Ist es ein Wolf, den das Foto der Wildkamera zeigt? Oder doch ein streunender Hund? Die endgültige Bestätigung steht noch aus. Doch Experten des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) gehen nach Angaben der dortigen Pressestelle davon aus, dass ein Wolf auf dem Foto zu sehen ist. Er soll am Samstag im Hollenbacher Ortsteil Igenhausen (Landkreis Aichach-Friedberg) sechs Schafe gerissen und zwei weitere verletzt haben – eines davon so schwer, dass ein Jagdpächter es von seinem Leiden erlösen musste.
Kreis Aichach-Friedberg: Wolf tötet mehrere Schafe bei Hollenbach
Vier Mutterschafe und drei Lämmer sind also tot. Ein verletztes Schaf wird wohl überleben. Der Besitzer, Rupert Reitberger, fand die Tiere am Samstagmorgen auf der Weide, die durch einen Elektro-Maschendrahtzaun geschützt war. „Es ist katastrophal“, klagt er. Das niedergetrampelte Gras zeige, in welcher Panik die Schafe umhergelaufen sein müssen. Reitberger beschreibt die schlimmen Verletzungen der Tiere und sagt: „Da wird es einem ganz anders, wenn man das sieht.“ Neben dem Jagdpächter war auch die Polizei schnell vor Ort. Ein Experte des LfU nahm DNA-Proben aus den Bisswunden der Tiere und vom Kot des mutmaßlichen Wolfes. Die Proben sollen den endgültigen Nachweis liefern, ob tatsächlich ein Wolf die Schafe gerissen hat.
Ein starkes Indiz dafür liefert das Foto, das eine Wildkamera am späten Samstagabend aufnahm. Reitberger, einstiger Bürgermeister der Gemeinde Hollenbach und früherer stellvertretender Landrat, ließ auf Anraten des Jagdpächters zwei Kadaver seiner Tiere auf der Weide liegen. Der Jagdpächter installierte die Kamera. Prompt tappte in der darauffolgenden Nacht ein Tier in die Fotofalle, das einem Wolf zumindest sehr ähnlich sieht.
Hollenbachs Bürgermeister Franz Xaver Ziegler rief die Bevölkerung dazu auf, Ruhe zu bewahren: „Wir müssen mit dem Thema vernünftig umgehen.“ Das LfU verwies auf seine Internetseite: Dort sind im Bereich „Aktuelles“ unter „Wolf/Bär“ zahlreiche Verhaltensempfehlungen zu finden. Wölfe gelten als von Natur aus vorsichtig und weichen dem Menschen aus. Falls doch ein Mensch einem Wolf begegne, solle er nicht weglaufen, sondern sich langsam zurückziehen und – falls der Wolf ihm zu nahekomme – laut sprechen, gestikulieren oder sich anderweitig bemerkbar machen. Hunde sollten angeleint werden. Niemals solle ein Mensch einen Wolf füttern, warnt das LfU. Denn dann suchten die Tiere möglicherweise die Nähe zum Menschen.
In Bayern werden immer wieder Wölfe gesichtet
Reitberger holte seine verbliebenen Tiere noch am Wochenende in den Stall. Seine Meinung ist eindeutig: „Ich würde den Wolf abschießen.“ Forderungen nach einem Abschuss gibt es von Tierhaltern immer wieder. Erst im Februar hatte sich der Bundesrat mit dem Thema befasst. Das Ergebnis: Wölfe können nach Angriffen auf Nutztiere leichter abgeschossen werden. Denn der Bundesrat stimmte einer vom Bundestag im Dezember beschlossenen Neuregelung zu, die den Abschuss auch dann erlaubt, wenn nicht klar ist, welches Raubtier genau etwa Schafe gerissen hat – und zwar so lange, bis es keine weiteren Schäden mehr gibt. Es bleibt aber dabei, dass jeder Abschuss einzeln genehmigt werden muss, denn Wölfe sind in Deutschland streng geschützt.
Seit 2006 gibt es wieder Wölfe in Bayern, nachdem sie mehr als ein Jahrhundert lang verschwunden waren. In fünf Regionen gibt es dem LfU zufolge standorttreue Tiere: im Nationalpark Bayerischer Wald, im Manteler Forst, auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr, im Veldensteiner Forst und in der Rhön. Die übrigen Wölfe, die im Freistaat unterwegs sind, befinden sich auf der Durchreise. In den vergangenen Wochen streiften sie etwa durch die Landkreise Garmisch-Partenkichen oder Weilheim-Schongau. Auch im Landkreis Eichstätt wurde ein Wolf gesehen: Experten des LfU identifizierten auf einem Mitte Juni von einer Wildkamera aufgenommenen Foto einen Wolf. DNA-Material gab es von ihm nicht.
Viele Menschen werden sich auch noch an den Sommer 2018 erinnern, als ein Wolf im Allgäu unterwegs war. Nach dem Fund mehrerer toter Kälber wurde dort höchst emotional über die Rückkehr des Raubtiers diskutiert. Besorgte Bauern sperrten ihre Tiere in den Stall. Es gab sogar Kindergartengruppen, die sich nicht mehr in den Wald trauten.
Lesen Sie dazu den Kommentar: Getötete Schafe: Je näher der Wolf kommt, umso "böser" wird er
Lesen Sie dazu auch:
- Sieben Schafe bei Hollenbach gerissen: Es war wohl ein freilaufender Wolf
- Österreich will Wolf mit Sender ausstatten: Was halten Allgäuer Älpler davon?
- Wölfe in Bayern: Experten fordern Miteinander von Mensch und Tier