Startseite
Icon Pfeil nach unten
Aichach
Icon Pfeil nach unten

Jahrestag: Tornado: „Es hat jeder getan, was er konnte“

Jahrestag

Tornado: „Es hat jeder getan, was er konnte“

    • |
    Aufräumarbeiten nach dem Tornado.
    Aufräumarbeiten nach dem Tornado. Foto: Ulrich Wagner

    Von Carmen Jung

    Affing/Aichach Es ist die größte Katastrophe in der Geschichte des Landkreises. Niemand widerspricht Markus Winklhofer, als er wenige Wochen nach dem Tornado vom 13. Mai 2015 diese Feststellung trifft. Allein in der Gemeinde

    Vor einem Jahr war Winklhofer Bürgermeister. Er vertrat damals den erkrankten Gemeindechef Rudi Fuchs und fand sich unversehens in der Rolle des Krisenmanagers wieder. Ins kalte Wasser geworfen – wie alle Beteiligten, die Betroffenen ebenso wie die Helfer, ob sie nun freiwillige, ehrenamtliche oder professionelle waren. Der Pressesprecher des Landratsamtes, Wolfgang Müller, betont: „So etwas kann man nicht wirklich üben.“ Trotzdem hat es sich ausgezahlt, dass der Katastrophenschutzstab des Landkreises regelmäßig Übungen abhält. Denn zumindest das Zusammenspiel der Hilfskräfte könne man trainieren, so Müller. Das klappte beim Tornado gut. Auch Außenstehende sehen das so. Ein Kollege aus dem Katastrophenschutz werde von Behörden nun zu Vorträgen eingeladen, erzählt Müller. Sie wollen wissen, „wie wir das Ganze (...) bewältigt haben“. Landrat Klaus Metzger stellt fest: Die Einsatzkräfte hätten sich „auch in schwierigsten Situationen als verlässliche, schlagkräftige Truppe“ erwiesen.

    Die Entscheidung, einen Katastrophenschutzstab in Gebenhofen in einem roten Zelt einzurichten, sei richtig gewesen, bilanziert Müller. Das habe gut funktioniert. Auch Winklhofer schätzte in den turbulenten Tagen diese Anlaufstelle. Er bezeichnet die Zusammenarbeit als „sehr schnell, sehr effektiv“. Rückblickend stellt er fest: „Die Lage hatte man im Griff.“ Deshalb sei es richtig gewesen, keinen echten Katastrophenfall auszurufen. Winklhofer: „Es hat jeder getan, was er konnte.“ Und das waren viele. In den Tagen danach waren 1500 Hilfskräfte im Einsatz. Hinzu kamen mindestens 4500 Freiwillige und 350 Firmen. Mit vereinten Kräften gelang es auf die Schnelle, Dächer abzudichten und Massen an Bauschutt und Müll zu verräumen.

    Dieses Zusammenhelfen beeindruckt bis heute. Der Landrat etwa sagt: Im Wittelsbacher Land funktioniere, „was andernorts als gesellschaftlicher Verlust beklagt wird: Mitgefühl, uneigennützige Hilfsbereitschaft, Anpacken für den Nächsten“. Winklhofer erinnert sich: „Diese Dynamik auf der Straße und auf den Dächern, diese Energie, die vorhanden war, der unbedingte Wille, dass man das in Ordnung bringt miteinander, das war greifbar.“ Davon abgesehen bewegen ihn gemischte Gefühle, wenn er an den Tornado denkt. Der „kriegsähnliche“ Zustand in den Straßen damals, Menschen, die einem „heulend entgegenkommen“ – das gehe einem schon nahe. Zugleich aber ist da auch Dankbarkeit, „dass keiner umgekommen ist“ und es nur sieben Leichtverletzte gegeben hat.

    So können sich nach dem Sturm alle aufs Aufräumen konzentrieren. Für Kreis und Gemeinde ist klar: Die Opfer sollen nicht auch noch mit der Bauschuttentsorgung belastet werden. Kurzfristig wird die geschlossene Bauschuttanlage in Pfaffenzell wieder geöffnet. Bis dato hat der Tornado den Landkreis 666000 Euro, die Gemeinde Affing 213000 Euro gekostet. Davon abgesehen erfordert der Tornado einen erhöhten Personalaufwand in den Verwaltungen. Den zu ermitteln, „das lassen wir lieber, das steht auf keinem Blatt“, sagt Winklhofer.

    In der Affinger Verwaltung zum Beispiel sind Mitarbeiter mit der Verteilung der rund 750000 Euro Spendengelder beschäftigt. Es ist aufwendig, den Anteil für jeden einzelnen zu ermitteln. Es müssen auch Leistungen von Versicherungen und Freistaat angerechnet werden. Deshalb ist die Abstimmung mit der Kreisbehörde nötig, die die staatlichen Gelder verteilt. Erstmals habe der Freistaat bei einem versicherbaren Ereignis finanzielle Hilfe geleistet, betont Winklhofer. Ein Jahr später erkennen nur noch Eingeweihte, wo der Tornado gewütet hat. „Die Affinger waren sehr fleißig“, sagt Winklhofer. Zu spüren aber ist das Ereignis bis heute. „Man merkt, dass es noch nicht abgeschlossen ist für die Leute“, sagt Pfarrer Max Bauer. Ein jeder habe ja eine Geschichte zu erzählen vom Tornado. Geblieben ist bei allen ein „bleibender Eindruck“ (Bauer) – von dem Unglück, aber auch vom Zusammenhalt. Die Gräben in der Gemeinde seien „stark abgeflacht“, sagt der Pfarrer. Bürgermeister Winklhofer liest daraus die Verpflichtung ab, „dass man das Miteinander kultiviert“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden