100 Tage Schonfrist wird Entscheidern in der Regel eingeräumt, um sich mit ihrer neuen Aufgabe im Amt vertraut zu machen. Das Coronavirus hat den zehn neuen Bürgermeistern im nördlichen Teil des Landkreises Aichach-Friedberg allerdings nicht so viel Zeit gelassen. Kurz nach den Kommunalwahlen im März mussten sie ihre Gemeinden schnell und sicher durch die Corona-Krise lenken. Nach gut drei Monaten ziehen sie eine erste Bilanz. Heute: der Pöttmeser Bürgermeister Mirko Ketz.
Seit Mai hat Pöttmes mit Mirko Ketz (CSU) einen neuen Bürgermeister. Er hatte die Wahl im März knapp gegen Manfred Graser (Bürgerblock) gewonnen. Inzwischen liegen rund 100 Tage hinter ihm. „Alles andere als langweilig“ seien sie gewesen, sagt er. „Aber meine Mitarbeiter haben mir das Reinkommen erleichtert.“ Der 46-Jährige aus Echsheim betont, er könne auf „eine gut strukturierte Verwaltung zurückgreifen“. Diese habe ihn nett aufgenommen, das habe ihn gefreut und positiv überrascht.
CSU ist im Marktgemeinderat von Pöttmes lediglich zweitstärkste Kraft
Auch im Marktgemeinderat bewertet Ketz die Atmosphäre als gut: „Wir sind wieder da, wo wir mit dem letzten Gemeinderat aufgehört haben.“ Der Bürgerblock hat seit Mai neun Sitze, die CSU sieben und die CWG vier. Die CSU, die mit Ketz die Bürgermeisterwahl gewann, ist also lediglich zweitstärkste Kraft.
Das hatte Folgen in der konstituierenden Sitzung. Die CWG hatte auf Alwin Wagner als Zweiten, die CSU auf Christian Vetter als Dritten Bürgermeister gehofft. Vertreter beider Gruppierungen hatten vor der Wahl vereinbart, den Kandidaten der jeweils anderen zu unterstützen. Doch Wagner unterlag Manfred Graser (Bürgerblock), weil zwei CSU-Räte mit Verweis auf das Kommunalwahl-Ergebnis für Graser votierten. Dritter Bürgermeister wurde auf Initiative des Bürgerblocks Hubert Golde (CSU). Ketz gibt lächelnd zu: „Ich hätte mir einen geräuschloseren Amtsantritt gewünscht.“
Corona-Pandemie ließ Gewerbesteuern in Pöttmes einbrechen
Einfach war es zu Beginn ohnehin nicht. Die Corona-Pandemie wirbelte organisatorisch vieles durcheinander und ließ außerdem die Gewerbesteuern einbrechen. Dennoch habe der Markt Pöttmes „eine ordentliche Haushaltsführung hinbekommen“, so Ketz. Er ist überzeugt: „Wir werden gestärkt aus der Krise herauskommen.“
Er konnte der Anfangszeit sogar etwas Positives abgewinnen. Viele Termine, die ein Bürgermeister üblicherweise wahrnehmen muss, fielen coronabedingt aus. So hatte er mehr Zeit, sich einzuarbeiten – unter den Augen von Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier und Ministerpräsident Markus Söder, deren Fotos er in seinem Amtszimmer aufgehängt hat. Nun füllt sich der Kalender zusehends, auch am Wochenende. Für den verheirateten Vater zweier Söhne, 18 und 16, ist das in Ordnung. Er zieht laut eigener Aussage „viel Freude und Motivation“ aus seiner Arbeit. „Ich hatte bisher nicht das Gefühl, Stress zu haben.“ Was er mache, sei „positiv greifbar. Das ist einfach toll“.
Mirko Ketz hat in Pöttmes derzeit eine 50- bis 60-Stunden-Woche
Auch wenn aus der 40-Stunden-Woche des einstigen Polizeibeamten nun eine 50- bis 60-Stunden-Woche geworden ist. Ab circa 7.30 Uhr ist Ketz morgens im Rathaus. Nach dem Blick in die Tageszeitung folgen Besprechungen mit Bürgern und Abteilungsleitern, jede Menge Post, E-Mails und weitere Gespräche. Seine Bürgergespräche würden gut angenommen und fielen „sehr viel freundlicher“ aus als in seinem früheren Beruf, erzählt er und lacht. Nicht nur in seinem Büro, auch vor dem Rathaus hat er umdekoriert. Dort wehen nun neben der Pöttmeser die Baarer Fahne – als Zeichen der Verbundenheit in der Verwaltungsgemeinschaft – und die des Wittelsbacher Landes.
Im Gemeinderat und in den Ausschüssen, die nun monatlich tagen, gab es viel zu tun. 148 Tagesordnungspunkte hat Ketz gezählt. Darunter sind kostenträchtige Großprojekte: zum Beispiel die Schule, bei der noch offen ist, ob ein Neubau oder eine Generalsanierung kommen wird. Die Kläranlage muss saniert werden. Außerdem will Ketz den Glasfaserausbau für alle Haushalte vorantreiben. Beim Mobilfunkausbau warte die Gemeinde auf die Standortermittlung durch die Anbieter, wo sie Funkmasten für sinnvoll halten. Noch steht nicht fest, ob die Gemeinde danach womöglich selbst in Vorleistung geht.
Bald leitet Mirko Ketz als Standesbeamter in Pöttmes seine erste Hochzeit
Die Digitalisierung von Schule und Rathaus stehen ebenso auf der Agenda wie der Erhalt der Wirtschaftsschule. Nur acht Schüler haben sich hier für ab Herbst eingeschrieben. Die Schule soll nun nach einem Krisentreffen mit neuem Konzept gesichert werden. Ketz: „Die Wirtschaftsschule ist ein gutes Bildungsangebot für die Schüler. Wir müssen eine Lösung finden, dass sie hier in Pöttmes bleibt.“
Auf eine Aufgabe freut Ketz sich schon besonders. Er hat seinen Lehrgang als Standesbeamter abgeschlossen. Ende des Monats ist „Premiere“. Dann wird er seine erste Hochzeit als Standesbeamter leiten.
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