Aichach Der Historiker Dr. Frank Raberg stieß im Zusammenhang mit seinen historischen Forschungen zum biografischen Lexikon Ulm/ Neu-Ulm auf Carl Ernst von Gravenreuth. Er befasste sich eingehender mit dem späteren Besitzer der Hofmark Affing. Darüber hielt er einen Vortrag beim Aichacher Heimatverein.
Demzufolge ist Carl Ernst von Gravenreuth 1771 in Stenay in Lothringen als Sohn des Freiherrn Friedrich von Gravenreuth geboren. Sein Vater stand als Offizier in französischen Diensten. Der Sohn war als Edelknabe und Page am herzoglichen Hof von Zweibrücken, studierte in Göttingen Rechtswissenschaften und trat dann in den Dienst des Zweibrückener Herzogs. Mit dem Wechsel Max Josephs und seinem Aufstieg zum bayerischen Kurfürsten kam er laut Raberg in bayerische Dienste nach München. Nach diplomatischen Tätigkeiten in Wien und Salzburg wurde er 1805 als Unterhändler für die bayerischen Interessen ins Hauptquartier Napoleons geschickt und erreichte dort durch zähe Verhandlungen, dass das heutige Bayerisch-Schwaben und Vorarlberg zu Bayern kamen. Zermürbt vom Verhandlungsgeschick Gravenreuths soll Napoleon mit den Worten „Prenez, prenez“ dem Gebietsgewinn zugestimmt haben.
Nach einer kurzen Phase als bayerischer Armeeminister und nach seiner Heirat mit der aus einer morganatischen Ehe stammenden Freiin Eleonore von Zweibrücken wurde er 1808 Generalkommissär des Oberdonaukreises in Ulm und 1817 Präsident des Oberdonaukreises mit Sitz in Augsburg. Nachdem Ulm an Württemberg abgetreten werden musste, gilt er als Gründer des bayerischen Neu-Ulm im Jahr 1811.
1816 erwarb er von den Freiherrn von Leyden die Hofmark Affing. 1819 wurde er Mitglied der Bayerischen Kammer der Abgeordneten, 1820 erster Ehrenbürger Augsburgs. Nach der Erhebung in den Grafenstand 1825 wurde er erbliches Mitglied in der Kammer der Reichsräte der Krone Bayerns. Er starb 1826 und wurde in der Familiengruft in Affing beigesetzt. In der anschließenden Diskussion, in die sich auch Marian Freiherr von Gravenreuth aus Affing einschaltete und über die Herkunft der Gravenreuths aus dem Raum Wunsiedel berichtete, wurde nochmals die aufgeklärte Einstellung von Carl Ernst beleuchtet. Dieser äußerte sich im sogenannten Grumbacher Weiberaufstand in Vorarlberg gegen die Aushebung ihrer Männer zum Militärdienst mit den Worten: „Ob ein paar Weiber exekutiert werden, daran ist dem Staatsinteresse wenig gelegen.“ Damit verhinderte er eine Bestrafung und befriedete die Region. (ffr)