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Pöttmes: Razzia und Ermittlungen erschüttern den TSV Pöttmes

Pöttmes

Razzia und Ermittlungen erschüttern den TSV Pöttmes

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    Zollfahnder durchsuchten Geschäftsräume des TSV Pöttmes, sowie Privat- und Geschäftsanwesen von Funktionären und Außenstehenden.
    Zollfahnder durchsuchten Geschäftsräume des TSV Pöttmes, sowie Privat- und Geschäftsanwesen von Funktionären und Außenstehenden. Foto: Matthias Becker

    Eine Razzia von Zollfahndern bei einem Sportverein im Wittelsbacher Land. Der Verdacht: Sozialversicherungsbetrug. Das weckt starke Erinnerungen an einen vergleichbaren Fall im Landkreis, der Ende 2011 ins Rollen kam und überregional für hohe Wellen im Amateurfußball sorgte. Vor rund zwei Wochen sind die Geschäftsstelle des TSV Pöttmes sowie Privat- und Geschäftsräume von Vorstandsmitgliedern und Außenstehenden durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt worden. Laut Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, stehen insgesamt vier Männer unter Verdacht. Drei davon sind Vereinsfunktionäre, einer sei ein Außenstehender. Es gehe im Ermittlungsverfahren um die Beschäftigung von vier Personen, die nicht ordnungsgemäß angemeldet worden sein sollen, sagte Nickolai auf Anfrage unserer Zeitung. Zeitraum der illegalen Beschäftigung: seit Mitte 2017. Bestätigt sich der Verdacht, dann sind Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen worden. In einer Steuerstraftat werde derzeit nicht ermittelt, so Nickolai. Im Verlauf eines Verfahrens würden aber natürlich alle Erkenntnisse bewertet. Zur Schadenshöhe macht die

    Die Folgen der Ermittlungen für den TSV Pöttmes sind nicht absehbar

    Die Folgen für die Beschuldigten und den TSV Pöttmes sind nicht absehbar. Das Verfahren kann eingestellt werden – ohne Auflagen oder gegen eine Geldbuße. Es kann aber auch Anklage erhoben werden und sogar die Existenz eines Vereins gefährden.

    Das Beispiel dafür liegt nur einige Kilometer entfernt im Landkreis. Mit einer Razzia begann vor rund sieben Jahren auch die Steueraffäre des TSV Aindling. Die endete erst Mitte 2016 mit Freiheitsstrafen auf Bewährung bis zu einem Jahr gegen vier leitende Funktionäre wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug sowie einer Wiedergutmachung der Beschuldigten von insgesamt einer halben Million Euro. Nur mit diesem Geld konnte kurz darauf die drohende Insolvenz des Vereins abgewendet werden.

    Erinnerungen an den TSV Aindling und die "schwarzen Kassen"

    Konkret ging es im Strafverfahren um die Bezahlung von Bayernligafußballern des TSV zwischen 2003 und 2011. Verein und Spieler „sparten“ durch Zahlungen unter der Hand Steuern und Sozialabgaben. Zum anderen wurden die Kicker aus „schwarzen Kassen“ bezahlt. Im Vergleich zu den aktuellen Vorwürfen wurde damals in deutlich mehr Fällen von illegaler Beschäftigung ermittelt und dann auch geurteilt. Spieler verdienten zum Teil über 10000 Euro im Jahr und waren als „Minijobber“ angestellt. Möglich wären reguläre Zahlungen von bis 5400 Euro im Jahr mit geringen pauschalen Steuern und Sozialabgaben.

    Für Staatsanwaltschaft und Gericht waren sehr viele der Spieler keine Geringverdiener, sondern reguläre Arbeitnehmer. Ursprünglich nannte die Staatsanwaltschaft einen mit Zinsen und Strafzuschlägen aufaddierten Gesamtschaden für Finanzamt und Rentenversicherung von 2,2 Millionen Euro.

    Im Vereinsumfeld des TSV Pöttmes ist von "Schockstarre" die Rede

    Wenn Fahnder mit Dienstmarke, Kisten für beschlagnahmte Unterlagen und einem richterlichen Durchsuchungsbefehl vor Haustüren stehen, dann rutscht selbst einem abgebrühten Menschen das Herz in die Hose – eine Wohnungsdurchsuchung ist alles andere als ein Kindergeburtstag. Im weiteren Vereinsumfeld war am gestern die Rede von „Schockstarre“. Vor allem das Vorgehen der Behörden gegen einen Verein habe erschreckt.

    Parallele zum Fall Aindling: Einige sehen wieder das Ehrenamt mit Füßen getreten. „Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten“ ist die sperrige juristische Formulierung der Vorwürfe und lässt sich auf Sozialversicherungsbetrug verkürzen und beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Die Zollfahnder sind speziell im Einsatz, wenn der Verdacht besteht, dass Arbeitgeber Beiträge nicht abführen. Das sind in der Regel Unternehmen, das können aber auch Vereine sein.

    Zu den Vorwürfen gegen den TSV Pöttmes hat Vorsitzender Anton Neukäufer in der Mitgliederversammlung in einer abgestimmten Presseerklärung so Stellung genommen: „Es steht der Verdacht im Raum, dass für den Verein im aktiven Sportbetrieb tätige Personen von dritter Seite Zahlungen erhalten hätten, die nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung gemeldet worden sein sollen.“ Dem Vereinsvorstand selbst seien derartige Verstöße nicht bekannt, betonte Neukäufer.

    Die betroffene Abteilung wurde in der Versammlung nicht genannt und war auch kein Thema. Dass die Fußballer betroffen sind, liegt aber auf der Hand. Der Kreisligist hat in den vergangenen beiden Jahren immer wieder durch hochkarätige Spielerverpflichtungen aufhorchen lassen. Sogar ehemalige Regionalligakicker heuerten dort an. Dass solche Spieler nicht zum Nulltarif zu haben sind, ist nun wahrlich kein Geheimnis. Zum Start der Saison 2017/2018 und mit prominenter Verstärkung wurde von der Abteilung ein klares Ziel ausgegeben: Aufstieg und damit Rückkehr in die Bezirksliga.

    Vorsitzender Neukäufer erklärte in der Versammlung am Freitagabend, dass der Verein mit den Behörden zusammenarbeiten werde, um „diese Angelegenheit schnellstmöglich und hoffentlich aus der Welt zu schaffen“.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Hat der TSV Pöttmes nach dem Bombeneinschlag nichts gelernt?

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