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Prozess in Augsburg: Der Schubser von Aichach: „Von Mr. Hyde zu Dr. Jekyll“

Prozess in Augsburg

Der Schubser von Aichach: „Von Mr. Hyde zu Dr. Jekyll“

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    Ein 52-Jähriger rempelt in sieben Fällen grundlos Passanten an. Nach einer psychiatrischen Behandlung entschuldigt sich der Aichacher plötzlich vor dem Augsburger Landgericht.
    Ein 52-Jähriger rempelt in sieben Fällen grundlos Passanten an. Nach einer psychiatrischen Behandlung entschuldigt sich der Aichacher plötzlich vor dem Augsburger Landgericht. Foto: Jakob Stadler (Symbolbild)

    „Völlig verändert, sozusagen von Mr. Hyde zu Dr. Jekyll“, so beschreibt Oberarzt Andreas Metzele vom Bezirkskrankenhaus Günzburg die Wandlung eines 52-jährigen Aichachers. Der Mann soll in insgesamt sieben Fällen grundlos Passanten in Aichach beleidigt, geschubst und dabei verletzt haben. Eine 76-Jährige sitzt seit dem Vorfall sogar im Rollstuhl.

    Vor dem Landgericht Augsburg räumte der Angeklagte am Montag seine Taten ein und entschuldigte sich: „Es tut mir leid. Ich würde es gerne ungeschehen machen.“

    Das sah im Mai 2019 noch anders aus. Damals erschien der Aichacher erst gar nicht vor Gericht, weil er sich für unschuldig hielt. Polizeibeamte mussten ihn zuhause abholen und in Handschellen beim Amtsgericht Aichach vorführen. Der erste Vorfall, der bei der Polizei aktenkundig ist, stammt aus dem Sommer 2017.

    Schubser von Aichach spuckt Passantin ins Gesicht

    Mit ihrer Tochter und der etwa fünfjährigen Enkelin war damals eine 71-Jährige in Aichach auf der Werlbergerstraße unterwegs, als sie plötzlich von hinten einen Stoß bekam und zur Seite geschubst wurde. Als sie eine Entschuldigung forderte, spuckte er ihr ins Gesicht. Den Mut, den „Schubser“ anzuzeigen, hatte die 71-Jährige erst, als sie von ähnlichen Vorfällen hörte.

    Und davon gibt es einige: Der Angeklagte trat einer Hausfrau aus Kühbach gegen das linke Schienbein. Sie wollte ihm am Einkaufszentrum am Aichacher Milchwerk sogar Platz machen, damit er an der Engstelle an ihr vorbeigehen konnte.

    Stattdessen schubste sie der Angeklagte gegen ein Auto und beleidigte sie mit „Halt’s Maul, du dumme Fotze!“ „Du Rindvieh, du kariert’s“, hieß er eine andere Frau, der er auf Höhe der Marienapotheke in Aichach auf dem Gehweg einen Stoß versetzte. Eine 59-Jährige rempelte er im Vorbeigehen vor dem Biergarten Friedenseiche in Aichach an. Einen Seitenkick verpasst er einem 46-Jährigen, der in einer Warteschlange vor ihm stand.

    Aichacher Schubser protestiert vor Gericht

    Damals wies der Angeklagte die Vorwürfe zurück und protestierte im Gerichtssaal lautstark. Am Ende handelte er sich ein Ordnungsgeld ein. Die Verhandlung wurde unterbrochen und der Angeklagte musste sich in psychiatrische Behandlung begeben. Zunächst saß der Mann in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt in Gablingen, ehe er zum Zwecke eines Gutachtens ins Günzburger Bezirkskrankenhaus verlegt wurde.

    Dies zahlte sich augenscheinlich aus, denn der Aichacher gab sich bei der Fortsetzung des Verfahrens vor dem Augsburger Landgericht ganz anders. Ruhig, beinahe schüchtern nahm der 52-Jährige Platz und beantwortete die Fragen von Richterin Maiko Hartmann

    Über Rechtsanwalt Werner Ruisinger ließ der Mann mitteilen, dass es ihm leid tue. Verantwortlich für sein Verhalten machte er seine psychische Erkrankung. „Mir ging es überhaupt nicht gut. Meine Beziehung ist in die Brüche gegangen und ich habe mein Geschäft verloren“, so der 52-Jährige, der sich nicht das erste Mal in psychiatrische Behandlung begeben musste.

    Prozess in Augsburg: Aichacher Schubser zeigt sich von anderer Seite

    Bereits 2010 wurde er nach einem Autounfall, der ihm als Suizidversuch ausgelegt wurde, mit Medikamenten behandelt. „Ich habe die Medikation dann nach und nach reduziert und schließlich ganz abgesetzt. Das war ein Fehler.“ Fehler hatte der Mann schon vorher begangen. Bereits als Jugendlicher saß der Aichacher mehrere Jahre im Gefängnis aufgrund von Wohnungseinbrüchen.

    Seit November befindet sich der Angeklagte in psychiatrischer Behandlung in Günzburg. Auch dort zeigte sich der Mann zunächst wenig kooperativ. Erst eine Zwangsmedikation führte zur erhofften Verbesserung, wie Andreas Metzele, der von schizophrenen Psychose spricht, berichtete:„Anfangs war kein Gespräch möglich. Er war sehr misstrauisch und verbal aggressiv.“

    Aichach: Kommt der Schubser in die Psychiatrie?

    Mittlerweile nehme der Angeklagte seine Medikamente freiwillig ein. Metzele: „Er ist nicht wiederzuerkennen. Die Entwicklung ist sehr positiv, auch wenn er nur wenig Einblicke in seine Gefühlswelt gibt. Er hat seine psychische Krankheit zwar noch nicht akzeptiert, dennoch habe ich keinen Zweifel, dass er auch zukünftig seine Medikamente nehmen wird.“

    Ob der Mann in der Psychiatrie untergebracht wird, entscheidet das Landgericht im weiteren Verlauf des Prozesses. Dieser wird am Mittwoch fortgeführt. (mit drx)

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