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Aichach-Friedberg: Coronavirus: Immer mehr Ärzte wimmeln kranke Patienten ab

Aichach-Friedberg

Coronavirus: Immer mehr Ärzte wimmeln kranke Patienten ab

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    So menschenleer ist der Aichacher Stadtplatz tagsüber selten. Doch die Ausgangsbeschränkungen zeigen auch in Aichach Wirkung.
    So menschenleer ist der Aichacher Stadtplatz tagsüber selten. Doch die Ausgangsbeschränkungen zeigen auch in Aichach Wirkung. Foto: Erich Echter

    39 Menschen haben sich im Landkreis mit dem neuen Coronavirus infiziert– bislang. Das teilte das Gesundheitsamt am Montagnachmittag mit. Damit stieg die Zahl seit Sonntagmittag nicht weiter an. Nicht alle der Infizierten sind noch krank. Fünf von ihnen sind bereits wieder gesund, müssen sich aber wie alle anderen an die Ausgangsbeschränkungen halten, da nicht sicher feststeht, inwieweit sie nun gegen das Virus immun sind.

    350 Menschen im Landkreis stehen unter Quarantäne

    Rund 350 Menschen im Landkreis stehen derzeit unter Quarantäne. Dieser Wert ist eine Momentaufnahme. Rund 50 konnten die Quarantäne bereits wieder verlassen. Zum Vergleich: Mit der Influenza, die ebenfalls noch grassiert, haben sich in diesem Herbst/Winter 240 Menschen im Landkreis infiziert.

    Bei einem Pressegespräch im Landratsamt wies Dr. Friedrich Pürner, Epidemiologe und Leiter des Gesundheitsamtes, erneut auf ein zunehmendes Problem im Landkreis hin: Immer häufiger rufen seiner Schilderung zufolge verzweifelte Patienten beim Gesundheitsamt an, nachdem sie von Medizinern nicht ärztlich versorgt und stattdessen ans Gesundheitsamt verwiesen wurden.

    Leiter des Gesundheitsamts: Manche Ärzte wimmeln Leute regelrecht ab

    „Das sind keine Einzelfälle mehr“, betont Pürner und stellt klar: „Wir sind nicht für die kurative Versorgung zuständig.“ Die Menschen hätten ein Recht auf medizinische Versorgung – egal , ob sie am Coronavirus oder etwas anderem erkrankt seien. Doch die Leute würden regelrecht „abgewimmelt“.

    Pürner warnte davor, am Coronavirus Erkrankte so lange daheim zu lassen, „bis nichts mehr hilft“. Nur zwei der 39 Infizierten im Landkreis mussten bislang im Krankenhaus behandelt werden. Alle anderen blieben in häuslicher Quarantäne. Das habe sich bewährt, um die Kliniken nicht zu überlasten, so Pürner.

    Manche Arztpraxen bleiben derzeit laut Gesundheitsamt geschlossen

    Doch manchen Patienten, die sich zur ambulanten Behandlung an Arztpraxen wenden, werde inzwischen gesagt, sie müssten einen negativen Test auf Covid 19 vorlegen, ehe sie behandelt würden. Pürner kann darüber nur den Kopf schütteln: Ein negativer Test sage angesichts der Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen gar nichts darüber aus, ob ein Patient aktuell mit dem Coronavirus infiziert sei. Alle Patienten zu testen, würde die Kapazitäten völlig überlasten.

    Manche Praxen haben laut Pürners Aussage derzeit gar nicht auf. Der Leiter des Gesundheitsamtes betont: Es sei keine einzige Praxis im Landkreis von Amts wegen geschlossen worden. Falls ein Mitarbeiter Kontakt mit einem Infizierten gehabt hätte, würde allenfalls der einzelne Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt.

    Landrat Klaus Metzger kritisiert Verhalten mancher Ärzte deutlich

    Auch Landrat Klaus Metzger kritisierte kritisierte das Verhalten mancher Ärzte deutlich: „Die Patienten sind darauf angewiesen, dass Ärzte sie versorgen. [...] Sie alleine zu lassen, kann keine Lösung sein.“ Die Behandlung sei wichtig, damit es bei Erkrankten nicht zu schwereren Verläufen komme.

    Am Montagvormittag traf am Landratsamt eine erste Lieferung mit dringend benötigter neuer Schutzausrüstung durch das Technische Hilfswerk ein. Metzger sprach von einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Der Landkreis rechne mit einer weiteren Lieferung, die ebenfalls zentral vom Freistaat organisiert wurde. Sie werde nach Prioritäten an Krankenhäuser, Seniorenheime, Gesundheitsamt und Arztpraxen verteilt.

    Neue Schutzausrüstung wird an Einrichtungen verteilt

    Eine Auslieferung an Laien sei nicht vorgesehen, betonte Metzger. Die beste Schutzausrüstung helfe nichts, wenn man sich beim Ausziehen kontaminiere, weil man – anders als Profis – den Umgang damit nie geübt habe. Neue Teststäbchen für das Coronavirus stehen nach wie vor aus.

    Am Bürgertelefon im Landratsamt unter 08251/92-444 oder unter der Mailadresse corona@lra-aic-fdb.de gibt es nach wie vor unzählige Anfragen zum Coronavirus. Die Anrufe ließen zwar etwas nach, seien aber immer noch sehr viele, so Metzger. Durch Personalumschichtungen aus anderen Sachgebieten hat das Gesundheitsamt inzwischen 15 Mitarbeiter zur Verfügung. Sie alle kümmern sich ausschließlich um das Thema Corona.

    Landratsamt schichtet Personal ins Gesundheitsamt um

    Pürner und Metzger hoben das „exzellente Engagement“ der Kollegen hervor, die sich zum Teil freiwillig meldeten, sich in Windeseile in die Thematik einarbeiteten und auch am Wochenende halfen, die Anfragen abzuarbeiten. Pürner sagte in diesem Zusammenhang, es sei schön, dass viele Menschen am Wochenende Beifall für die Helfer in der Coronakrise klatschten. Das hätten sie sich verdient. „Aber wir wären schon glücklich, wenn wir nicht mehr beschimpft würden.“

    Bereits am Wochenende kontrollierte die Polizei, ob die Ausgangsbeschränkungen eingehalten wurden. Es gab nur zwei Verstöße. Die Polizei meldete bislang keine weiteren. Thomas Schmid, als Verbindungsbeamter Schnittstelle zwischen der Polizei im Landkreis und dem Landratsamt, sagte: Wenn Bürgern Verstöße auffielen, könnten sie sie der Polizei unter Telefon 08251/8989-11 oder per E-Mail-Formular auf der Internetseite der Polizei Bayern (bei Dienststellensuche „Aichach“ eingeben) mitteilen.

    Übrigens hat das Innenministerium konkretisiert, welche Geschäfte geöffnet bleiben dürfen. Bei „Mischbetrieben“, bei denen ein Teil des Sortiments verkauft werden darf, ein anderer aber nicht, richte sich die Regelung danach, welcher Teil des Sortiments überwiegt. Eine Aufzählung findet sich auf der Internetseite des Landratsamts www.lra-aic-fdb.de.

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