das ganze Jahr über die schöne Aussicht auf den Kirchturm. Die Stritzeks sind vor vielen Jahren aus Herford (Nordrhein-Westfalen) ins beschauliche Handzell gezogen. Sie sind längstens heimisch geworden, der Rentner kennt jedes Haus und dessen Geschichte. Maria hat eine Portion Brombeeren in eine kleine Tüte verpackt und verstaut sie im Tiefkühlfach. „Die Beeren wachsen im Garten“, sagt sie. „Später mache ich Gelee, sobald ich genügend beieinander habe.“

    Rudi Mitterhuber senior ist ein gebürtiger Handzeller. Mit seinem alten Deutz-Bulldog ist er in die Waldstraße geknattert und bringt den zwei Pferden seiner Tochter frisches Wasser. Die Tochter wohnt ebenfalls im Ort. Sie arbeitet, also kümmert sich der Vater tagsüber um die Tiere.

    Der Senior trauert den alten Zeiten nach: „Früher gab’s im Ort einen Kramerladen, sogar eine Gärtnerei hatten wir. Heute müssen wir immer nach Pöttmes.“ Einmal im Jahr kommt die Crème de la Crème der Angelrutenbauer nach Handzell ins „Schlupfoch“. Im Reich von Karl Bartsch findet im September die Deutsche Meisterschaft der Rutenbauer statt. Bartsch selbst gilt als der absolute Könner und hält selbst Kurse ab.

    Verlässt man Handzell, so kommt man unweigerlich an den Mühlen vorbei: Die Obermühle, Batzmühle, Aumühle und Maiermühle speisen sich aus der kleinen Sandrach. Sie waren mit ihren Mahlwerken für Getreide früher wichtige Anlaufstellen für die vielen Bauern aus der Umgebung. Die Sandrach entspringt nicht weit entfernt vom Erholungsgebiet Mandlachsee. Der Natursee ist weit über die Landkreisgrenzen bekannt und beliebt. Auch beim umstrittenen Biber, der regelmäßig seine bissigen Spuren dort hinterlässt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden