Der Bau von zwei Windkraftanlagen am Baarer Berg rückt näher. Der Gemeinderat von Baar hatte dem Vorhaben der Firma Uhl Windkraft Projektierung aus Ellwangen ihre Zustimmung verweigert, das Landratsamt in Aichach ersetzte daraufhin das fehlende Einvernehmen. Dagegen hatte Baar ebenso geklagt wie Landwirt Josef Ruisinger, der seinen Betrieb durch die Windräder massiv beeinträchtigt sieht. Das Verwaltungsgericht Augsburg lehnte in seiner Sitzung am Mittwoch die vier Klagen, die sich auf die zwei genehmigten Vorhaben verteilten, jeweils ab.
Josef Ruisinger will im Außenbereich einen Schweinemaststall für über 1000 Tiere errichten, dazu eine Betriebsleiterwohnung. In beiden Fällen liegt bereits eine Genehmigung vor. Er reagierte vor Gericht sichtlich verärgert auf die Entscheidung: „Wir investieren hier eine Million“, erklärte er. „Ich hatte gehofft, dass die zwei Anlagen nicht gebaut werden. Dass die Schweine keine Nachteile haben, das kann nur einer sagen, der keine Ahnung von Tierhaltung hat.“ Nun wolle er prüfen, ob er gegen den Richterspruch vorgehen wird. Außerdem überlegt der Landwirt, ob er den Stall überhaupt bauen wird: „Das Risiko mit einer Million können wir nicht eingehen.“
Über Urteil spricht der Gemeinderat
Und wie reagiert die Gemeinde Baar? Darüber will der Gemeinderat bereits am Donnerstagabend in einer Sitzung beraten. Seit dem Jahr 2008 sorgt das Thema Windkraft in der kleinen Kommune im nordwestlichen Landkreiseck immer wieder für Zündstoff. In einem Bürgerentscheid votierte 2009 eine klare Mehrheit gegen Windräder.
Die Argumente der Gemeinde gegen die Entscheidung des Landratsamtes in Aichach stießen vor Gericht auf nur geringe Zustimmung. Wie die Vorsitzende Richterin Beate Schabert-Zeidler in ihrer kurzen Begründung erklärte, könne Baar auch weiterhin Baugrundstücke ausweisen. Die Entfernung zu den Windrädern wurde als ausreichend eingestuft. Was den vorgesehenen Schweinestall anbelangt, so betonte die Richterin: „Die Lärmwerte liegen weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen Maßen.“ Laut Gutachten werde der Lärm 38dB(A) nicht übersteigen, bis zu 45 seien erlaubt. Im Genehmigungsbescheid ist die maximal mögliche Beschattungsdauer bereits geklärt.
Lange Zeit wurde darüber debattiert, welche Auswirkungen die Windräder auf die Schweine haben könnten. Trotz unterschiedlicher Auffassungen war hier bei allen Beteiligten bisweilen ein Schmunzeln zu erkennen. Rechtsanwalt Gert Guggemos, der zusammen mit seinem Kollegen Cornelius Thoma die Gemeinde und Ruisinger vertrat, stellte einen Beweisantrag. Er wollte auf diese Weise ermitteln, ob der Schattenwurf unzumutbare Beeinträchtigungen auf die Schweine haben könnte. Das Gericht lehnte diesen Antrag ab; allgemein herrscht die Ansicht vor, dass es bislang noch keinerlei gesicherte Erkenntnisse darüber gibt, welche Auswirkungen der Betrieb von Windrädern auf Tiere haben könnte. Im Außenbereich von Baar ist vorgesehen, dass die Schweine zum Beispiel mit Holzlamellen vor dem Schattenwurf geschützt werden.
Zweieinhalbjährige Bearbeitungszeit
Nach Ansicht des Gerichts musste das Landratsamt bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit nicht die drei bereits auf dem Gebiet der Nachbargemeinde Holzheim bestehenden Windkraftanlagen berücksichtigen. Die zwei Windkraftanlagen im Westen von Baar, die damit gewissermaßen die vorletzte Hürde genommen haben, unterliegen nicht der so genannten „10 H“-Regelung, wonach sie grundsätzlich einen Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe zur nächstgelegenen Wohnbebauung einhalten müssten.
Denn der vollständige Genehmigungsantrag für vier Windräder sei einen Tag vor dem gesetzlichen Stichtag (4. Februar 2014) eingereicht worden. Es folgte eine zweienhalbjährige Bearbeitungszeit und eine Entscheidung im Juni: Die beiden näher zu Baar gelegenen Anlagen (WEA 3 und WEA 4, siehe Grafik) hat das Landratsamt aus artenschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigt. Sie würden ein Rotmilan-Vorkommen in der Nähe dieser Windräder gefährden.