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Pöttmes-Handzell: Junge Handzellerin schenkt Kanadier zweites Leben per "Brotzeitdose"

Pöttmes-Handzell

Junge Handzellerin schenkt Kanadier zweites Leben per "Brotzeitdose"

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    Christiane Kruck aus dem Pöttmeser Ortsteil Handzell spendete im Oktober 2018 Stammzellen für den an Leukämie erkrankten Kanadier Mike Wark. Die Stammzellen wurden ihm erfolgreich transplantiert. Inzwischen stehen die beiden regelmäßig in Kontakt miteinander.
    Christiane Kruck aus dem Pöttmeser Ortsteil Handzell spendete im Oktober 2018 Stammzellen für den an Leukämie erkrankten Kanadier Mike Wark. Die Stammzellen wurden ihm erfolgreich transplantiert. Inzwischen stehen die beiden regelmäßig in Kontakt miteinander. Foto: Kruck

    Sie war zehn Jahre alt, als ihr Leben am seidenen Faden hing. Sieben Jahre ist das her. Die leukämiekranke Lisa aus Leitershofen (Stadtbergen, Landkreis Augsburg) brauchte einen passenden Stammzellenspender, um zu überleben. Über 4000 Menschen ließen sich bei einer Aktion in Stadtbergen typisieren, um ihr zu helfen. Verwandte organisierten im Aichacher Stadtteil Oberschneitbach mit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) eine weitere Typisierungsaktion. Über 300 Menschen ließen sich dort als potenzielle Stammzellenspender registrieren. Während sich für Lisa aus Leitershofen ein Spender in der weltweiten Datenbank fand, gingen allein aus der Aktion in Oberschneitbach bislang sechs Stammzellenspender hervor. Eine von ihnen ist Christiane Kruck aus dem Pöttmeser Ortsteil Handzell. Sie wurde zur Retterin für einen jungen Mann, der 7600 Kilometer entfernt von ihr ums Überleben kämpfte.

    Bei Mike Wark aus dem kanadischen Alberta war im Juni 2018 eine akute myeloische Leukämie festgestellt worden - eine aggressive Form von Blutkrebs. Im Gespräch mit der DKMS, die in diesen Tagen ihr 30-jähriges Bestehen feiert, erzählt er von dem damaligen Schicksalsschlag: "An einem Tag war ich ein gesunder 27-Jähriger - ich begann meine Karriere, war glücklich verheiratet und dachte darüber nach, eine Familie zu gründen. Am nächsten Tag lag ich in einem Krankenhausbett in einer anderen Stadt und kämpfte um mein Leben."

    Der alles entscheidende Moment für den an Leukämie erkrankten Mike Wark aus dem kanadischen Alberta: Er hält den Beutel mit den Stammzellen von Christiane Kruck aus Handzell- Pöttmes in seinen Händen. Wenig später wurden ihm die Stammzellen erfolgreich transplantiert.
    Der alles entscheidende Moment für den an Leukämie erkrankten Mike Wark aus dem kanadischen Alberta: Er hält den Beutel mit den Stammzellen von Christiane Kruck aus Handzell- Pöttmes in seinen Händen. Wenig später wurden ihm die Stammzellen erfolgreich transplantiert. Foto: Wark

    Stammzellenspenderin: "Habe immer an den Empfänger gedacht"

    Die nächsten sieben Monate verbrachte er in einem Krebszentrum. Er musste Chemotherapien und Bestrahlungen über sich ergehen lassen. Bald war klar: Ohne eine Stammzellentransplantation würde er nicht überleben.

    Vier Jahre nach ihrer Registrierung erhielt Christiane Kruck die Nachricht, dass sie als Spenderin infrage kommt - ohne zu wissen, für wen. Weitere Untersuchungen brachten Gewissheit. In den Tagen vor der Stammzellenspende im Oktober 2018 musste sich die damals 23-Jährige jeweils morgens und abends eine Spritze geben. "Anfangs fühlte sich das etwas seltsam an, weil ich das noch nie gemacht hatte. Aber es hat gut funktioniert." Kruck sagt: "Ich habe immer an den Empfänger gedacht und an all die Dinge, die er oder sie ertragen muss."

    Stammzellen von Handzellerin gingen per Kurier nach Kanada

    Durch die Spritzen wurde ihre Stammzellenproduktion angeregt und die Zellen ging vom Knochenmark in ihr Blut über. So konnten sie in einer sogenannten peripheren Entnahme mit einer Art Dialysegerät aus ihrem Blut gefiltert werden. Danach war die junge Frau zwar laut eigener Aussage etwas erschöpft. "Aber sonst ging es mir gut."

    Die 766 Millionen Stammzellen, die laut DKMS so gewonnen worden waren, wurden per Kurier nach Kanada geschickt. Ihre Ankunft dort beschreibt Mike Wark so: "Die Stammzellen kamen in einer Box an, die aussah wie eine sehr teure Brotzeitdose." Er hielt den Beutel mit Krucks Stammzellen in seinen Händen, bevor dieser wie eine Infusion angeschlossen wurde. Wark sagt: "Es ist ein unglaubliches Gefühl, etwas in den Händen zu halten, von dem man weiß, dass es die Kraft hat, sein Leben zu retten."

    Spenderin und Empfänger erfuhren nach zwei Jahren voneinander

    Die Transplantation hatte Erfolg. Ende Januar 2019 wurde Wark für krebsfrei erklärt. Er und seine Lebensretterin erfuhren zu diesem Zeitpunkt nur wenig voneinander - obwohl sie immer wieder aneinander dachten. "Ich wollte mich mit meiner Spenderin in Verbindung setzen, um ihr dafür zu danken, dass sie geholfen hat, mein Leben zu retten", so Wark. Auch Kruck hätte gerne mehr über den Empfänger erfahren und hoffte inständig, dass die Transplantation erfolgreich war. Die Vorschriften erlauben eine Kontaktaufnahme von Spender und Empfänger jedoch erst nach zwei Jahren und nur, wenn beide das wollen.

    In einem Videoanruf sahen sich Christiane Kruck aus dem Pöttmeser Ortsteil Handzell und Mike Wark aus dem kanadischen Alberta vor Kurzem erstmals von Angesicht zu Angesicht. Die junge Handzellerin hatte im Oktober 2018 Stammzellen für den an Leukämie erkrankten Kanadier gespendet.
    In einem Videoanruf sahen sich Christiane Kruck aus dem Pöttmeser Ortsteil Handzell und Mike Wark aus dem kanadischen Alberta vor Kurzem erstmals von Angesicht zu Angesicht. Die junge Handzellerin hatte im Oktober 2018 Stammzellen für den an Leukämie erkrankten Kanadier gespendet. Foto: Kruck/Wark

    Christiane Kruck und Mike Wark wollten. Im November 2020 - just an seinem 30. Geburtstag - erfuhr der Kanadier die Kontaktdaten der Handzellerin. Er schrieb einen langen Brief per Einschreiben und legte Bilder bei. "Als ich Christianes Brief und ihre Bilder im Januar erhalten habe, hat es für mich sehr viel bedeutet, etwas über ihre Erfahrungen zu lesen, meinem Spender endlich ein Gesicht geben zu können." Seitdem stehen die beiden regelmäßig in Kontakt.

    Handzellerin und ihr genetischer Zwilling halten Kontakt

    Christiane Kruck, heute 25 Jahre alt, bedeutete die Post aus Kanada nach dem langen Warten viel: "Der persönliche Brief war etwas Besonderes. Mikes Bilder zu sehen, besonders die vom Transplantationstag - mit meinen Stammzellen in seinen Händen - war unglaublich." Dass sie genetische Zwillinge sind, obwohl sie sich nicht kennen, so weit entfernt voneinander leben und verschiedene Sprachen sprechen, finden beide faszinierend. Ihre Verbindung ist für sie etwas Besonderes. Deshalb hoffen sie, sich eines Tages persönlich treffen zu können, wenn die Corona-Pandemie das zulässt.

    Beide wollen ihre Erfahrungen teilen, um potenzielle Spender zu ermutigen. Wark sagt dankbar: "Wenn meine Spenderin nicht bereit gewesen wäre, ihre Stammzellen zu spenden, könnte es gut sein, dass ich heute nicht mehr am Leben wäre." Die Handzellerin hatte ihre Stammzellenspende zwar gut durchdacht. Aber wie viel diese Wark und seiner Familie bedeutete, sei ihr erst durch den Kontakt mit ihm bewusst geworden, sagt sie: "Es ist ein großartiges Geschenk, jemandem helfen zu können und eine zweite Chance auf Leben zu geben."

    Info: Wer 17 bis 55 Jahre alt ist, kann im Internet unter www.dkms.de/aktiv-werden/spender-werden ein Registrierungsset anfordern und sich auf dem Postweg als Stammzellenspender registrieren. Wer einen Aufruf in seinem Umfeld starten möchte, findet Informationen unter www.dkms.de. Vor Ort hilft die ehrenamtliche DKMS-Unterstützerin Brigitte Lehenberger, Telefon 08276/1567, weiter.

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