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Pöttmes/Augsburg: Baseballschläger-Attacke: Opfer hatten schon länger Angst vor dem Angreifer

Pöttmes/Augsburg

Baseballschläger-Attacke: Opfer hatten schon länger Angst vor dem Angreifer

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    Nach der Baseballschläger-Attacke auf zwei Frauen in Wiesenbach schildern mehrere Zeugen die Vorgeschichte und die dramatischen Folgen der Tat.
    Nach der Baseballschläger-Attacke auf zwei Frauen in Wiesenbach schildern mehrere Zeugen die Vorgeschichte und die dramatischen Folgen der Tat. Foto: Marius Becker, dpa (Symbol)

    Erschütternde Details kamen am zweiten Prozesstag gegen einen Mann zur Sprache, der seine Mutter und seine Oma mit einem Baseballschläger fast totgeschlagen haben soll. Am Donnerstag sagte unter anderem der Lebensgefährte, 52, der Mutter am Landgericht Augsburg aus. Über den 27 Jahre alten Angeklagten sagt er: „Er war immer schon schwierig."

    Er, der Angeklagte und die beiden Frauen wohnten in einem Haus im Pöttmeser Ortsteil Wiesenbach . Der Lebensgefährte sagte über den 27-jährigen Angeklagten: „Er war immer schon schwierig.“ Er habe sich immer mehr zurückgezogen. Auch die Mutter sei nicht mehr an ihn herangekommen.

    Bluttat in Wiesenbach: Zeuge befürchtete, dass Angeklagter sich etwas antut

    Am Tattag hatte die Oma den Angeklagten, vertreten von Florian Engert und Sebastian Anselstetter , wie jeden Tag zur Arbeit in den Landkreis Augsburg gefahren. Mittags meldete sich der Chef, dass der Angeklagte plötzlich heimgegangen war. Der Lebensgefährte der Mutter befürchtete laut eigener Aussage, dass sich der junge Mann etwas antun könnte. Doch die Familie fand ihn zu Hause in seinem Zimmer. Der Lebensgefährte der Mutter verständigte den Arbeitgeber, dass der junge Mann daheim war: Dieser sei „psychisch labil, er braucht eine Auszeit“. Beim gemeinsamen Mittagessen, das ohne Streit verlief, gab sich der junge Mann kurz angebunden, wie der 52-Jährige erzählte. Da ahnte noch niemand, was wenige Stunden später passieren sollte.

    Der Angeklagte soll seine Oma mit einem Baseballschläger fast totgeschlagen haben.
    Der Angeklagte soll seine Oma mit einem Baseballschläger fast totgeschlagen haben. Foto: Jakob Stadler

    Schon zwei Wochen zuvor war die Polizei zu dem Wohnhaus des Mannes gefahren. Damals hatte der Angeklagte mehrfach den Notruf gewählt und unter anderem erzählt, er sei der Sonnengott - so bezeichnete er sich auch am Tattag. Die Anrufe wurden vor Gericht abgespielt. Der Lebensgefährte vertrat die Ansicht: „Das waren im Prinzip Hilfeschreie, als er die Polizei anrief.“ An diesem Tag hätte er eigentlich in eine Psychiatrie eingewiesen werden müssen. „Aber ich bin nicht der Vater, ich kann das nicht machen.“

    Lebensgefährte der Mutter: Angeklagter hätte früher Hilfe gebraucht

    Hilfe hätte der Angeklagte in seinen Augen schon viel länger nötig gehabt: „Er hat immer schon ein verkorkstes Leben gehabt.“ Er sei „aus dem Kindergarten geworfen“ worden und in einer heilpädagogischen Einrichtung gelandet. Seine Mitschüler hätten ihn gemobbt, schließlich sei er wegen eines ungerechtfertigten Vorwurfs von der Schule geflogen. Der Vater habe seinen Sohn immer wieder einen „Depp“ genannt. Zwei Jahre nach dem Tod des Vaters lernte die Mutter ihren Lebensgefährten kennen.

    In dessen Firma wollte der Angeklagte eine Ausbildung machen, verlor aber bald den Elan. In seinem letzten Job galt er als zuverlässiger Mitarbeiter. Doch auch dort fiel auf, dass er sich immer mehr zurückzog, wie ein Arbeitskollege und Vorgesetzte berichteten. Der Lebensgefährte sah einen Grund für den Rückzug in Appellen der Familie, mit dem Bus in die Arbeit zu fahren, statt sich chauffieren zu lassen, und für den Führerschein zu lernen. Immer wieder habe der junge Mann schlimme Wutanfälle gehabt. Der Kontakt zu den wenigen Freunden brach irgendwann ab. Bei einem weiteren Streit zwischen Angeklagtem, Mutter und Oma hätten die Frauen Angst gehabt, der Mann könnte zum Messer greifen und ihnen etwas antun, sagte der Zeuge.

    Laut Anklage griff er stattdessen am 1. April 2019 zu einem Baseballschläger und versetzte den Frauen „eine Vielzahl wuchtiger Schläge gegen den Kopf“. Die Opfer hätten schwerste Schädelhirnverletzungen erlitten und sich in einem akut lebensbedrohlichen Zustand befunden, als der Angeklagte sie zurückließ. Er stellte sich am Tattag .

    Ärzte und Therapeuten schildern Leidensweg der Opfer nach der Tat

    Was die Schläge anrichteten, schilderten zahlreiche Ärzte und ein Sachverständiger vor der achten Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser . Sie beschrieben den Leidensweg der Frauen nach der Tat.

    Die Mutter, zur Tatzeit 51, erlitt unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma . Weil ihr Gehirn bedrohlich anschwoll, war laut einem Arzt eine Notoperation erforderlich. Nach einem längeren Aufenthalt auf der Intensivstation folgte eine Reha. Eine Fachärztin für Neurochirurgie beschrieb deren Verlauf als „kompliziert“. Die Frau habe „erhebliche kognitive Defizite“ gehabt, ebenso Lähmungserscheinungen und Krampfanfälle. Bei der Entlassung ein halbes Jahr nach der Tat saß sie im Rollstuhl und konnte nur kurze Strecken alleine gehen. Ihrem Lebensgefährten zufolge hat sie nach wie vor schwere Defizite, darunter eine Sprachstörung. An die Tat kann sie sich ebenso wenig erinnern wie die Oma.

    Sachverständiger: Ein Wunder, dass die Opfer in Wiesenbach überlebten

    Letztere trug ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und Brüche an der Schädeldecke davon. Ein Neurochirurg sagte: „Sie hat überraschenderweise sehr gut überlebt.“ Ihr Zustand sei „absolut kritisch“ gewesen. Auch die zur Tatzeit 70-Jährige hat bis heute mit gesundheitlichen Folgen zu kämpfen. Beide Frauen machen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

    Ein Sachverständiger sagte zu den Verletzungen der Frauen, solche Schädelbrüche sehe er sonst nur bei Toten. Es sei ein Wunder, dass sie überlebt hätten. Beide bekamen seiner Aussage nach jeweils mindestens zwei Schläge ab. Sie seien mit großer Gewalt geschehen – zumal der Baseballschläger aus Aluminium ist. Der Angeklagte verfolgte den Prozess ohne erkennbare Regung. Dieser wird am 16. März fortgesetzt.

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