Startseite
Icon Pfeil nach unten
Aichach
Icon Pfeil nach unten

Aichach: Prozessbeginn: Freier auf Aichacher Parkplatz ausgeraubt

Aichach

Prozessbeginn: Freier auf Aichacher Parkplatz ausgeraubt

    • |
    Ein Mann wurde in Aichach mit einem vorgehaltenen Messer ausgeraubt und erpresst. Der Fall landet nun vor dem Augsburger Landgericht.
    Ein Mann wurde in Aichach mit einem vorgehaltenen Messer ausgeraubt und erpresst. Der Fall landet nun vor dem Augsburger Landgericht. Foto: Jakob Stadler (Archiv)

    Der Überfall hört sich an wie aus einem Film: Ein 46-Jähriger verabredet sich im Juni 2019 um 1 Uhr morgens, wie er es nennt, zu einem „Schäferstündchen“. Über eine Internetplattform hat eine junge Frau ihm sexuelle Gefälligkeiten gegen Geld angeboten. Er fährt nach Aichach und wird von Komplizen der 21-Jährigen mit einem vorgehaltenen Messer ausgeraubt und erpresst.

    Die Jugendkammer des Landgerichts Augsburg befasst sich mit diesem Vorfall, der auf dem Parkplatz beim Freibad Aichach geschah. Die drei Männer sind wegen schweren Raubs und schwerer räuberischer Erpressung, die Frau wegen Raubs und Erpressung angeklagt. Bei der Frau ist die Anklage geringer, da sie bei dem eigentlichen Raub nicht anwesend war und somit nicht wusste, dass ein Messer eingesetzt wurde.

    Verhandlung am Landgericht Augsburg: Alle vier gestehen die Tat

    Alle vier gestehen die Tat, ihre Geschichten weichen nur in Details voneinander ab. Dies begründen sie mit den Drogen, die sie am Tag der Tat zu sich nahmen, weswegen ihre Erinnerung laut eigener Aussage teils lückenhaft sind. Die Angeklagten und auch das Opfer schildern die Vorkommnisse ähnlich.

    Wer genau die Idee für den Raub gehabt hat, bleibt an den ersten zwei Verhandlungstagen unklar. Die vier jungen Freunde nahmen nach eigener Aussage im Raum Aichach gemeinsam Drogen und überlegten, wie sie an Geld für weitere Drogen kommen könnten. „Es war nur so ein Gedanke“, erklärt die Angeklagte. Eine Woche später wird die Idee doch umgesetzt. Zwei der männlichen Beteiligten waren damals 20, einer 25 Jahre alt. Sie riefen die vierte im Bunde dazu. Eine junge Frau aus dem Landkreis Augsburg, die am zweiten Prozesstag einen eher traurigen 22. Geburtstag feierte.

    Raub am Freibad-Parkplatz in Aichach

    Die damals 21-Jährige hatte bereits einen Account bei einer Internetplattform, in der sowohl Gegenstände aus zweiter Hand, als auch Dienstleistungen angeboten werden. Dort fand sie das zu dem Zeitpunkt 46-jährige Opfer, das sich bereit erklärte, sie noch in der selben Nacht auf einem Supermarktparkplatz in Aichach zu treffen. Die 21-Jährige stieg in sein Auto, nahm eine Anzahlung von 50 Euro und sagte ihm, er solle für mehr Privatsphäre auf den Parkplatz des Freibads fahren.

    Dort warteten bereits ihre drei Freunde. Als der Motor abgestellt war, riss der 25-Jährige die Fahrertür auf und bedrohte das Opfer mit einem Küchenmesser. „Sei ruhig, sonst stech ich dich ab“, soll der Angeklagte laut Opfer gesagt haben. Die 21-Jährige floh währenddessen wie verabredet vom Tatort. Der 25-Jährige blieb bei der Fahrertür, die anderen beiden Männer setzten sich auf Beifahrersitz und Rückbank. Somit hatten sie den 46-Jährigen umzingelt. Der 20-Jährige auf der Rückbank sollte ihm die Arme auf dem Rücken mit einem Lautsprecherkabel festbinden, schaffte das aber nicht ganz.

    Aichach: Täter nimmt Küchenmesser zum Bankautomaten mit

    Die drei nahmen sich 150 Euro aus dem Geldbeutel des Opfers und zwangen es, seine Pin für die Bankkarte zu verraten. Daraufhin hob der 25-Jährige bei einem Bankautomaten 900 Euro ab. Er nahm auf dem Weg zur Bank das Küchenmesser laut Aussage des Opfers mit. Nach einem kurzen Moment der Ratlosigkeit darüber, bedrohten die anderen Beiden das Opfer mit einem kleinen Klappmesser, das in dessen Handschuhfach lag. Nachdem die Täter das Geld hatten, banden sie dem Opfer nach dessen Aussage die Augen mit einer Warnweste zu und forderten ihn dazu auf, bis 50 zu zählen, bevor er sie abnahm. Sie ließen seinen Autoschlüssel, das Handy und bis auf das Geld auch den Inhalt seines Portemonnaies bei einer nahen Litfaßsäule.

    Der inzwischen 47-jährige Monteur ist bei seiner Aussage ruhig und versöhnlich. Er schmunzelt teilweise sogar über die etwas unbeholfene Art seiner Angreifer. Schon während der Tat habe das Opfer geradezu gelangweilt gewirkt, erzählt einer der Angeklagten. „Als hätte er das schon einmal erlebt.“ Der Monteur lacht darüber nur. „Ich bin psychologisch einfach etwas stabiler als andere Menschen“, sagt er. Ihm gehe es deswegen auch nicht darum, dass die vier Angeklagten bestraft werden, er wolle nur seinen finanziellen Schaden ausgeglichen haben.

    Verhandlung: Drogenkonsum der Angeklagten ist häufig Thema

    Alle vier entschuldigen sich persönlich bei dem Opfer, zwei übergeben über ihre Anwälte 300 und 400 Euro. Die anderen Beiden versprechen ihm jeweils 500 Euro zu zahlen, sobald sie die Möglichkeit haben, Geld zu verdienen. Damit gibt sich das Opfer zufrieden und nimmt die Entschuldigungen an. „Jeder baut mal Scheiße“, sagt der 47-Jährige. Er wünscht den vier jungen Menschen am Ende seiner Aussage alles Gute dabei, ihre Sucht zu überwinden. „Ich hoffe, dass das mit dieser Therapie hinhaut, vielleicht kann man danach ja mal ein Bier zusammen trinken“, sagt er, bevor er den Raum verlässt.

    Der Drogenkonsum der vier Angeklagten ist häufig Thema in der Verhandlung. „Ich kann von mir behaupten, dass ich nicht der Klarste im Kopf war“, sagt etwa einer der Angeklagten. Er sei durch Amphetamine bereits den zweiten oder dritten Tag wach gewesen. Bier und Alkohol hätte er zusätzlich über den Tag verteilt getrunken. Alle vier standen zum Zeitpunkt der Tat laut eigener Aussage unter Drogen und sind seit längerer Zeit süchtig.

    Am dritten Verhandlungstag soll ein Sachverständiger einschätzen, welche Rolle die Drogen gespielt haben und ob eventuell eine stationäre Suchttherapie sinnvoll ist. Außerdem werden die Plädoyers erwartet.

    Lesen Sie dazu auch:

    Mehr aus der Region:

    So kämpft das Aichacher Kino gegen die Corona-Krise

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden