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Prozess in Aichach: Tiermisshandlung: Ließ eine Frau ihre Kühe hungern?

Prozess in Aichach

Tiermisshandlung: Ließ eine Frau ihre Kühe hungern?

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    Ließ eine Besitzerin von 20 Kühen (hier ein Symbolfoto) die Tiere hungern? Darum dreht sich ein Prozess vor dem Aichacher Amtsgericht.
    Ließ eine Besitzerin von 20 Kühen (hier ein Symbolfoto) die Tiere hungern? Darum dreht sich ein Prozess vor dem Aichacher Amtsgericht. Foto: Symbolfoto: Christoph Lotter

    Immer wieder kontrollierte das Veterinäramt den Stall im Aichacher Raum. Mehrfach beanstandeten die Amtstierärzte die mangelnde und falsche Ernährung der 20 Kühe. Am Mittwoch stand die Besitzerin der Tiere vor dem Amtsgericht Aichach. Staatsanwalt Benedikt Weinkamm warf ihr Tiermisshandlung durch Unterlassen vor. Die Kühe hätten nicht ausreichend und nicht das geeignete Futter erhalten. „Dies hatte zur Folge, dass die Tiere in Folge der Mangelernährung im genannten Zeitraum unter massiven Schmerzen litten“, las Weinkamm aus der Anklageschrift vor. Die Frau habe das „mindestens billigend in Kauf genommen“.

    Die 46-Jährige, die mit ihrem Verteidiger Reinhard Baade erschinen war, war da anderer Ansicht: Sie habe ihre Tiere „immer ausreichend und nach bestem Wissen und Gewissen versorgt“. Zu dem Prozess war es gekommen, weil sie Einspruch gegen einen Strafbefehl von 60 Tagessätzen à 50 Euro, also 3000 Euro, eingelegt hatte. Die Frau betonte, sie wisse, wie man Kühe versorge: Sie sei sie in einem Milchviehbetrieb groß geworden. Die gelernte Immobilienkauffrau arbeitet derzeit bei einer Sicherheitsfirma. Ihr Lebensgefährte, ein Biolandwirt und Metzger, fütterte die Tiere.

    Angeklagte: Veterinäramt kontrollierte unangemessen oft

    Warum das Veterinäramt immer wieder bei ihr kontrollierte und was beanstandet wurde, sei ihr nicht mal auf Nachfrage gesagt worden, behauptete die Angeklagte. „Unangemessen viele Kontrollen“ seien es gewesen. Dabei hätten die Tiere, die inzwischen alle geschlachtet wurden, mehr als das durchschnittliche Schlachtgewicht gehabt.

    Dr. Herbert Pfaffenrath, Leiter des Veterinäramtes, hingegen sagte: „Es fiel auf, dass die Tiere alle durch die Bank abgemagert sind.“ Die Besitzerin sei sehr wohl darauf hingewiesen worden, dass die Fütterung „nicht wiederkäuergerecht“ sei.

    Schon beim Vorbesitzer der Kühe machte das Amt Missstände aus

    Dass das Amt genauer hinsah, hängt mit der Vorgeschichte des Falls zusammen. Die Besitzerin der 20 Kühe hatte diese mitsamt drei Kälbern im April 2018 vom Vorbesitzer geschenkt bekommen. Dem Mann war ein Halteverbot auferlegt worden, weil das Veterinäramt auch zu seiner Zeit schon Missstände ausgemacht hatte – allerdings nicht bei der Ernährung, wie eine zweite Amtstierärztin vor Gericht schilderte. Damals sei es um die Wasserversorgung und die hygienischen Zustände gegangen. Das Landratsamt drohte dem Mann ein Zwangsgeld an, falls seine Tiere nicht fristgerecht vom Hof seien. Er und die Angeklagte kamen überein, dass sie einen Teil seiner Tiere übernimmt. Ihr Lebensgefährte hatte beim Vorbesitzer jahrelang im Stall geholfen.

    Der Vorbesitzer verpachtete den Stall für null Euro an die 46-Jährige und stellte sogar noch eine ganze Zeit das Futter zur Verfügung. Nach einer Weile aber stahl er mit einem Bekannten zwei Kälber aus dem Stall. Deswegen zeigte ihn die Frau an. Das Verfahren wurde nach einem Prozess im Dezember 2018 gegen eine Geldauflage eingestellt. Warum er die Tiere „zurückgestohlen“ hatte, wurde nicht näher thematisiert. Offenbar hatte der Mann aber das Gefühl, dass es den Tieren woanders besser gehen würde.

    Amtstierärztin: „So füttert man keine Wiederkäuer“

    Auch die zweite Amtstierärztin bestätigte am Mittwoch auf Nachfrage von Richter Walter Hell, dass die Herde gehungert und gelitten habe. Sie gehe daher von gravierenden Schäden aus. „So füttert man keine Wiederkäuer“, so die Zeugin. Im Gerichtssaal wurden Fotos und ein Video von den Tieren gezeigt. Die Amtstierärztin wies unter anderem auf die erkennbaren Rippen und die hervorstehenden Hüftknochen hin.

    Der Lebensgefährte der Angeklagten bestand darauf, dass er die Kühe ausreichend und richtig gefüttert habe. Die beiden Amtstierärzte quittierten diese Aussage mit stillem Kopfschütteln. Auch die Schwester des Vorbesitzers, die unter der Angeklagten noch eine Weile auf dem Hof mithalf, hatte den Eindruck, dass die Kühe nicht satt waren: „Sie wurden schwächlicher, waren nicht mehr so füllig.“ Untertags hätten sie oft vor Hunger geschrien.

    Der Prozess wird am Mittwoch, 3. Juli, fortgesetzt. Dann wird ein weiterer Zeuge gehört. (mit drx)

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