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Prozess in Augsburg: Schubser von Aichach: Warum er nicht in die Psychiatrie muss

Prozess in Augsburg

Schubser von Aichach: Warum er nicht in die Psychiatrie muss

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    Das Landgericht erklärt den Angeklagten für schuldunfähig. Der 51-jährige Aichacher muss zwar nicht in die Psychiatrie, hat aber strenge Auflagen zu erfüllen.
    Das Landgericht erklärt den Angeklagten für schuldunfähig. Der 51-jährige Aichacher muss zwar nicht in die Psychiatrie, hat aber strenge Auflagen zu erfüllen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa (Symbolbild)

    Hätte sich der Angeklagte so aufgeführt wie beim Prozess im Juni 2019 in Aichach, hätte ihn das Gericht sicher in die Psychiatrie verwiesen. Damals protestierte der Aichacher lautstark, unterbrach immer wieder die Staatsanwältin und war kurz davor sich zu entkleiden. Der Fall wurde damals dem Landgericht in Augsburg übertragen, die 14. Strafkammer erklärte den Mann am vierten Verhandlungstag am Mittwoch für schuldunfähig.

    Er wird auch nicht in die Psychiatrie eingewiesen. Der Aichacher hatte in insgesamt sieben Fällen Passanten grundlos angerempelt und geschubst sowie teilweise heftig beleidigt. Eine 77-Jährige sitzt seitdem im Rollstuhl und wird laut den Ärzten wohl nie wieder laufen können.

    Im Juni 2019 hatte der Mann die Taten noch abgestritten. Aufgrund seines Verhaltens musste er sich in psychiatrische Behandlung im Bezirkskrankenhaus Günzburg begeben. Nun zeigte der Aichacher ein anderes Gesicht, gab die Taten zu und entschuldigte sich bei den anwesenden Zeugen, die im Verlauf der vergangenen zwei Wochen vor Gericht ausgesagt hatten. Verteidiger Werner Ruisinger hob in seinem Plädoyer die Wandlung seines Mandanten hervor: „Er hat eingesehen, dass er einen Fehler gemacht hat. Er ist nicht wieder zuerkennen. Er hat sich gewandelt zum Positiven, sozusagen von Mr. Hyde zu Dr. Jekyll.“ So hatte es bereits Dr. Andreas Metzele, Oberarzt im Bezirkskrankenhaus

    Schubser von Aichach: Staatsanwältin fordert Einweisung in Psychiatrie

    Metzele hatte im Prozess über den Angeklagten viel Positives zu berichten und sprach sich für eine Bewährungsstrafe aus. Davon unterschied sich die Einschätzung des Sachverständigen Stefan Kolb. Der Psychotherapeut aus Kaufbeuren war deutlich skeptischer: „In der aktuellen Situation sehe ich ein Risiko, dass er ähnliche Taten erneut begeht. Er hat eine chronische schizophrene Psychose, weshalb er bei den Taten nur sehr eingeschränkt steuerungsfähig war“, so Kolb am Montag. Aufgrund dieser Schilderungen forderte Staatsanwältin Gudrun Wagner die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik: „Wir können trotz seiner positiven Entwicklung nicht ausschließen, dass er wieder zu einer Gefahr für die Allgemeinheit wird. Wir wissen nicht, wie lange sein Zustand stabil bleibt. Ich habe meine Zweifel.“

    Dem entgegnete Verteidiger Ruisinger: „Er hat ein stabiles soziales Umfeld und eine Familie, die sich um ihn kümmert. Die soziale Prognose ist gut, mein Mandant hat seine Krankheit akzeptiert und wird sich weiter in Behandlung begeben.“ Ruisinger verwies auf die Schwester des Angeklagten, die ebenfalls im Prozess ausgesagt hatte. Sie habe den Angeklagten damals nicht wieder erkannt. Seit er seine Medikamente wieder bekommt, sei er ein ganz anderer Mensch – so wie früher.

    Prozess: Strenge Bewährungsauflagen für Aichacher Schubser

    Bereits 2010 wurde der Angeklagte nach einem Autounfall, der ihm als Suizidversuch ausgelegt wurde, mit Medikamenten behandelt. Nach und nach setzte er diese ab. Darin sah er die Ursache für seine Taten. Die Strafkammer schloss sich dem Antrag des Verteidigers an. Allerdings bekam der Mann Bewährungsauflagen. „Sie sind von den Taten freizusprechen, weil sie zu diesem Zeitpunkt mit ihren Psychosen schuldunfähig waren“, begründete die Vorsitzende Richterin Maiko Hartmann das Urteil.

    Zwar muss der Angeklagte nun nicht in die Psychiatrie, allerdings erhielt der Mann eine Bewährung mit strengen Auflagen. Hartmann: „Sie müssen sich an die Weisungen halten und unbedingt Ihre Medikamente nehmen. Regelmäßige Kontrollen sind aufgrund Ihrer Vorgeschichte zwingend.“ Die Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. Regelmäßig muss der Aichacher zu Kontrollen erscheinen und die Therapie fortsetzen. Viermal pro Monat muss er fortan das Bezirkskrankenhaus Günzburg aufsuchen. Außerdem bekommt der 51-Jährige einen Bewährungshelfer.

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